Das Zeitalter der Fuenf 03 Goetter
benutzt.«
»Nun, es ist nicht so, als könnten wir heiraten. Das erwarte ich nicht.«
Imenja schüttelte den Kopf. »Du musst politisch denken, Reivan. Du bist mir nicht deshalb den ganzen Tag aus dem Weg gegangen, weil du dachtest, ich könnte es missbilligen, dass du ein wenig Spaß hast.«
»Du glaubst, er benutzt mich, um dich zu kränken?«
»Ich muss es als eine Möglichkeit betrachten. Und du auch.«
Reivan blickte auf das Pflaster hinab. Wenn Nekaun dachte, Imenja hätte Einwände dagegen, dass er das Bett mit ihrer Gefährtin teilte, wäre dies eine Möglichkeit, sie zu treffen. Es war schäbig und niederträchtig, und es hatte keinen anderen Sinn, als jemanden zu verärgern, den man eigentlich als einen seiner engsten Verbündeten betrachten sollte.
»Gewiss nicht. Er würde nichts damit gewinnen.«
Imenja seufzte. »Nichts, als mich ein klein wenig mehr zu schwächen.«
Als Reivan die Zweite Stimme betrachtete, sah sie eine Resignation in den Zügen der Frau, die ihr dort noch nie aufgefallen war. Ein Stich der Sorge durchzuckte sie. Was war geschehen, dass ihre Herrin Nekaun solches Misstrauen entgegenbrachte? Wie konnte eine mächtige Frau so niedergeschlagen wirken?
Imenja richtete sich auf und wandte sich zu Reivan um. »Wenn seine Absichten boshafter Natur sein sollten, wird er feststellen, dass ich aus härterem Holz bin, als er erwartet«, sagte sie. »Du bist es, um die ich mir Sorgen mache, Reivan. Würdest du damit fertigwerden, gedemütigt und manipuliert zu werden? Bist du stark genug, um ein gebrochenes Herz zu ertragen? Falls Nekauns Absichten böse sind, könnte das für dich sehr unerfreulich werden.«
Reivan starrte sie an. »Glaubst du, er könnte so grausam sein?«
Imenja seufzte. »Ob ich glaube, dass er zu niederträchtigen, unmoralischen Taktiken fähig ist? Ja. Ich weiß, dass es so ist. Ob ich glaube, dass er dir wirklich tiefste Zuneigung entgegenbringt?« Sie lächelte und zuckte die Achseln. »Du bist eine attraktive Frau. Nicht schön, aber du hast einen scharfen Verstand und einen guten Sinn für Humor, und beide Dinge sind mehr als nur eine Entschädigung für mangelnde Schönheit. Es gibt vieles an dir, was man lieben kann. Also empfindet er vielleicht wirklich etwas für dich.«
Reivans Mund verzog sich unwillkürlich zu einem Lächeln, und sie versuchte erfolglos, es zu verhindern.
»Ich würde dich niemals einer Chance auf Liebe und Vergnügen berauben«, fuhr Imenja fort. »Aber wenn Schlimmes daraus entsteht, vergiss nicht, dass ich deine Freundin bin. Wenn du das Bedürfnis hast, mit jemandem zu reden, werde ich zuhören. Wenn du das Bedürfnis hast, von ihm fortzukommen, werde ich dich hinschicken, wo immer du hingehen möchtest. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass du zu Schaden kommst, aber ich kann dich nicht vor verletzten Gefühlen retten. Auch du musst stark sein.«
»Das werde ich«, versprach Reivan.
»Gut.«
Imenja stand auf. »Und nun muss ich an einer Versammlung teilnehmen, daher sollte ich langsam aufbrechen.«
»Brauchst du meine Hilfe?«
»Nein. Ich werde morgen mit dir sprechen. Schlaf gut.«
Reivan lächelte. »Du auch.«
Als die Zweite Stimme im Bogengang verschwand, tröpfelte der Springbrunnen langsam aus und erstarb dann ganz. Reivan sog tief die Luft ein, gähnte und ging auf ihre Räume zu, wobei sie sich besser fühlte, als sie es den ganzen Tag getan hatte.
Die Sonne hing direkt über den Bäumen, als schicke sie sich an hineinzutauchen. Auraya blickte zu dem Seil auf. Sie hatte es von dem Felsen zu den Zweigen der Bäume darunter gespannt und dann einen Gleitsitz aus Holz und weiteren Seilen gemacht. Es war eine grobe Nachahmung des Systems, das Mirar benutzt hatte, um von einer Plattform zur nächsten zu gelangen, als sie ihn vor einigen Monaten in dem inmitten von Bäumen gelegenen Dorf der Siyee gefunden hatte. Plötzlich stieg Ärger in ihr auf, und sie ballte die Fäuste.
Was hatte er als Gegenleistung dafür bekommen, dass er den Siyee im Kampf gegen die Seuche geholfen hatte?, dachte sie. Einen Henker. Und jetzt will Huan mir ebenfalls einen Henker schicken. Sie holte tief Luft und stieß den Atem langsam wieder aus, als sie ihren Ärger beiseiteschob. Während der letzten Tage hatte sie oft über das Gespräch zwischen Huan und Saru nachgegrübelt. Zu oft. Nachts lag sie wach, hin- und hergerissen zwischen Zorn auf die Götter, die sie verraten hatten, und einer nagenden,
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