Das Zeitalter der Fuenf 01 Priester
sie den Betreffenden auf ihre eigene Art und Weise. Der Angeklagte bleibt ruhig, auch wenn er weiß, dass er hingerichtet werden soll. Aber wenn der Angeklagte schuldig ist, fällt kein Wort zu seiner Verteidigung. Diese Frau war verzweifelt«, Auraya schüttelte langsam den Kopf, »und wütend. Sie hat ihren eigenen Leuten gezürnt.«
»Ich habe gehört, dass sie nach Garpa verlangt haben soll, um dem Schlaf auszuweichen.« Danjin schauderte. »Wenn die Traumweber bereit sind, einen der Ihren zu quälen, was mögen sie dann erst einem Feind antun?«
»Warum vermutest du, dass sie sie gequält haben? Vielleicht wollte sie ja ihren eigenen Träumen aus dem Weg gehen.«
»Sie war eine Traumweberin. Sie hatte doch gewiss die Kontrolle über ihre eigenen Träume.«
»Wieder kannst du nur Vermutungen anstellen.« Auraya lächelte. »Du hältst die Traumweber für nicht vertrauenswürdig, weil sie die Fähigkeit haben, anderen Schaden zuzufügen. Nur weil sie dazu in der Lage sind, heißt das noch nicht, dass sie es tun. Ich könnte dein Leben mit einem einzigen Gedanken ausblasen, aber du vertraust darauf, dass ich es nicht tue.«
Er sah sie erschrocken an, beunruhigt von der beiläufigen Erwähnung ihrer von den Göttern gegebenen Kräfte. Sie hielt seinem Blick stand. Er schaute auf den Tisch hinab. »Ich weiß, dass du es nicht tun würdest.«
»Also solltest du vielleicht dein Urteil über jeden einzelnen Traumweber überdenken, bis du ihn oder sie persönlich kennengelernt hast.«
Er nickte. »Du hast natürlich recht. Aber ich kann ihnen ebenso wenig vertrauen, wie ich einem Fremden vertrauen würde.«
Sie kicherte. »Das tue ich auch nicht. Ebenso wenig wie ich jenen vertraue, die ich zu kennen glaube, da Menschen, die ich zu kennen glaubte, bisweilen durchaus eine Skrupellosigkeit oder Rohheit an den Tag gelegt haben, deren ich sie nicht für fähig gehalten hätte.« Sie sah auf die Schriftrolle hinab, die vor ihr ausgebreitet lag. »Ich schätze deine Ansichten, auch wenn ich nicht mit ihnen übereinstimme, Danjin. Ich weiß, dass ich mit meiner Meinung über diese Angelegenheit allein dastehe. Ich bin keine Traumweberin. Meine Kenntnisse über sie erweisen sich als begrenzt. Ebenso wenig bin ich jedoch eine typische Zirklerin, die Traumwebern bestenfalls misstraut und sie schlimmstenfalls bewusst verfolgt. Ich muss alle Sichtweisen in Betracht ziehen, wenn ich Mairae verschiedene Möglichkeiten vorschlagen soll, wie man die Somreyaner zu einem Bündnis mit uns bewegen könnte.«
Danjin bemerkte die Falte, die sich zwischen ihren Brauen gebildet hatte. Als ihm diese Stellung angeboten worden war, hatte Dyara ihm versichert, dass man Auraya während ihrer ersten Jahre als Weiße keine schwierigen Aufgaben zuweisen würde. Wie es schien, hatte diese Aufgabe von allein zu Auraya gefunden.
Aufgrund ihrer Kenntnisse der Traumweber war sie jedoch von allen Weißen am besten dazu geeignet. Vielleicht war dies der Grund, warum die Weißen allenthalben durchblicken ließen, dass die neueste Weiße Heiden duldete, wenn nicht gar unterstützte. Welche Konsequenzen würde diese Einstellung auf lange Sicht mit sich bringen? Obwohl das Gesetz es zu einem Verbrechen erklärte, die Dienste eines Traumwebers zu nutzen, ignorierten so viele Menschen diese Vorschrift, dass nur wenige jemals dafür bestraft wurden. Würde Aurayas Toleranz den Traumwebern gegenüber noch mehr Menschen dazu ermutigen, dem Gesetz zu trotzen?
Auraya sagte nichts. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit wieder der Allianz zugewandt.
»Gegen welche Bedingungen haben die Somreyaner zu Anfang protestiert?«
Danjin hatte diese Frage erwartet. Er nahm sich eine Wachstafel vor und verlas eine lange Liste von Veränderungen an den Bedingungen des Bündnisses. Das letzte Drittel dieser Veränderungen hatte ausschließlich mit Belangen der Traumweber zu tun.
»Das sind keine neuen Bedingungen, nicht wahr? Diese Verfügungen waren schon immer Teil der Allianz.«
»Ja.«
»Warum haben die Somreyaner nicht gleich zu Beginn der Verhandlungen dagegen protestiert?«
Danjin zuckte die Achseln. »Wenn man über große Dinge verhandelt, werden die kleineren häufig weniger beachtet. Oder so sagt man zumindest.«
»Und die Somreyaner haben diesen Punkten einem nach dem anderen ihre Beachtung geschenkt?« Ihre Stimme troff vor Skepsis.
Er kicherte. »Jedes Mal, wenn ein Punkt ausgehandelt ist, protestieren sie gegen den nächsten.«
»Wollen sie das Bündnis also
Weitere Kostenlose Bücher