Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
es eine Fälschung war. (Nicht, weil sein Vater ihn in gewisser Weise enterbt hatte. Er war ein Versager, nie Vaters Liebling gewesen. Er hätte Lillian eine Fälschung einfach zugetraut.) Natürlich hatte Lillian damit gerechnet, dass er nicht klein beigab. Sie war auf alles vorbereitet.
»Zu viele Zufälle? Ich bitte dich. Es hat alles seine Richtigkeit. Dein Vater wollte noch ein Kind. Wir waren uns aber nicht über den Zeitpunkt einig. Ich fühlte mich zu jung, und William meinte, er müsse sich erst noch von seinem ersten … Vaterschaftsdurchlauf erholen.« Sie saßen mit ihren Anwaltsarmeen in Lillians Londoner Penthousewohnung. Lillian ließ eine Hausangestellte Tee und Gebäck für den Besuch bringen, für sich einen Gemüsesaft. »Dein Vater hat also seinen Samen einfrieren lassen. Zur Sicherheit, sagte er. Wer weiß schon, was in fünf oder zehn oder zwanzig Jahren ist. Das Argument, ich wäre gegen seinen Willen schwanger geworden, greift nicht.« Sie wandte sich an ihre Anwälte. »Stimmt doch?« Lillians Armee nickte.
»Er ist seit 2007 verschwunden«, sagte Cedric. »Zumindest, was den Zeitpunkt der Schwangerschaft angeht, konnte er nicht seine Zustimmung geben. Und es ist auch nicht sicher, ob er sich nicht mittlerweile gegen die Verwendung des Samens entschieden hat.« Er machte eine kurze Pause, um seinen Ekel zu unterdrücken. »Oder hast du Kontakt zu ihm? Die Polizei wäre daran sicherlich sehr interessiert.«
»Ich habe keinen Kontakt zu deinem Vater«, sagte sie. Nicht zu schnell, nicht zu zögerlich, möglicherweise stimmte es. Oder sie hatte Übung mit dieser Aussage. Er würde nicht der Erste sein, der sie danach fragte, ob sie etwas über den Verbleib des mit internationalem Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Schwerverbrechers (seinem Vater) wusste. »Lord Darney – König des organisierten Verbrechens« hatten die Zeitungen getitelt. Die urschottische Geschichte von Jekyll und Hyde bis zum Erbrechen als Vergleich bemüht. Und damit recht gehabt. Sein Vater: Waffenhändler, Menschenhändler, Drogenhändler. Medienmogul, Charitykönig, Titelseitenliebling. Nach einer Fehde mit einem seiner Konkurrenten, die einige unschuldige Opfer gefordert hatte, waren beide Männer spurlos verschwunden und wurden seither erfolglos gesucht. Etwas mehr als zwei Jahre später hatte Cedric erst wieder von seinem Vater gehört. Es war die Nachricht von seinem Tod. Jemand hatte ihn in seinem Haus in der Schweiz, wo er unter falschem Namen lebte, ermordet.
»Wenn mein Vater seine Zustimmung für die Verwendung des Samens nicht geben konnte …«, hob Cedric an.
»Er hat sie gegeben. Er hat schließlich gespendet. Ich habe alles schriftlich. Das ist wasserdicht.« Wieder der Blick zu ihren Anwälten. »Ist es doch?« Die Armee nickte.
»Und dass es ausgerechnet ein Junge geworden ist, wieder so ein Zufall.«
»In der Tat.« Diesmal kam ihre Antwort etwas zu schnell. Diesmal log sie. Cedric wusste es und musste es ihr nur noch beweisen. Sie wusste auch, dass er es wusste. Und dass er es ihr noch nicht beweisen konnte.
»Deine Frauenärztin ist bekannt dafür, dass sie Babys auf Wunsch liefert. Geschlecht, Haarfarbe, Augenfarbe, IQ, einfach alles. Und das ist nicht legal. Die Präimplantationsdiagnostik darf nur feststellen, ob der Embryo gesund ist.«
»Oder ob sich das Baby als Organspender für kranke Geschwister eignet«, fügte einer von Lillians Anwälten hinzu. »Die PID wird immer wieder neu diskutiert, und die Gesetzgebung wird entsprechend nachgebessert. Es gab zum Beispiel kürzlich den Fall, als sich ein taubes Ehepaar unbedingt ein taubes Kind wünschte und deshalb über den Weg der PID …«
»Halten Sie den Mund!«, fuhr Lillian ihn an.
Er schwieg. Machte große Augen, sagte aber nichts.
»Das ist jetzt wohl kaum das Thema«, fügte sie schnell hinzu.
Wunder Punkt getroffen, dachte Cedric. Aber er hatte es von Anfang an gewusst. »Genau das ist unser Thema. Deine Ärztin hat eine Menge Geld von dir bekommen, damit du ein männliches Baby bekommst. Wie viele weibliche Embryos habt ihr weggeworfen? Kannst du nachts schlafen, wenn du daran denkst?«
Er hatte es ganz ruhig gesagt, ganz leise, und es hatte gereicht, Lillian durchdrehen zu lassen. Sie schrie und tobte, und ihre Anwaltsarmee konnte sie nur mit Mühe davon abhalten, Cedric den Hals umzudrehen. Das Ganze war irgendwo zwischen peinlich und erbärmlich.
Er musste es ihr nur noch beweisen, dass sie auf illegalem Weg schwanger
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