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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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Menge Bargeld zu verfügen schien, wusste ich, dass sie die Schuhe wahrscheinlich trotzdem klauen würde. Plötzlich hatte ich das beklemmende Gefühl, dass mir alles zu eng, zu nah und zu viel war - sie, Joshua, sogar die harmlosen Magier und Werwölfe.
    »Ich glaube, ich werde bald weiterziehen«, hörte ich mich sagen.
    »Wohin?«
    Ja, wohin eigentlich? »Nach Savannah«, antwortete ich. »Ich habe dort Verwandte.«
    Sie nickte. »Dieses Wochenende schon?«
    Und so einfach war die Entscheidung gefallen.
    Ich verabschiedete mich von niemandem, außer von Paul. »Weiß Joshua, dass du weggehst?«, fragte er.
    »Nein, und bitte erzähl ihm nichts davon«, sagte ich.
    »Das ist ganz schön hart, Annie«, sagte er. Aber er umarmte mich trotzdem zum Abschied.

    Jane fuhr schnell. Das Auto raste die I-26 hinunter, und es überlief mich kalt, als wir die Auffahrt passierten, an der Robert Reedy mich mitgenommen hatte.
    »Frierst du?«, fragte Jane, die beschlossen hatte, mich nach Savannah zu bringen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Müssen wir nicht auf die 95, um nach Savannah zu kommen?«
    »Wir legen vorher noch einen Stopp in Charleston ein«, sagte sie. »Ich muss meine Alten besuchen.«

    »Deine Alten?«
    »Meine Eltern«, sagte sie und drehte das Radio laut.
    Als wir eine Stunde später in Charleston angekommen waren, hielt Jane vor einem schmiedeeisernen Tor. »Ich bin’s«, rief sie in die Gegensprechanlage, und das Tor öffnete sich.
    Wir fuhren eine gewundene Einfahrt entlang, die von gro ßen Bäumen mit riesigen, von Tau benetzten weißen Blüten gesäumt war; später erfuhr ich, dass es Magnolienbäume gewesen waren. Wir hielten vor einer weißen Villa. Eigentlich hätte ich wohl überrascht sein sollen, dass Jane aus reichem Hause kam, aber irgendwie war ich es nicht.
    Am Ende ergab es sich, dass wir über Nacht dort blieben. Janes Eltern waren beide mittleren Alters und blond, hatten verkniffene Gesichter und redeten die ganze Zeit nur über Geld. Selbst wenn sie von der Familie erzählten - von Janes Bruder, einem Cousin, einem Onkel -, ging es nur darum, wie viel Geld sie hatten und wofür sie es ausgaben. Zum Abendessen tischten sie uns Unmengen von frittierten Shrimps, Polenta und riesigen Krebsen auf, deren Schalen sie mit kleinen silbernen Hämmern zerschlugen, um das Fleisch herauszusaugen. Sie stellten Jane Fragen zu ihrem Studium, die sie einsilbig mit »Eigentlich nicht« oder »Kann schon sein« oder »Mir egal« beantwortete. Während des Essens schaute sie immer wieder auf ihrem Handy nach, ob sie eine SMS bekommen hatte.
    Jane ging mit ihren Eltern sogar noch verächtlicher um, als ich es mit Joshua getan hatte. Am Ende meines Besuchs hatte ich verstanden, warum sie klaute: Das war ihre Art, ihre Verachtung für ihre Eltern und ihren Materialismus zu zeigen.
    Das Bündel Scheine, das ihr Vater ihr beim Abschied zusteckte, schob sie trotzdem in die Hosentasche ihrer Jeans.

    »Geschafft.« Sie spuckte aus dem Fenster und wir fuhren weiter.

    Jane fuhr über den Savannah Highway, die Route 17, aus Charleston heraus, und als wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, sah ich zum ersten Mal das Küstengebiet South Carolinas, das sogenannte »Low Country«. Rechts und links der Straße wiegte sich rotbraunes Schlickgras im Wind. Graue Flüsschen schlängelten sich durch die Wiesen und schimmerten wie silberne Venen. Ich ließ das Fenster herunter und atmete die nach feuchten Blüten duftende Luft tief in meine Lungen ein. Sie machte mich ein bisschen schwindelig, weshalb ich mein Tonikum aus dem Rucksack nahm, um mich zu stärken.
    »Was ist das eigentlich für ein Zeug?«, wollte Jane wissen.
    »Ein Mittel gegen meine Anämie.« Ich log damals so viel, dass ich schon gar nicht mehr darüber nachdachte. Die Flasche war nur noch zu einem Viertel voll. Ich fragte mich, was ich tun würde, wenn sie leer war.
    Als Jane nach ihrem Handy griff, um Paul anzurufen, blendete ich ihre Stimme aus.
    Wir fuhren an einem Schild mit der Aufschrift »Bee Ferry Landing« und einem Andenkenladen namens »Blue Heron« vorbei. Als ich die Namen las, musste ich an meine Mutter denken. Ich hatte in Asheville nicht besonders viel an sie gedacht, aber diese Landschaft brachte sie mir wieder näher, und ich versuchte, sie mir als junges Mädchen vorzustellen, das hier inmitten des Sumpflands mit seinen bittersüßen Düften aufgewachsen war. War sie diese Straße entlanggefahren, als sie von uns geflohen war? Hatte sie

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