Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Das war vor sechzehn Jahren. Wie alt ist dieser Kerl überhaupt? Sieht nicht älter als dreißig aus. Der Typ lässt sich wahrscheinlich Botox spritzen. Ist gebaut wie ein Marathonläufer. Aber warum dann diese blasse Haut? ).
»Und wo ist Mrs Montero?«, fragte Burton meinen Vater.
»Wir haben uns getrennt«, antwortete mein Vater. »Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen.«
Burton dachte: Ich muss die Trennungsvereinbarung prüfen.
Dazwischen passierte es immer wieder, dass ich keinen Zugang zu seinen Gedanken bekam. Ich führte das auf eine Art mentale atmosphärische Störung zurück.
Plötzlich begegnete ich dem vielsagenden Blick meines Vaters. Er wusste, was ich tat, und wollte, dass ich damit auf hörte.
»Worüber haben Sie und Michael sich unterhalten, als er Sie an diesem Abend nach Hause brachte?«, unterbrach Burtons Frage meine Gedanken.
»Oh, das weiß ich nicht mehr.« Das war das erste Mal, dass ich ihn anlog, und er schien es zu wissen.
»Michael sagte, es wäre an diesem Abend« - seine braunen Augen schienen sich für einen Moment zu entspannen - »ziemlich heiß hergegangen.« Sofort wurde sein Blick wieder wachsam.
»Ist das wirklich notwendig ?«, fragte mein Vater. Obwohl seine Stimme ruhig blieb, brachte er darin deutlich seinen Widerwillen zum Ausdruck.
»Ja, Mr Montero«, sagte Burton. »Ich bin der Ansicht, dass es notwendig ist, festzustellen, was Ariella an diesem Abend getan hat.«
Ich hätte gerne herausgefunden, was er dachte, aber ich hielt mich zurück. Stattdessen neigte ich den Kopf und sah Burton fest in die Augen, ohne in ihnen zu lesen. »Wir haben uns geküsst«, sagte ich.
Nachdem mein Vater Burton hinausbegleitet hatte, kehrte er in den Salon zurück.
»Erinnerst du dich an Marmalade?«, fragte ich, noch bevor er sich setzen konnte. »Die Nachbarskatze? Weißt du, wer sie umgebracht hat?«
»Nein.«
Wir sahen uns einen Moment lang misstrauisch an. Dann verließ er das Zimmer und ging ins Kellergeschoss.
Hatte er Burton angelogen? Wenn nicht, warum war er dann nicht im Salon gewesen, als ich an dem Abend damals nach Hause gekommen war? Er ist ein solcher Gewohnheitsmensch, dachte ich. Falls er gelogen hat, wo ist er dann in dieser Nacht gewesen?
Aber die eigentliche Frage lautete: Hatte mein Vater irgendetwas mit dem Tod von Kathleen zu tun? Ich wählte absichtlich diese Formulierung. Ich wollte nicht denken: Hat er sie getötet?
Mr Burton war nur eine Stunde bei uns gewesen, aber er hatte die Atmosphäre in unserem Haus verändert. Er hatte etwas eingeschleppt, das es zuvor zwischen meinem Vater und mir nicht gegeben hatte: Misstrauen. Als ich nach oben ging, kam mir alles fremd und unergründlich vor, fast bedrohlich - der Klang meiner Schritte auf den Treppenstufen, die Form der marokkanischen Kissen auf dem Treppenabsatz, sogar die Bilder an der Wand.
Ich schaltete meinen Laptop ein und suchte im Internet nach Einträgen zu Kathleen. Außer einem Eintrag in einem Blog, in dem einer der Rollenspieler beschuldigt wurde, sie umgebracht zu haben, fand ich nicht viel Neues. Die Behauptung kam mir so dumm vor, dass ich es mir ersparte, die Kommentare dazu zu lesen.
Spontan gab ich »Sara Stephenson« ein. Ich erhielt mehr als dreihundertvierzigtausend Treffer. Als ich ihrem Namen das Wort »Savannah« hinzufügte, verringerten sich die Treffer auf fünfundzwanzigtausend. Ich scrollte mich durch die Seiten, aber keine verknüpfte den Namen Sara mit dem Namen
Stephenson - beide Namen wurden in unterschiedlichen Zusammenhängen erwähnt.
Als ich nach »Raphael Montero« suchte, erhielt ich Einträge zu einer Figur in Zorro-Filmen. Außerdem war »Montero« auch der Name eines Geländewagens. Was für eine Beleidigung!
Ich gab es auf. Ich hatte keine Lust mehr, nachzudenken. Auf meinem Schreibtisch lag die zerfledderte Ausgabe von Unterwegs , die Michael mir geliehen hatte, und ich beschloss, den Nachmittag im Bett zu verbringen und zu lesen.
Ziemlich verwirrt legte ich das Buch ungefähr eine Stunde später zur Seite. Kerouac hatte eine sonderbare Art, mit seinen Charakteren umzugehen - keine seiner weiblichen Figuren kam mir authentisch vor, die meisten erschienen mir extrem idealisiert -, aber seine Beschreibungen waren wunderbar ausführlich und mitunter fast lyrisch. Das Buch weckte den Wunsch in mir, zu reisen, das Amerika zu sehen, das Kerouac gesehen hatte. Ich spürte, dass da draußen eine riesige Welt auf mich wartete und dass mir kein Buch
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