Das Ziel ist der Weg
der katholische Theologe Dom Helder Pessoa Camara: »Wichtiger aber ist es, die Straße, und mit ihr uns alle — denn alle sind wir der Straße vergleichbar — , daran zu erinnern, dass es für sie und für uns darauf ankommt, als Weg zu dienen und anderen zu helfen, dass sie ihren Weg gehen können.«
Der Jakobsweg von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Burgos führt über die Pyrenäen, durch die Hügel navarrischer Kornfelder und die Weinanbaugebiete der La Rioja. Monumente jahrhundertelanger Jakobuspilgerschaft begegnen den Pilgern in rascher Reihenfolge. Sie wurden für die zahlreichen Pilger errichtet, die auf dieser Strecke auch schon im Mittelalter den Hauptstrom Richtung Santiago bildeten. Hier waren nun all jene unterwegs, die den drei großen französischen Pilgerrouten gefolgt waren und zu denen nun auch noch die Pilger der großen vierten französischen Route aus Arles hinzutraten.
Pilger verlassen Saint-Jean durch das Santiago-Tor und treffen bald darauf auf den ersten mit gelber Farbe gemalten Pfeil, der den Weg nach Santiago anzeigt. Unzählige gelbe Pfeile werden ihnen noch bis zum Ende ihres Pilgerwegs die Richtung weisen. Steil steigen sie hinauf in die Pyrenäen, passieren eine Marienstatue und wandern weiter in der kargen, grünen, archaischen Berglandschaft, von der sie eine malerische Aussicht auf die Täler und das Pyrenäenvorland hinter sich haben. Wenn die Pilger den Cisa-Pass erreicht haben, liegen die spanische Grenze und ungefähr 1300 erklommene Höhenmeter seit Saint-Jean hinter ihnen. Steil gehen sie hinab durch Eichenwälder zum Augustinerkonvent Roncesvalles. Hier befindet sich die Stelle, an welcher der fränkische Held Roland sein Leben in der Nachhut Karls des Großen bei dessen Rückzug aus Spanien lassen musste. Der mächtige Bau beherbergt seit dem 12. Jahrhundert Jakobuspilger aus ganz Europa. Im Mittelalter wurden nach dem beschwerlichen Pyrenäenübergang nicht wenige Pilger hier wieder gesund gepflegt.
Stets den gelben Pfeilen folgend, durch das Pyrenäenhügelland, durch Waldgebiete und kleine Weiler hindurch überqueren die Pilger schließlich den Erro-Pass. Sie kommen an den mittelalterlichen Brücken über den Río Arga in Zubiri und Larrasoaña vorbei. Auf einem Höhenweg entlang des Flusstals erreichen sie schließlich über die alte Pilgerbrücke das Kloster Trinidad de Arre. Über eine weitere Pilgerbrücke und durch das Portal de Francia gehen sie hinauf in die Altstadt Pamplonas. Nachdem sie aus dem Dunkel der Kathedrale und der Iglesia San Cernin wieder ins südliche Licht getreten sind, liegt die Hügelkette mit der Passhöhe Puerta del Perdón vor ihnen. Über Feldwege steigen sie ungefähr 300 Höhenmeter empor, bevor sie die Fernsicht über die Ebene mit ihrem pastellfarbenen Flickenteppich aus Äckern und Wiesen überwältigt. Sie steigen hinab und gelangen über Dörfer und einfache Wege zur romanischen Totenkirche der Templer Santa María de Eunate, die einen außergewöhnlichen, achteckigen Grundriss aufweist. Einsam und verlassen steht sie auf weiter Flur. In ihrer Nähe vereinigt sich ihr navarrischer Weg mit dem hinzukommenden aragonischen Weg zum »Camino Francés«: Alle Pilger aus Frankreich gehen nun dieselbe Strecke bis nach Santiago. Die Pilger ziehen weiter nach Puenta la Reina und über die im Auftrag der Königin von Navarra für die Jakobuspilger gebaute Brücke aus dem 11. Jahrhundert. Nachdem sie so an das andere Ufer des Río Arga gelangt sind, steigen die Pilger einen lehmigen Abhang hinauf. Über rote, fruchtbare Felder, alte Brücken und an spätromanischen Dorfkirchen vorbei erreichen sie schließlich das schöne Estella, reich an romanischen Monumenten.
Einen Moment verweilen die Pilger hier im Schatten des romanischen Kreuzgangs von San Pedro de la Rua, bevor es sie weiterzieht zum Kloster Irache am Fuße des Montejurra, dann vorbei am mittelalterlichen »Maurenbrunnen« und auf endlos scheinenden Feldwegen zum Renaissanceturm der Iglesia Santa María von Los Arcos. Weiter über Felder gelangen sie zur anmutigen Einfachheit der Templerkirche Santo Sepulcro in Torres del Río. Durch die Landschaft der La Rioja, geführt von gelben Pfeilen, nehmen die Pilger den Weg über die alte Bogenbrücke in die Altstadt von Logroño mit der Bischofskirche Santa María la Redonda, deren barocke Zwillingstürme alles überstrahlen. Sie verlassen die Altstadt durch das Stadttor Puerta del Camino, gehen entlang des Stausees Pantano de Grajera und
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