Das Zeichen des Vampirs - The Society of S
Straße hinunterstolzierte, fühlte ich mich tatsächlich wie eine Lady.
Es gibt Tage, an denen man das Gefühl hat, eins mit dem Universum zu sein. Weißt du, was ich meine? Du gleitest so leichtfüßig dahin, als würde der Boden sich dir mit jedem Schritt entgegenheben, und die Luft streichelt deine Haut. Meine langen, im Wind wehenden Haare dufteten nach Lavendelshampoo. Sogar mein Rucksack fühlte sich leicht an.
Die Tybee Bee Company befand sich in einem am Stadtrand gelegenen Lagerhaus - kein besonders idyllischer Ort und nicht einfach zu finden. Meine Fähigkeit, mich unsichtbar zu machen, erwies sich als sehr hilfreich; da ich keine Lust hatte, per Anhalter zu fahren, schlüpfte ich an einer Tankstelle auf die Rückbank eines Wagens, auf dessen Heckscheibe ein Sticker mit der Aufschrift »Tybee Island« klebte. Am Steuer saß ein junges Mädchen, das auf der Schnellstraße nach Tybee Island fuhr. Als sie sich der President Street näherte, begann ich, Geräusche von mir zu geben, die sie denken lassen sollten,
mit ihrem Motor sei etwas nicht in Ordnung. Sie fuhr brav rechts ran, und während sie unter die Motorhaube schaute, schlüpfte ich schnell aus dem Wagen und bedankte mich lautlos bei ihr.
Nein, ich hatte während dieser Zeit kein schlechtes Gewissen wegen solcher Aktionen; ich fand, dass in diesem Falle der Zweck die Mittel heiligte, was auch immer der Zweck sein würde. Erst sehr viel später sollte ich deswegen Gewissensbisse bekommen.
Auf dem letzten Stück machte ich mich wieder sichtbar. Ich musste zweimal nach dem Weg fragen, bevor ich das Lagerhaus schließlich fand. In der großen Halle war ein halbes Dutzend junger Leute damit beschäftigt, große Behälter mit goldenem Honig zu etikettieren, kleinere Töpfe zum Versand in Kartons zu packen und mit einem Spachtel Honigwaben in Vierecke zu schneiden. Obwohl der Raum große Fenster und hohe Decken hatte, war die Luft darin stickig und von einer süßen Schwere.
Als ich die Halle betrat, blickten alle von ihrer Arbeit auf. »Hi«, sagte ich. »Suchen Sie noch Leute?«
Man zeigte mir ein Büro im oberen Stockwerk, wo ich mich einer gepflegten Frau in Kostüm vorstellte. Sie sagte, sie hätten im Moment keinen Bedarf an Arbeitskräften, würden meine Anfrage aber gerne aufnehmen. Auf dem Bewerbungsformular gab ich an, achtzehn zu sein, das Adressenfeld ließ ich leer. Ich erklärte ihr, ich sei nur vorübergehend in der Gegend, um eine Verwandte zu besuchen. Dann fragte ich sie, ob sie meine Mutter gekannt hätte, die vor ungefähr fünfzehn Jahren hier gearbeitet hatte.
»Ich arbeite erst seit einem Jahr hier«, erwiderte sie. »Aber vielleicht möchten Sie mit dem Inhaber sprechen. Er ist gerade auf Oatland Island bei den Bienen.«
Eine der Packerinnen, die auf der Oatland-Insel lebte, fuhr in der Mittagspause nach Hause und brachte mich zu den Bienenstöcken. Wir hielten am Rand eines Landschaftsschutzgebiets. Sie zeigte auf ein altes, auf Betonblöcken aufgebocktes Boot, in dessen Nähe die Bienenstöcke aufgestellt waren, blieb selbst aber beim Wagen.
»Ich habe Angst vor Bienen«, rief sie mir über die Schulter zu. »Gehen Sie langsam, dann tun sie Ihnen nichts.«
Ich folgte ihrem Ratschlag und ging vorsichtig über die Wiese auf die Bienenstöcke zu, die aus der Ferne wie klapprige Holzaktenschränke aussahen. Ein weiß gekleideter Mann, der eine Haube trug, zog etwas aus einem der Schränke heraus, das wie eine Schublade aussah. Neben ihm auf dem Boden lag ein Gerät aus Metall, das einen nach Pinien duftenden Rauch verströmte. Ich trat behutsam von hinten an ihn heran. Über meinem Kopf kreiste eine Biene, als wolle sie mich prüfen, und flog dann weiter. Ein steter Strom von Bienen schwärmte in die Stöcke hinein und wieder hinaus. Der Himmel hatte sich inzwischen zugezogen und bis auf das durchdringende Summen der Bienen herrschte vollkommene Stille.
Der Bienenzüchter drehte sich zu mir um und sah mich an. Er schob die Schublade in den Stock zurück und zeigte auf ein Boot, das in der Nähe lag. Als wir dort angekommen waren, nahm er die Haube und den Schleier ab. »Hier ist es besser«, sagte er. »Sind ein bisschen wild heute, die Mädels.«
Er hatte schlohweiße Haare und aquamarinblaue Augen.
»Sie sind nicht von hier, was?«, meinte der Bienenzüchter.
Als ich mich ihm vorstellte, benutzte ich zum ersten Mal seit Monaten meinen richtigen Namen. »Ich glaube, meine Mutter hat früher für Sie gearbeitet«, sagte
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