Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
Blick wanderte durch mein Büro und blieb ungefähr auf Höhe des Hygrometers hängen.
»Vielleicht will er mich nur ärgern und meldet sich heute Abend. Ich hatte gestern Geburtstag …« Ich wurde nervös.
»Wissen Sie, ob er wieder Kontakt zu seinen alten Freunden hatte?«, fragte Mahoney und betrachtete das vor sich hin vergilbende Glenn-Gould-Poster, das ich schon seit Monaten abhängen will.
»Er hatte dauernd Kontakt zu seinen Freunden, ich denke, Sie haben mit allen geredet?«
»Ich meine nicht diese Freunde. Freunde von früher, von denen er sich fern halten wollte. Hat uns jedenfalls sein Vater versichert. Freunde, von denen er Ihnen offenbar nichts erzählt hat?« Jetzt sah mich Mahoney an.
Ich brauchte einen Moment, bis ich sagen konnte: »Wovon genau reden wir gerade?«
»Sie weiß es nicht«, sagte Reese.
»Nein«, sagte Mahoney.
»Was weiß ich nicht?«
»Ms Murray, hat Ihr Freund nie mit Ihnen über seine Vergangenheit gesprochen?« Mahoney sah fast schon betroffen aus, als er mich das fragte.
»Natürlich hat er das.«
»Dann wissen Sie, dass er mehrere Haftstrafen wegen Diebstahl und Körperverletzung abgesessen hat?«
Ich musste nichts antworten. Sie sahen es mir an.
»Er schien sich nach seiner letzten Haftstrafe gefangen zu haben, aber statistisch gesehen werden die meisten … rückfällig. Besonders in Krisensituationen.«
Ich erwischte mich dabei, wie ich mit dem Zeigefinger meine Schläfe rieb. Wie meine Mutter.
So weit war es also schon.
»Wann …?«
»Das erste Mal wurde er erwischt, da war er zwölf. Klaute ein paar Zeitschriften. Der Zeitschriftenklau war eine Art Mutprobe und wurde als dummer Jungenstreich abgetan. Sean wurde verwarnt. Erst, als er ein paar Monate später mit den Händen in einer Tankstellenkasse erwischt wurde, stellte man ihn vor Gericht, und er bekam Sozialdienst aufgebrummt. Nur wenige Wochen später fand man bei ihm einen Walkman, den ein Mitschüler als gestohlen gemeldet hatte. Sean behauptete, er hätte ihn gefunden, die Eltern des geschädigten Jungen verzichteten auf eine Anzeige. Dann wurde es ruhig, bis er fünfzehn war.«
»Das kann nicht stimmen, Sie haben was in Ihren Akten verwechselt«, sagte ich.
»Sein Vater kann sich sehr gut an alles erinnern.«
Ich schüttelte den Kopf.
Er sprach weiter. »Pete Butler erzählte uns, dass seine Frau zu dieser Zeit gerade gestorben war, er selbst war seit der Zechenschließung im Jahr davor arbeitslos. Deshalb zog er mit seinem Sohn nach Edinburgh, nach Portobello. Sean geriet in die falschen Kreise. Er wurde festgenommen, als er mit ein paar älteren Jungs in eine Villa in Morningside eingebrochen war. Er war geständig, verriet aber nicht seine Komplizen, die entkamen.«
»Unterhalten wir uns jetzt über Jugendsünden?« Ich wollte, dass er schwieg.
»Ich bin noch nicht fertig. Es gab weitere Einbrüche, er konnte aber nicht nachweislich mit ihnen in Zusammenhang gebracht werden. Im Gefängnis machte er seine Ausbildung zum Tischler. Nach seiner Entlassung wurde er entweder für eine Weile ruhig, oder er ließ sich nicht erwischen.«
»Sie sind ja ziemlich schnell mit Unterstellungen.«
Er fuhr ungerührt fort. »Mit einundzwanzig war er in eine Pubschlägerei verwickelt, es gab nur eine Verwarnung. Eine weitere Schlägerei nach einem Spiel der Hearts nur wenige Wochen später, wieder nur eine Verwarnung. Insgesamt viermal wurde er verdächtigt, etwas mit Einbrüchen zu tun zu haben, aber die Beweise reichten nicht aus.«
»Vielleicht, weil er gar nichts damit zu tun hatte? Daran schon mal gedacht?« Ich verlor die Geduld.
»Mag sein. Aber Sean Butler hatte seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag noch nicht gefeiert, als er wieder ins Gefängnis musste. Diesmal nicht nur wegen Einbruchs, sondern auch wegen schwerer Körperverletzung.«
»Nein«, sagte ich. »Nein. Nicht Sean!«
Er hob die Hand, damit ich ihn weiterreden ließ. »Die Bewohner des Hauses, in das er mit zwei anderen eingebrochen war, kamen früher als erwartet zurück und überraschten die Täter. Er schlug den Mann bewusstlos, brach ihm die Nase und zwei Rippen. Die Frau sperrte er ins Bad und floh, konnte aber identifiziert werden. Seine Freunde verriet er wieder nicht. Da sie getürmt waren, ohne etwas mitnehmen zu können und kaum Schaden angerichtet hatten, war der Richter nachsichtig, was diesen Teil der Anklage betraf. Der Mann, den er zusammengeschlagen hatte, war aber schwerer verletzt worden, als zunächst
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