Das Zeitalter der Erkenntnis: Die Erforschung des Unbewussten in Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute (German Edition)
Regulierung des vegetativen Nervensystems steuert. So verändern sich typischerweise unser Puls und andere Körperfunktionen, wenn wir emotional auf bestimmte Situationen reagieren. Der Hypothalamus reguliert auch die Freisetzung von Hormonen aus der Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Neben dem Thalamus liegen die Basalganglien , die an der Steuerung erlernter Bewegungen und kognitiven Aspekten beteiligt sind. Der äußerste Bereich der Basalganglien, das Striatum , spielt bei Belohnungen und Erwartungen eine Rolle.
Das Mittelhirn, die kleinste Hirnregion, birgt den Mechanismus für Augenbewegungen. Diese sind von zentraler Bedeutung für das Erkennen von interessanten Objekten in unserer Außenwelt, etwa beim Betrachten eines Gemäldes. Außerdem enthält die ventrale tegmentale Zone des Mittelhirns Neuronen, die Dopamin freisetzen, eine Substanz, die an der Aufmerksamkeitssteuerung und dem Vorhersagen von Belohnungen beteiligt ist.
Obwohl die beiden Hirnhälften gleich aussehen und bei Wahrnehmung, Verstehen und Bewegung zusammenarbeiten, tragen sie auf unterschiedliche Weise zu diesen Funktionen bei. So sind Aufnahme, Verständnis und Produktion von Sprache und Grammatik – bei gesprochener Sprache wie auch bei Gebärdensprache – überwiegend in der linken Hemisphäre angesiedelt (Abb. 14-4), während die Intonation, die »Sprachmelodie«, weitgehend von der rechten Hemisphäre verarbeitet wird (Abb. 14-3). Neben ihrer Rolle in der Sprachverarbeitung ist die linke Hirnhälfte auf Lesen und Rechnen spezialisiert sowie auf den logischen, analytischen und berechnenden Erwerb von Wissen. Dagegen verarbeitet die rechte Hirnhälfte Informationen auf eine globalere, ganzheitliche und vielleicht kreative Art und Weise.
WIE VERARBEITET DAS GEHIRN UND INSBESONDERE das Sehsystem Informationen? Als Erstes sind die Informationen an der Reihe, die die Sinnesorgane liefern – Informationen für das Sehen von den Augen, über Geräusche von den Ohren, über Gerüche von der Nase, über Geschmack von der Zunge sowie über Berührung, Druck und Temperatur von der Haut. Danach gleicht das Gehirn diese eingehenden Sinnesreize mit früheren Erfahrungen ab und erzeugt eine innere Repräsentation, eine Wahrnehmung der Außenwelt. Bei Bedarf leitet es als Reaktion auf die erhaltenen Informationen sinnvolle Handlungen ein. Auf diese Weise verknüpft das Gehirn alle Aspekte unseres geistigen Lebens – Wahrnehmen eines Sinnesreizes, Denken, Fühlen, Erinnern und Handeln. Nehmen wir beispielsweise an, ich entdecke zwei bekannte Gesichter auf der anderen Straßenseite. Unbewusst vergleiche ich die Bilder dieser Gesichter mit Bildern, die in meinem Gedächtnis gespeichert sind. Nun erkenne ich sie als meine Freunde Rebecca und Tom und überquere die Straße, um sie zu begrüßen. Diese algorithmische Analyse, der Rückgriff auf das Gedächtnis und die Initiierung einer Handlung beanspruchen die Fähigkeit einer riesigen Menge von Neuronen, Signale auszusenden.
Neuronen sind elementare Einheiten, die auf die Weiterleitung elektrischer Signale spezialisiert sind; sie sind die Grundbausteine des Gehirns und des Rückenmarks. Neuronen feuern, indem sie Aktionspotenziale generieren – sehr kurze elektrische Alles-oder-nichts-Signale, die in ihrer Amplitude nur geringfügig variieren. Was dagegen variiert und somit die Fähigkeit der Neuronen erklärt, Informationen zu übermitteln, sind die Frequenz und das Muster, in dem die Aktionspotenziale gefeuert werden.
Alle sensorischen Informationen, die das Gehirn erreichen – ob Seh-, Hör- oder Tastreize –, werden in neuronale Codes umgewandelt, in Muster von Aktionspotenzialen, die durch Nervenzellen generiert wurden. Das Gesicht eines Babys zu sehen, es anzublicken, wenn es lächelt, ein wunderbares Gemälde zu betrachten oder den Sonnenuntergang, den Frieden und die Stille eines ruhigen Ferienabends im Kreise der Familie zu genießen – dies alles beruht auf unterschiedlichen Mustern, in denen Neuronen in verschiedenen Kombinationen der neuronalen Schaltkreise in unserem Gehirn feuern.
Um einen ersten Eindruck davon zu gewinnen, was man benötigt, um das Wunder der visuellen Wahrnehmung zu vollbringen, hilft es, die informationsverarbeitenden Kapazitäten des Gehirns mit den Kapazitäten künstlicher Rechengeräte zu vergleichen. In den 1940er-Jahren ermöglichten die Kenntnisse über Hirnbiologie und Informationsverarbeitung die Konstruktion der ersten Computer oder »elektronischen
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