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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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meinen Träumen rannte ich vor etwas davon, das sich mir nie offenbarte. Oft wachte ich mit dem Gefühl auf, ich hätte vergeblich versuchte, um Hilfe zu rufen, weil mir die Worte einfach nicht über die Lippen kommen wollten; ich fragte mich manchmal, ob ich die Geräusche, die ich in meinen Träumen machte, tatsächlich von mir gab.
    Jeden Morgen wachte ich in dem gleichen unordentlichen Zimmer auf, in dem die Sachen eines Menschen standen, dem ich nie begegnet war. Nie kam jemand herein, um nachzusehen, ob es mir gut ging. In diesen Momenten sehnte ich mich nach der Mutter, die ich nie kennengelernt hatte. Aber was würde sie davon halten, dass ihre Tochter ein Vampir war?
    Meine Träume begannen allmählich, immer deutlicher Gestalt anzunehmen - als würde ich jede Nacht die fortlaufenden Kapitel einer Geschichte träumen. Es kamen immer die gleichen Charaktere darin vor - ein Mann, eine Frau und ein vogelähnliches Wesen. Sie bewegten sich zwischen exotischen Pflanzen und zahmen Tieren durch eine tiefblaue Landschaft. Manchmal reisten sie zusammen, aber die meiste Zeit waren sie getrennt unterwegs, und ich, die Träumende, war in ihre Gedanken und Gefühle eingeweiht. Jeder von ihnen war auf der
Suche nach etwas, das sich nie wirklich benennen ließ; manchmal waren sie einsam oder traurig, aber gleichzeitig stets geduldig und neugierig, sogar zuversichtlich. Ich liebte sie, ohne sie wirklich zu kennen. Schlafen war jetzt fast interessanter, als wach zu sein - ein Beweis dafür, dass es allmählich Zeit wurde, Asheville zu verlassen.
    Auch wegen Joshua wurde es allmählich Zeit. Er nannte mich seine Freundin, dabei hatten wir uns nie geküsst oder auch nur an den Händen gehalten. Für mich war er mehr wie ein kleiner Bruder - hin und wieder lästig, aber Mitglied der »Familie«. Er kam ständig vorbei und redete sogar davon, bei uns einzuziehen. Ich sagte ihm, ich bräuchte meinen Freiraum.
    Eines Abends nach dem Essen (ein Burrito für Joshua und ein Viertelliter seines Blutes für mich) saßen wir in meinem Zimmer auf dem Boden und lehnten benommen an der Wand. Als ich Jahre später einen Film über Heroinabhängige sah, erinnerte mich der Zustand der Junkies, nachdem sie sich einen Schuss gesetzt hatten, an den Zustand, den Joshua und ich nach unseren »Mahlzeiten« hatten.
    »Annie«, sagte er. »Willst du mich heiraten?«
    »Nein«, sagte ich.
    Er wirkte so unglaublich jung, wie er da in seiner gammeligen Jeans an der Wand lehnte und sich ein Stück Küchenkrepp auf den Hals presste. Ich versuchte, ihn immer in die gleiche Stelle zu beißen, um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten. Damals wusste ich noch nicht, dass Vampire keimfrei sind.
    »Liebst du mich denn nicht?« Seine Augen erinnerten mich an die eines anderen treuen Gefährten - an die Augen vonWally, Kathleens Hund.

    »Nein.«
    War ich nicht schrecklich gemein zu ihm? Doch egal was ich sagte oder machte, er blieb.
    »Aber ich liebe dich .« Er sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, und plötzlich dachte ich: Es reicht.
    »Geh nach Hause«, sagte ich. »Ich will allein sein.«
    Er stand widerstrebend, aber wie immer gehorsam, auf. »Du bist aber doch noch meine Freundin, oder, Annie?«
    »Ich bin niemandes Freundin«, sagte ich. »Und jetzt geh endlich.«

    Der Frühling kam und die ganze Welt kleidete sich in Grün. Die zarten jungen Blätter an den Bäumen badeten in der Sonne, und wenn ich in die Baumwipfel blickte, erinnerte mich der Anblick der funkelnden Blätter an das Bild, das man sieht, wenn man in ein Kaleidoskop blickt; die Luft fühlte sich samtweich an. Ich spreizte die Finger ganz dicht vor meinen Augen und beobachtete, wie das Sonnenlicht durch sie hindurchfiel, wie mein Blut durch die Adern pulsierte. Ich sagte zu Jane, dass dieser Tag wie ein Gedicht sei. Sie schaute mich an, als wäre ich geisteskrank. »Ich studiere im Hauptfach Soziologie«, sagte sie. »Meine Tage sind nicht wie Gedichte.«
    Ich wusste über Soziologie nur, was mein Vater einmal dazu gesagt hatte: »Soziologie ist nur eine armselige Möchtegern-Wissenschaft.«
    »Ach übrigens«, sagte Jane. »Joshua hat heute Morgen schon zweimal angerufen.«
    »Er nervt«, sagte ich.
    »Der Typ macht mich nervös«, sagte Jane. »Er benimmt sich, als hättest du ihn verhext oder so was.«

    Wir waren gerade auf dem Weg in die Stadt, weil Jane neue Schuhe brauchte, und trugen zum ersten Mal in diesem Jahr Sonnenbrillen. Obwohl Jane immer über jede

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