Das Zeitalter der Erkenntnis: Die Erforschung des Unbewussten in Kunst, Geist und Gehirn von der Wiener Moderne bis heute (German Edition)
Nervensystems: das Empfangen sensorischer Informationen von der Körperoberfläche und das Übersetzen dieser Informationen in Handlungen. Beim Reflexverhalten werden Sinnesreize von Rezeptoren in der Haut über lange Nervenfasern – sensorische Axone – zum Gehirn geleitet, wo sie in koordinierte Handlungsbefehle umgewandelt werden. Diese Befehle werden dann über ein weiteres Bündel langer Nervenfasern – die motorischen Axone – an die Muskeln übermittelt.
Nach oben geht das Rückenmark in das Hinterhirn über. Darüber liegen Mittelhirn und Vorderhirn (Abb. 14-2). Von diesen drei Bereichen fallen dem Vorderhirn besonders wichtige Aufgaben für das Sehen, Gefühle und die Reaktion auf Kunst zu.
Abb. 14-2.
Das Rückenmark geht nach oben ins Hinterhirn über; über dem Hinterhirn liegen Mittelhirn und Vorderhirn.
Wenn wir die Perspektive wechseln und von oben auf das zentrale Nervensystem hinunterschauen, treffen wir zuerst auf das Vorderhirn oder auch die oberste Ebene des Gehirns. Das Vorderhirn hat zwei Teile – die linke und rechte Hirnhälfte oder Hemisphäre . Die Hirnhälften werden von der Großhirnrinde (Cortex cerebri) umschlossen. Diese ist gut an ihren tiefen Falten zu erkennen; beim Menschen besteht sie aus einer Zellschicht von etwa 3 Millimetern Dicke und enthält zehn Milliarden Nervenzellen (Neuronen). Die Windungen der Großhirnrinde bestehen aus bergrückenartigen Erhebungen oder Falten, den Gyri , die durch schmale Schluchten oder Furchen, die Sulci , voneinander getrennt sind. Die Furchen haben sich im Laufe der Evolution als platzsparende Maßnahme entwickelt, um die stattlichen Ausmaße der Großhirnrinde – die »entfaltet« einer Stoffserviette von 50 mal 50 Zentimetern entsprechen würde – innerhalb der engen Schädelgrenzen unterzubringen. Außerdem führen die Falten Hirnbereiche nahe zusammen, die miteinander kommunizieren müssen, was die Bildung von Verbindungen erleichtert (Abb. 14-3 und 14-4). Die Strukturen der beiden Hirnhälften sind großenteils identisch. Obwohl jeder Mensch ein etwas anderes Gehirn hat, sind die markanteren Gyri und Sulci bei allen Menschen ähnlich.
Abb. 14-3
Jede Seite der Großhirnrinde ist in vier verschiedene Lappen unterteilt, die nach den über ihnen liegenden Schädelknochen benannt sind: Frontal-, Parietal-, Temporal- und Okzipitallappen. Die Hauptaufgaben der Frontallappen in beiden Hirnhälften bestehen in ausführenden Funktionen, moralischen Überlegungen, Steuern von Emotionen, Planen zukünftiger Handlungen und Kontrollieren von Bewegungen. Die Parietallappen sind zuständig für Berührungsempfindungen, Eigenwahrnehmung des Körpers, Koordinierung des Körpers in Bezug auf die Außenwelt sowie für Aufmerksamkeit. Die Okzipitallappen befassen sich mit der Verarbeitung visueller Informationen. Die Temporallappen sind wichtig für das Interpretieren visueller Informationen und von Informationen, die mit Hören und Sprache zusammenhängen.
Abb. 14-4
Außerdem sind die Temporallappen an bewussten Gedächtnisleistungen und dem Erleben von Erinnerungen und Gefühlen beteiligt. Diese Funktionen lassen sich auf die Verbindung der Temporallappen mit fünf Strukturen zurückführen, die tief im Vorderhirn unter der Großhirnrinde liegen – dem Hippocampus, der Amygdala (Mandelkern), dem Striatum, dem Thalamus und dem Hypothalamus (Abb. 14-5).
Der Hippocampus ist am Verschlüsseln und Abrufen von Erinnerungen aus dem Kurzzeitgedächtnis beteiligt. Die Amygdala ist die Konzertmeisterin unseres Gefühlslebens – sie koordiniert emotionale Zustände mit vegetativen und hormonellen Reaktionen. In Zusammenarbeit mit anderen Strukturen, wie dem präfrontalen Cortex, ist die Amygdala auch die Übermittlerin emotionaler Einflüsse auf kognitive Prozesse; dies schließt die Erzeugung bewusster Gefühle ein. Hippocampus und Amygdala sind in beiden Hirnhälften vorhanden.
Abb. 14-5
In der Mitte beider Hirnrindenhälften liegt der Thalamus – das wichtige Tor für alle sensorischen Informationen (außer Gerüchen), die in die Großhirnrinde gelangen. Im Thalamus befindet sich der seitliche Kniehöcker (Corpus geniculatum laterale), der auf das Sehen spezialisiert ist und Informationen aus der Netzhaut analysiert, bevor er sie zur Großhirnrinde weiterleitet. Unter dem Thalamus sitzt der Hypothalamus , ein kleiner, aber höchst bedeutsamer Bereich, der viele unserer lebenswichtigen Körperfunktionen, wie Puls und Blutdruck, über die
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