Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Fahrtwind brannte auf meinem Gesicht, als ich durch die Straßen fuhr. Bald würde der erste Schnee fallen und das Fahrrad würde bis April oder Mai in der Garage überwintern müssen.
Als ich das Café betrat, in dem wir uns verabredet hat ten, entdeckte ich sie sofort. Sie saß in einer kleinen Nische, hatte ein schwarzes Sweatshirt und eine schwarze Hose an und trank Kaffee. Ich setzte mich zu ihr und bestellte eine Cola.
»Das ist ja ein interessanter Anhänger, den du da trägst«, sagte ich. Neben dem Kräutersäckchen baumelte ein runder silberner Anhänger an einem schmalen Seidenband. »Was ist das?«
»Ein Pentagramm«, sagte sie. »Ich muss dir was erzählen, Ari. Ich bin jetzt Heidin geworden.«
Der Kellner brachte meine Cola. Ich riss langsam das Papier vom Strohhalm und wusste nicht, was ich sagen sollte. »Das kann alles Mögliche bedeuten«, antwortete ich schließlich.
Kathleen fuhr sich durch die Haare. Sie hatte sich die Fingernägel schwarz lackiert und ihre Haare sahen frisch gefärbt aus. Ich kam mir neben ihr in meiner Fleecejacke und der Jeans schrecklich langweilig und normal vor.
»Ich bin jetzt in einer neuen Clique«, sagte sie. »Wir haben magische Rituale und machen Rollenspiele.«
Ich hatte keine Ahnung, was Rollenspiele sein sollten. »Macht sich deine Mutter deswegen solche Sorgen?«
»Oh Mann, meine Mutter!« Kathleen schüttelte den Kopf.
»Nein. Die lebt doch total hinterm Mond und hat so was von keine Ahnung.« Sie nahm einen großen Schluck von ihrem Kaffee, der ebenfalls tiefschwarz war.
Den hätte ich so niemals herunterbekommen und ich beobachtete sie ehrfürchtig.
»Sie hat eines meiner Notizbücher gefunden und voll die Panik gekriegt.«
Kathleen griff in den abgewetzten Rucksack, der auf dem Stuhl neben ihr stand, und zog einen Spiralblock mit schwarzem Cover heraus. Sie schlug ihn auf und schob ihn mir über den Tisch zu.
Unter der Überschrift Magischer Gesang stand etwas, das wie ein Gedicht aussah.
Oh sage von dem, was wir gemacht,
Dem Priester nichts in die Ohren:
Wir waren im Wald die ganze Nacht
Und haben den Sommer beschworen!
Und auf der nächsten Seite:
Wenn Missgeschick regiert dunkle Tage,
auf deiner Stirn einen blauen Stern dann trage.
Die, die dich lieben, wirst du nie betrügen,
sonst werden auch sie dich ins Antlitz belügen!
Ich wusste nicht, was diese Zeilen bedeuten sollten. Aber mein Vater hatte mir beigebracht, dass man niemals nach dem Sinn eines Gedichts fragen soll.
»Ich verstehe nicht, was sie daran so beunruhigt«, sagte ich.
»Ich doch auch nicht.« Kathleen warf dem Platz neben mir
einen vernichtenden Blick zu - anscheinend stellte sie sich vor, ihre Mutter säße dort. »Dabei ist das echt cool, glaub mir. Komm, wir gehen zu Ryan und machen ein Rollenspiel.«
»Ach ja?«, sagte ich. »Wann?«
»Jetzt«, sagte sie.
Wir ließen unsere Fahrräder vor dem Café im Ständer stehen und gingen zu Fuß zu Ryan, der nur ein paar Straßen weiter wohnte. Das Haus war klein und fast genauso heruntergekommen wie das der McGarritts. Allerdings war an einer Seite ein Gewächshaus angebaut, das ziemlich neu aussah. Wir blieben stehen und sahen durch die beschlagenen Glasscheiben, an denen Kondenswasserperlen hinabliefen. Aber außer ein paar unscharfen grünen Umrissen und Deckenstrahlern, die violettes Licht verströmten, konnten wir nicht viel erkennen.
»Ryans Vater züchtet Orchideen«, erklärte Kathleen. »Er verkauft sie an reiche alte Schachteln, die auf der anderen Seite der Stadt im Bonzenviertel wohnen. Die haben sogar einen Orchideen-Club gegründet.«
Als wir klingelten, machte Ryan uns auf. Er hatte seine kurzen blonden Haare mit Gel zu Stacheln geformt und war genau wie Kathleen schwarz angezogen. »Seid gegrüßt«, sagte er.
»Sei gegrüßt«, antwortete Kathleen.
Ich sagte einfach nur »Hallo«.
Sämtliche Lampen im Haus waren ausgeschaltet, dafür standen auf jeder verfügbaren freien Fläche brennende Kerzen. Als ich mich umsah, bemerkte ich vier weitere Jugendliche, die auf großen Kissen am Boden lagen, und erinnerte mich, zwei von ihnen auf der Halloween-Party gesehen zu haben. Michael war nicht dabei.
»Wen hast du denn da mitgebracht?«, fragte einer von ihnen Kathleen.
»Das ist Ari«, sagte sie. »Ich hab mir gedacht, unser Spiel könnte ein bisschen frisches Blut gebrauchen.« Sie grinste.
Die nächste Stunde kam mir endlos lang vor, weil sie die ganze Zeit nichts anderes taten, als zu würfeln,
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