Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
Zorn fest. Du wirst ihn brauchen, um zu tun, was getan werden muss. Die anderen Weißen sind viel zu weit entfernt, um zu handeln. Du bist in der Nähe, und du hast den Vorteil der Überraschung auf deiner Seite. Er wird nicht damit rechnen, dass du diejenige bist, die ihn hinrichten soll.
»Hinrichten?« Auraya wurde kalt bis auf die Knochen.
Ja. Du zögerst zu töten. Das ist gut; wir wären enttäuscht von dir, wenn es anders wäre. Aber er muss sterben - und diesmal richtig. Ich werde dich leiten.
»Wann?«
Jetzt.
»Aber die Siyee...?«
Du wirst nicht lange dafür brauchen, Auraya.
»Oh.« Sie fühlte sich eigenartig orientierungslos. Ich werde keine Zeit haben, mich an diesen Gedanken zu gewöhnen, nicht wahr? Ich werde mir anschließend darüber klar werden müssen, was das alles bedeutet.
Ja. Du darfst dich von nichts ablenken lassen, warnte Huan sie. Er ist stark. Es wird schwierig werden. Er wird versuchen, dich zu manipulieren. Er wird alles daransetzen, dich aufzuhalten.
Natürlich wird er das tun, dachte sie. Ich bezweifle, dass er sterben will.
Ich werde dich leiten. Geh jetzt, Auraya. Finde ihn.
37
D er Atem der Ruderer formte sich in der Luft zu weißem Nebel, doch Imi war angenehm warm. Sie hatte sich zuerst gefragt, warum Imenja die Luft um die Mannschaft herum nicht mit ihrer Magie erwärmte, aber dann waren ihr die Schweißperlen auf der Stirn der Männer aufgefallen, und sie hatte begriffen, dass ihnen von der Anstrengung bereits heiß genug war. Wenn sie sich in Imenjas Wärmeblase befunden hätten, hätten sie sich unbehaglich gefühlt.
Zu beiden Seiten des Horizonts waren Wolken sichtbar. Sie dämpften das Licht der herannahenden Morgendämmerung. Das Meer, das Boot und selbst die gebräunten Gesichter der Ruderer waren von einem ungesunden Grauton. Es war, als sei alle Farbe aus der Welt herausgesaugt worden.
Die Küste war eine dunkle, gebirgige Linie, die aus dem Nachthimmel hervortrat, getrennt von dem dunklen Wasser durch einen Streifen bleichen Sandes. Imenja wandte sich zu Imi um. Ihr Blick war ruhig, und sie lächelte nicht, als sie Imi eine Hand auf die Schulter legte.
»So weit können wir uns der Küste nähern, ohne das Risiko einzugehen, gesehen zu werden«, sagte sie. »Sind wir dem Ufer nahe genug?«
Imi nickte. »Ich glaube, ja.«
»Geh keine unnötigen Risiken ein.«
»Keine Sorge, das werde ich nicht tun.«
»Wir werden heute Nachmittag hierher zurückkehren. Viel Glück.«
Imi lächelte. »Also dann, bis später.«
Sie trat an den Rand des Bootes. Es schaukelte zu heftig in den Wellen, als dass sie gefahrlos ins Wasser hätte springen können. Das Beste würde sein, wenn sie sich auf die Reling setzte und sich fallen ließ, sobald das Boot sich in die richtige Richtung neigte.
Ihr Plan funktionierte recht gut, auch wenn es kaum ein eleganter Abgang für eine Prinzessin war. Das Wasser war herrlich kalt. Sie holte tief Luft, tauchte unter die Oberfläche und schwamm auf die Küste zu.
Vom Boot aus hatte sie den Eindruck gehabt, dass die Entfernung gering war, aber sie brauchte länger als erwartet, um das Ufer zu erreichen. Das Wasser war schlammig, und das Licht des nahenden Sonnenaufgangs war noch zu schwach, um unterhalb der Oberfläche viel erkennen zu können. Imi war selten so weit draußen auf dem Meer gewesen und niemals allein. Sie konnte sich mühelos vorstellen, dass aus der Düsternis um sie herum plötzlich etwas auftauchte. Etwas Großes, Massiges. Oder vielleicht etwas Kleineres und Schnelleres wie eine Flarke, etwas, das man nur für einen Augenblick sah, bevor es angriff.
Ein Schauer überlief sie, ähnlich dem Gefühl, das sie manchmal hatte, wenn sie glaubte, niesen zu müssen, es aber nicht konnte.
Plötzlich wurde das Wasser heller. Sie stieg an die Oberfläche auf, weil sie vermutete, die Sonne müsse aufgegangen sein, aber es hatte sich nichts verändert. Vor ihr lag der Strand, der jetzt einen Bogen um eine seichte Bucht bildete. Als sie wieder hinabblickte, stellte sie fest, dass sie den bleichen Meeresboden unter sich sehen konnte. Sie schwamm weiter.
Schon bald begann das Wasser um sie herum, an ihr zu zerren. Es brodelte und zuckte über ihr. Sie hatte schon früher von dem Phänomen der Brandung gehört, hatte aber nie versucht, darin zu schwimmen. Ein Wassertänzer hatte ihr einmal davon erzählt. Er hatte gesagt, wenn man nur wüsste, wie, könne man die Wellen reiten. Während sie nun auf einer dieser Wellen emporglitt,
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