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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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folgte er Grimbalds Aufforderung, sich an der Tafel niederzulassen, während sein Höriger Kuhn und Feist ans untere Ende des Tisches verwies.
    Der Herr vom Diemerstein brüllte nach einer Stärkung, und Prosperius’ Lebensgeister regten sich wieder, als aus einer dunklen Ecke der Halle ein weiterer Hauseigener auftauchte, ebenso feist, wie der andere dürr, und Brot, Käse und einen Krug auf den Tisch stellte.
    Entgegen seinen Befürchtungen war das Brot frisch, der Käse schmackhaft, und als sich auch der Inhalt des Krugs als Wein entpuppte, der nur wenig verdünnt seine Kehle wärmte, schien Prosperius’ sein Los nicht mehr gar so grau zu sein als noch vor kurzem.
    »Was will Bandolf von mir?«, fragte Grimbald, nachdem Prosperius seinen Hunger gestillt zu haben schien.
    Hastig schluckte Prosperius das letzte halb zerkaute Stück Brot hinunter. Der Bissen blieb in seinem Hals stecken, und er musste husten. »Mein Herr hofft, Ihr könntet ihm einige Auskünfte über einen Eurer Nachbarn geben«, antwortete er schließlich mit Tränen in den Augen.
    »Tatsächlich? Und über welchen?«
    »Aold vo Clmte«, hustete Prosperius.
    Wortlos schob ihm Grimbald den Weinkrug zu.
    Nachdem Prosperius sich die letzten Krümel, die noch in seinem Hals steckten, hinuntergespült hatte, wiederholte er: »Arnold von Clemante.«
    Grimbald runzelte die Stirn. »Und wozu braucht mein Neffe Auskünfte über den Mann?«
    Während Prosperius berichtete, was er darüber wusste, beobachtete er mit Besorgnis, wie sich das Stirnrunzeln
seines Gegenübers vertiefte. Als er geendet hatte, knurrte Grimbald: »Verdammmich!« und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich wusste doch gleich, dass das Weib mir noch Ärger machen würde.«
    Auf Prosperius’ fragenden Blick antwortete er zunächst nur mit einem verdrießlichen Grunzen, bis er sich endlich zu einer Erklärung bereitfand:
    »Vor einiger Zeit kam ich von der Jagd im Erlenbachtal. Ist gutes Gelände für Schwarzwild«, sagte er. »Und was glaubst du, wer huscht mir da über den Weg, mitten im Wald auf dem Dreispitz, noch dazu ohne Magd oder Knecht weit und breit? Arnolds Weib! Sie war so verschreckt wie ein Huhn, dem man die Gurgel umdrehen will, dass ich schon glaubte, sie möchte mir jeden Moment vor die Füße sinken. Tat sie aber dann doch nicht. Als ich wissen wollte, was sie so weit draußen im Wald zu suchen hätte, murmelte sie etwas von einer Kranken, die ihrer Hilfe bedürfe. Nicht, dass ich ihr ein Wort geglaubt hätte, aber was sollte ich mich einmischen? Also ließ ich sie ihres Wegs gehen.«
    »Wann war denn das?«, erkundigte sich Prosperius.
    Grimbald kniff die Augen zusammen. Dann brüllte er in die dunkle Ecke hinein, in die der schmerbäuchige Hörige wieder verschwunden war. »Otwin! Wann habe ich die Bache vom Erlenbachtal mitgebracht?«
    »’s war am Tag des Apostels Matthias, Herr«, kam Otwins Stimme aus dem Dunkeln zurück.
    »Da hast du es«, meinte Grimbald. »Und damit nicht genug, tauchte am nächsten Morgen Arnold selbst vor meiner Pforte auf und wollte wissen, ob sein Weib auf dem Diemerstein um Obdach gefragt hat.«
    Neugierig beugte sich Prosperius vor. »Was habt Ihr ihm gesagt?«
    »Was soll ich ihm gesagt haben? Bin ich der Türsteher
eines Klosters? Nichts habe ich ihm gesagt. Da zog er wieder ab.«
    »Ihr habt ihm nicht erzählt, dass Ihr seinem Weib begegnet seid?«, wiederholte Prosperius erstaunt. »Warum denn nicht?«
    Der Herr vom Diemerstein verzog das Gesicht zu einer abfälligen Grimasse. »Der Kerl war mir zuwider, vom Tag an, als er ins Isenachtal kam, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Wie er zu seiner Hufe gekommen ist, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass es ihm gelungen ist, das gute Land innerhalb einer Dekade zugrunde zu wirtschaften und mit jedermann in Streit zu geraten. Und mehr will ich nicht wissen.«
    Mit einer unwirschen Geste verbot er sich jede weitere Frage und leerte seinen Becher. Laut gähnend stand er auf, beschied Prosperius, er solle sich niederlegen, wo es ihm gefiele, und warf sich dann ohne viel Federlesens auf sein eigenes Lager vor dem Kamin. Innerhalb eines Lidschlags war lautes Schnarchen zu hören, das sich mit Kuhns und Feists tiefen Atemzügen mischte, die sich schon vor einiger Zeit niedergelegt hatten.
    Prosperius seufzte enttäuscht. Das war gewiss nicht viel, was er dem Burggrafen an Neuigkeiten mitbringen konnte. Während er sich noch nach einem Platz umschaute, wo er sich mit möglichst

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