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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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durch ein Gässchen zurück zur River Street treiben und achtete darauf, den Touristenhorden auszuweichen. Unsichtbar zu sein, ist ein herrliches Gefühl - so ähnlich wie Fliegen. Als ich an einem dicken Mann in einem Anzug vorbeiging, zuckte er zusammen und sah sich überrascht um. Ich brauchte einen kurzen Moment, bis ich wusste, warum: Ich hatte ihn mit meinem unsichtbaren Rucksack gestreift.
    Ich hatte schon lange nicht mehr solchen Spaß gehabt und überlegte, was ich als Nächstes anstellen könnte. Aber unsichtbar zu sein, ist körperlich genauso anstrengend, als würde man
meilenweit laufen oder Fahrrad fahren. Es wurde allmählich Zeit, mir ein Nachtquartier zu suchen.
    Ich ging auf einer steilen, mit Kopfstein gepflasterten Straße zu dem Hotel zurück, an dem ich vor ein paar Stunden vorbeigekommen war.
    Es war wesentlich einfacher, im Marshall House einzuchecken, als du dir das vielleicht vorstellst; ich zog mich an einer schmiedeeisernen Strebe zu einem der Balkone hinauf, ging an einer Reihe von Schaukelstühlen vorbei und kletterte dann durch ein unverschlossenes Badezimmerfenster. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass das Zimmer unbewohnt war, verschloss ich die Tür, zog mich aus und ließ mir ein Bad ein. Das Hotel stellte seinen Gästen sogar einen Bademantel zur Verfügung. Auf der Ablage fand ich ein kleines Fläschchen Badeöl mit Lavendelduft, dessen Deckel aber so fest zugeschraubt war, dass ich ihn nicht öffnen konnte - bis ich meine Zähne zu Hilfe nahm. Ich goss das Öl in das einlaufende Wasser.
    Als ich im warmen Wasser lag, ließ ich langsam das Licht aus mir weichen und wurde wieder sichtbar, weil mich hier ja sowieso niemand sehen konnte. Ich seifte mich am ganzen Körper ein und wusch mir die Haare, die mir mittlerweile bis über die Taille gewachsen waren.
    Nachdem ich in der Badewanne fast eingeschlafen wäre, trocknete ich mich erschöpft ab, wickelte mich in den Bademantel, flocht meine Haare zu einem Zopf und kletterte in das riesige Bett. Die Laken dufteten unglaublich süß nach Rosen. Ich träumte in dieser Nacht von Blumen und Vögeln und Kreuzworträtseln.

    In seinem Epos Aeneis bezeichnet Vergil den Schlaf als den »Bruder des Todes«. Und es gibt wohl tatsächlich keinen anderen Zustand, in dem wir dem Tod so nahe sind - abgesehen von Katastrophen natürlich, in denen wir nur knapp mit dem Leben davonkommen.
    Das Sonnenlicht, das in goldenen Streifen durch die Balkontür strömte, weckte mich. Ich setzte mich im Bett auf und zum ersten Mal seit Monaten war mein Geist erfrischt und hellwach. Mir kam es fast vor, als hätte ich die Zeit, seit ich von zu Hause weg war, in einem ständigen Dämmerzustand verbracht. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr ich diese geistige Klarheit vermisst hatte. Vielleicht hatte meine Erziehung doch einen Nutzen gehabt, nicht so sehr in Bezug auf das, WAS ich gelernt hatte, sondern darauf, WIE man denkt.
    Plötzlich schien es mir überhaupt gar kein Problem mehr zu sein, meine Tante zu finden. Als Erstes nahm ich mir das Telefonbuch vor, das auf dem Sekretär lag. Darin waren zwar über zwanzig Stephensons aufgeführt, aber keine hieß Sophie oder wurde mit S. abgekürzt.
    Vielleicht hatte sie zwischenzeitlich geheiratet und einen anderen Namen angenommen oder ihre Nummer stand ganz einfach nicht im Telefonbuch. Ich dachte an das wenige zurück, das mein Vater mir über die Kindheit meiner Mutter erzählt hatte: Sie war in der Gegend von Savannah aufgewachsen, aber ich wusste nicht, wo sie zur Schule gegangen war. Ich kannte oder glaubte, ihre frühere Adresse zu kennen, und ich wusste, dass sie für eine Imkerei gearbeitet hatte.
    Als ich auf brach, hinterließ ich das Hotelzimmer genau so, wie ich es vorgefunden hatte - nur das kleine Fläschchen mit Lavendelbadeöl fehlte. Ich öffnete die alte, quietschende Holztür, schlich mich leise über den Flur und ging die Treppe
hinunter. In der Lobby setzte ich mich an einen Computer, der den Hotelgästen zur Verfügung stand. Dank des schnellen Internetzugangs des Hotels hatte ich innerhalb weniger Sekunden gefunden, was ich suchte: die Adresse und Telefonnummer der Tybee Bee Company.
    Ich schlenderte durch die Lobby, als wäre ich ein ganz normaler, zahlender Gast.
    Der Portier hielt mir die Eingangstür auf. »Guten Morgen, junge Lady«, sagte er.
    »Guten Morgen«, sagte ich und setzte meine Sonnenbrille auf. Und als ich in meinem maßgeschneiderten schwarzen Londoner Hosenanzug die

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