Das Zeitalter der Fuenf 01 Priester
endlich mehr darüber erfahren, wie die Landgeher diesen Krieg führen wollten.
Ein junger hanianischer Soldat starrte in sein Lagerfeuer. In den Flammen sah er die Gestalten grimmiger Krieger und großer Zauberer. Wie wird es werden?, fragte er sich. Ich bin der Armee erst letztes Jahr beigetreten. Meine Ausbildung ist doch gewiss noch lange nicht ausreichend, oder? Aber der Hauptmann sagt, ein disziplinierter Kampfgeist sei alles, was ich brauchen werde.
Und eine große Portion Glück, fügte Jayim hinzu.
Geh weiter, befahl Leiard seinem Schüler. Du schaust in die Flammen, um zu lernen, aber wenn du dort verweilst, um dich zu unterhalten, missbrauchst du deine Gabe.
Jayim lernte schnell. Am Abend zuvor hatte er den Zustand der Trance erreicht, der vonnöten war, um Gedanken abzuschöpfen, aber er war nicht in der Lage gewesen, sich gleichzeitig auf das Gespräch mit Leiard zu konzentrieren. Diesmal machte er seine Sache besser.
Der nächste Geist war lebhafter. Es handelte sich um einen Siyee, dessen Gedanken von Tintra verzehrt wurden. Er und zwei andere Männer seines Stammes hatten einige somreyanische Soldaten in ihre Laube eingeladen. Sie waren nicht darauf gefasst gewesen, welche Wirkung der Alkohol auf ihre kleinen Körper hatte.
Ich hoffe, die Somreyaner nutzen diese Situation nicht aus, bemerkte Jayim besorgt.
Vielleicht tun sie’s, vielleicht nicht. Du kannst ihnen nicht helfen, ohne zu offenbaren, dass du in ihren Geist eingedrungen bist. Sie werden nicht verstehen, warum wir das tun. Geh weiter.
Die Gedanken, die sie als Nächstes auffingen, waren eher körperlicher Natur. Die Aufmerksamkeit dieser Siyee galt ihrem Partner und den Zärtlichkeiten, die sie mit ihm austauschte. Sie dachte weder an das Kämpfen noch an die bevorstehende Schlacht. Jayim fand das alles sehr, sehr interessant.
Geh weiter.
Sein Zögern war Jayim ausgesprochen peinlich. Hastig wandte er seine Aufmerksamkeit von den Liebenden ab.
Die Siyee haben auch weibliche Kämpfer, und das Gleiche gilt für die Dunweger. Warum lassen die Hanianer Frauen in ihrer Armee nicht zu?
Was meinst du?
Weil unsere Frauen schwächer sind?
Sie könnten genauso stark sein wie die Dunwegerinnen, wenn sie es wollten. Es bedarf nur der richtigen Ausbildung.
Weil sich jemand um die Kinder und die Häuser kümmern muss?
Was ist mit den Kindern und den Häusern der Siyee? Aus den vielen Geistern, die wir berührt haben, weißt du, dass sie ihre Kinder in der Obhut der älteren Siyee lassen.
Dann finde ich keine Antwort auf meine Frage… Vielleicht haben die Hanianer es nicht nötig, Frauen in den Krieg mit einzubeziehen. Wir haben genug Männer, die für uns kämpfen.
Oder zumindest hoffen wir das.
Es hätte keinen Sinn, Frauen mitzunehmen, wenn sie keine Ausbildung haben. Frauen haben keine Zeit für eine solche Ausbildung, wenn sie jung heiraten und Kinder bekommen.
Die Siyee heiraten ebenfalls jung.
Also, woran liegt es dann?
Ich weiß es nicht mit Bestimmtheit. Wir können die Gedanken eines Volkes nicht so lesen, wie wir heute Abend die Gedanken einzelner Menschen lesen. Sitten und Gebräuche entwickeln sich über einen langen Zeitraum und trotzen Veränderungen. Erst wenn eine Veränderung unbedingt erforderlich ist, kann sich die Art, wie ein Volk lebt, in eine andere Richtung entwickeln. Dasselbe gilt für das moralische Empfinden.
Wenn wir also nicht genug Männer für den Kampf hätten, würden auch Frauen zu kämpfen lernen?
Wahrscheinlich. Es gibt nur ein Problem: Wenn die Situation die Frauen dazu zwingt, in die Schlacht zu ziehen, wird keine Zeit mehr bleiben, um sie auszubilden. Und nun such dir einen anderen Geist.
Leiard folgte Jayim. Der Junge berührte die Geister der Traumweber, die um ihr Zelt herum lagerten. Bei einer von ihnen nahmen sie jähe Angst wahr, aber der Grund dafür war nicht die Berührung. Es war etwas anderes. Eine Gestalt in der Dunkelheit jenseits des Lagers …
Warte. Geh zurück.
Jayim hielt inne, dann wandte er sich wieder dem Geist der erschrockenen Traumweberin zu. Durch ihre Augen sah er eine Gestalt aus der Dunkelheit heraustreten. Eine Priesterin. Eine Hohepriesterin. Als die Frau näher kam, erkannte die Traumweberin sie, und eine gewisse Erleichterung stieg in ihr auf. Es ist die Weiße, die uns freundlich gesinnt ist. Auraya.
Auraya. Freude und Furcht strichen gleichzeitig durch Leiards Körper. Sie ist gekommen, um nach mir zu suchen.
Sieht so aus, als würden meine
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