Das Zeitalter der Fuenf 01 Priester
enthüllte. Arleej verstand, dass er hoffte, seinen Leuten zu helfen. Außerdem sah sie die Zuneigung und die Bewunderung, die er für Auraya empfand. Gleichzeitig offenbarte er auch seine Angst vor den Weißen und ihren Göttern.
Arleej beobachtete mit einiger Erheiterung, dass seine Gedanken sich nun im Kreis zu drehen begannen. Wann immer er sein Misstrauen und seine Abneigung gegen die Götter und die Weißen berührte, schenkte ihm der Gedanke an Auraya neue Zuversicht. Obwohl er glaubte, dass sie ihm oder anderen Traumwebern nicht wissentlich Schaden zufügen würde, war er nicht töricht genug, anzunehmen, dass sie es nicht doch tun würde, sollten die Götter es ihr befehlen. Er war der Meinung, dass es das Risiko wert sei.
Alle waren erleichtert zu sehen, dass er zum Wohle seiner Leute mit Auraya zusammenarbeitete, nicht um der Götter oder auch nur um Aurayas willen. Allerdings regte sich eine tiefe Furcht in ihm, wann immer er mit einem anderen Zirkler als Auraya zusammen war. Eine solche Furcht konnte nur aus Erfahrung rühren. War ihm etwas Schreckliches zugestoßen? Während Arleej diese Möglichkeit erwog, wandten Leiards Gedanken sich anderen Dingen zu, die ihm Sorgen machten. Er offenbarte ihnen, dass immer wieder ungeheißen eigenartige Erinnerungen in ihm aufstiegen. Manchmal schossen ihm Gedanken durch den Kopf, die sich nicht so anfühlten, als seien es seine eigenen. Die Neugier der anderen Traumweber wuchs.
Als Reaktion darauf traten die Erinnerungen, von denen Leiard gesprochen hatte, an die Oberfläche.
Arleej sah den »Wächter« im Hafen. Die Statue war nicht so verwittert wie jetzt, und plötzlich wusste sie, was sie darstellte. Es war ein Gott - und zwar keiner von denen, denen die Zirkler jetzt huldigten.
Sie sah ein kleineres Arbeem vor sich, mit einer halb fertigen Dockmauer. Sie sah das Traumweberhaus als neues, in leuchtenden, freundlichen Farben gestrichenes Gebäude.
Sie sah das Gesicht eines älteren Traumwebers und wusste, dass er vor Jahrhunderten einer ihrer Vorgänger gewesen war. Mit dem Bild kam ein Gedanke, und dieser Gedanke klang gar nicht nach Leiards innerer Stimme.
Ein stolzer Mann, dieser Traumweberälteste. Ich musste ihm die Idee ausreden, dem Vermittler jede Behandlung zu verweigern, obwohl der Mann es verdiente. Das war das letzte Mal, dass ich Somrey besucht habe. Damals hatte es als Königreich noch keinen besonderen Rang - es wurde nicht einmal als Teil von Nordithania erachtet. Wer hätte es für möglich gehalten, dass ausgerechnet Somrey zu der einzigen Zuflucht für die Traumweber werden würde?
Arleejs Herz raste. Leiard hat recht, schoss es ihr durch den Kopf. Das sind nicht seine Gedanken. Sie kommen von Mirar.
Sie war schon früher auf ähnliche Netzerinnerungen gestoßen. Die meisten Traumweber trugen Bruchstücke von Mirars Erinnerungen in sich, die sie bei Vernetzungen erworben hatten. Mirar war so lange mit anderen Traumwebern vernetzt gewesen, dass noch immer viele seiner Erinnerungen existierten. Das Ritual, das Mirar geschaffen hatte, um das Verständnis unter den Traumwebern zu fördern und das Lehren zu beschleunigen, erhielt außerdem einen Teil von ihm in den Gedanken seiner Anhänger am Leben, und diese Überlegung hatte etwas Tröstliches.
Leiard trug jedoch mehr als nur Bruchstücke von Mirars Erinnerungen in sich. Sein Geist war erfüllt von so vielen Erinnerungen, dass ein wenig von Mirars Persönlichkeit an die Oberfläche gekommen war. Es war so, als kenne man jemanden so gut, dass man vorhersehen konnte, wie er sich benehmen oder was er sagen würde.
Arleej nahm die Erregung der anderen Traumweber wahr. Sie konnte spüren, wie sie gierig nach weiteren Erinnerungen suchten, aber jetzt, da Leiard über ihren Ursprung nachsann, war die Flut verebbt. Arleej konnte erkennen, dass er die Wahrheit nicht gekannt oder auch nur vermutet hatte. Er war sich nicht einmal sicher, von wem er die Erinnerungen aufgefangen hatte. Wahrscheinlich stammten sie von seinem Lehrer, obwohl er keine starke Erinnerung an den Mann - oder an die Frau - hatte.
Und noch etwas anderes bereitete ihm Ungemach. Warum waren so viele seiner Erinnerungen so verschwommen?
Du hast viele Netzerinnerungen, erklärte sie ihm. Und du hast lange Jahre in großer Abgeschiedenheit verbracht. Mit der Zeit ist es leicht zu vergessen, welche Erinnerungen deine sind und welche nicht. Die Grenzen verschwimmen, daher musst du sie neu aufbauen. Dazu sind Vernetzungen die
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