Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Zweigen der Lebenseichen auf dem Friedhof hing, schien einen Tanz um die Bäume aufzuführen.
Während mein Vater den Grabstein betrachtete, trug meine Mutter die Inschrift auswendig vor:
Dieser bescheidene Grabstein
zeugt von der Ergebenheit,
der brüderlichen Zuneigung
und den mannhaften Tugenden
des ehrenwerten
JAMES WILDE
ehemals Zahlmeister der U.S.-Armee.
Er fiel am 16. Januar 1815
in seinem 22. Lebensjahr
bei einem Duell
durch die Hand eines Mannes,
dem er der einzige Freund war.
Er starb so, wie er gelebt hatte,
mit unerschütterlichem Mut & untadeligem Ansehen.
Sein vorzeitiger Tod raubte seiner Mutter die Stütze des Alters,
den Schwestern die Hoffnung und den Trost
und zertrat den Stolz der Brüder im Staube.
Eine einst glückliche Familie ist
überwältigt vom Schmerz.
Später erfuhr mein Vater, dass Wildes Bruder seines Todes mit einem Gedicht gedacht hatte, und er zitierte für mich ein paar Zeilen daraus:
Mein Leben ist wie die Sommerrose,
die sich dem Morgenhimmel öffnet
und, ehe sich die Abendschatten senken,
zur Erde neigt - und stirbt.
Damals war mein Vater noch nicht überzeugt, dass es sich tatsächlich um den Geist Wildes handelte, aber meine Mutter war sich sicher.
»Und so«, erzählte er mir, »wurde ich in ein neues Reich eingeführt, in dem Fakten und nüchternes Wissen nicht alles erklären konnten. Erinnerst du dich noch an den Satz von Edgar Allan Poe? ›Ich glaube, dass Dämonen den Vorteil der Nacht nutzen, um die Unachtsamen zu verführen - obwohl ich, wie du weißt, nicht an sie glaube.‹«
Ich erinnerte mich nicht.
Erst sehr viel später wurde mir klar, warum mein Vater mir die Geschichte von dem Geist erzählt und die Gedichtzeilen zitiert hatte: Er wollte mich vom Verlust meiner besten Freundin ablenken und mir helfen, mich mit ihm abzufinden.
Siebtes Kapitel
Ich wusste, ich würde mich erst mit Kathleens Tod abfinden können, wenn ich herausgefunden hatte, wer sie getötet hatte. Auch die McGarritts waren » eine einst glückliche Familie überwältigt vom Schmerz «, und sie hatten es - wie wir alle - verdient zu erfahren, was in jener Nacht wirklich geschehen war.
Als mein Vater an einem bitterkalten Januartag ankündigte, dass uns am Nachmittag ein FBI-Agent besuchen würde, war ich überrascht, aber auch seltsam erleichtert.
Der Agent hieß Cecil Burton und war der erste Afroamerikaner, der unser Haus betrat. Kaum zu glauben, nicht wahr? Vergiss nicht, dass wir in Saratoga Springs ein sehr abgeschiedenes Leben führten.
Mein Vater bat Mr Burton in den Salon, und das Erste, was mir an ihm auffiel, war sein Geruch: eine kräftige Mischung aus Tabak und Aftershave. Er roch gut, und er sah mich an, als wüsste er das auch. Er trug einen perfekt geschnittenen Anzug, der seinen durchtrainierten Körper betonte, ohne zu eng zu sein. Obwohl er nicht älter als fünfunddreißig sein konnte, lag in seinen Augen ein vom Leben erschöpfter Ausdruck.
Mr Burton blieb nur eine Stunde, aber in dieser Zeit erfuhr er von mir mehr über Kathleen, als ich zu wissen geglaubt
hatte. Die Fragen, die er mir zu unserer Freundschaft stellte, wirkten anfangs ganz unverfänglich: »Wie haben Sie sich kennengelernt?«, »Wie oft trafen Sie sich?« Dann wurden seine Fragen präziser: »Wussten Sie, dass sie neidisch auf Sie war?« und »Seit wann pflegen Sie eine Beziehung zu Michael?«
Ich gab ihm auf alles eine ehrliche Antwort, obwohl ich zunächst nicht wusste, wohin seine Fragen führen sollten. Als ich mir vorzustellen versuchte, was ihm wohl während unseres Gesprächs durch den Kopf ging, stellte ich überrascht fest, dass ich ein paar seiner Gedanken lesen konnte.
Ich blickte in seine Augen, und es war, als würden seine Gedanken in meinen eigenen Geist telegrafiert: Ich wusste genau, was er in diesem Moment dachte. Später merkte ich, dass man den anderen noch nicht einmal ansehen musste. Es genügte, sich auf die Stimme zu konzentrieren, um seine Gedanken zu empfangen.
So erfuhr ich, dass Mr Burton meinen Vater und mich in Verdacht hatte, irgendwie in Kathleens Tod verwickelt zu sein. Nicht dass er Beweise dafür hatte - ihm gefiel einfach das gesamte »Drumherum« nicht (ein Wort, das ich nie zuvor benutzt oder an das ich auch nur gedacht hatte). Er hatte uns überprüfen lassen; das wusste ich, weil er in Gedanken ununterbrochen Bezug darauf nahm, besonders wenn er meinen Vater ansah ( Wieso ist der eigentlich so plötzlich aus Cambridge weggegangen?
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