Das Zimmer
gelang, Eichhörnchen auf die eigene Hand zu locken, er mußte da eine spezielle Technik haben. Anfänglich war ich sehr verwundert, weil ich erwartet hätte, daß ihm das nie und nimmer gelingen würde und daß er sich eine Nuß nur mit dem Ergebnis auf die flach ausgestreckte Hand legen würde, daß natürlich niemals ein Eichhörnchen an ihn herankommt, sondern daß ihn alle sofort fliehen und sozusagen erschrocken einen Bannkreisvon mindestens fünfzig Metern um ihn ziehen, alle die Eichhörnchen im Bad Nauheimer Wald oder im Kurpark, überhaupt die ganzen Wetterauer Tiere. Nein, bei meinem Onkel kamen sie so gut wie immer, und dabei sah er wirklich schlimm aus, wie er mit vorgeschobenem Unterkiefer und, bei fortgeschrittenem Alter, immer buckliger dastand, um auf das Eichhörnchen zu warten.
Er fährt die Hauptstraße hoch, biegt durch die Gassen der Altstadt, und wenn wir es Anfang Herbst sein lassen im Jahr der Mondlandung an diesem Tag meines Onkels J., dann steht ein Hänger vor ihm in der Keltergasse, da kommt er nicht durch. Der Hänger ist voller Äpfel und wird gerade rückwärts in den Hof gefahren. Auf dem Traktor sitzt ein Mann, daneben steht ein Junge, vorn eine Frau und weist den Fahrer rückwärts ein. Vorsicht, ruft der Mann, J. kennt ihn natürlich, er heißt Karl Maiwald, der Junge ist sein Sohn Martin, die Frau ist Karls Frau Christine. J. bleibt stehen und steigt aus, um zuzuschauen, wie sie den Hänger auf den Hof bringen, noch sind sie nicht um die Kurve. Die Familie Maiwald hat auch eine Tochter, sie heißt Julia, ist aber nicht zu sehen. Sie sind noch nicht zu einem Drittel um die Kurve, als das hintere Brett am Hänger aufklappt und ein Teil der Apfelladung herausfällt. Maiwald bremst, betätigt die Handbremse und steigt langsam vom Traktor. Dann lehnt er sich gegen denHänger und fragt, wer denn zuletzt die Klappe verriegelt habe. Dein Sohn, ruft seine Frau. Währenddessen beginnen einige Äpfel die Keltergasse hinunterzukullern, genau auf meinen Onkel zu. Die Äpfel, ruft J., und beginnt, einige aufzulesen. Es kullern aber nicht viele die Straße hinunter, die meisten bleiben im Hof liegen. Im Hoftor erscheint kurz auch Julia Maiwald, verschwindet aber gleich wieder. Vom Hof aus hört man ein Lachen und ein langgezogenes Eieiei.
J. geht auf Maiwald zu und sagt, hier, die Äpfel.
Der Martin hat also die Lade verriegelt, sagt Maiwald und wirft die Äpfel aus J.s Hand auf den Hänger zurück.
J. sieht jetzt, daß etwa ein Drittel der Ladung in der Einfahrt liegt, daß hinter der Ladung Julia Maiwald steht und daß sich außerdem auch Gerd Bornträger auf dem Hof der Maiwalds befindet, mit einem leeren Kanister in der Hand sitzt er auf einer Bank.
Ei, der J., ruft Bornträger, da versammeln sich ja alle wieder bei den Äpfeln!
Seit einigen Tagen wird im Hof der Maiwalds gekeltert, und Bornträger, der ebenfalls in der Altstadt wohnt, möchte sich Most holen. Der Hof der Maiwalds ist während der Kelterzeit stets ein Anlaufpunkt für das ganze Viertel, die Leute kommen auch im Apollojahr mit ihren Flaschen und Kanistern auf den Maiwaldhof wie ehedem. Während Bornträgersitzen bleibt (seinen Kanister stellt er neben sich auf den Boden), holt die Christine Körbe, und der Martin holt die Gabel. Nun schaufeln sie die Äpfel zuerst in die Körbe und leeren die Körbe in den wieder verschlossenen Hänger. Julia liest mit der Hand, Apfel für Apfel, Bornträger schaut ihr zu (J. auch).
Wenn du Süßen willst, sagt Maiwald zu J., der J.s Blick auf seine Tochter nicht zu bemerken scheint, ich hab gestern gekeltert, heut nicht, heut warn wir lesen.
Nein, sagt J., er wolle ins Forsthaus Winterstein und komme nur zufällig vorbei, er wolle zum Forsthaus, da habe es diese Woche doch die Jagd gegeben, eine ganz große Jagd habe es oben im Wald gegeben, bis nach Mörlen, die größte Jagd seit langem.
Und während die Familie Maiwald mit den Äpfeln beschäftigt ist, die grün und gelb und vor allem rot auf dem Boden herumliegen, schauen die Hofgäste zu. Julia ist inzwischen auf die Knie gegangen und liest unter dem Hänger, die eine Hand auf den Boden gestützt, die andere sammelnd, neben ihr ein Korb. Da liegt nun also der Hof vor ihm, vor J., der Maiwaldhof, und J. hätte sicherlich Augen für den Traktor oder wenigstens die Presse dort hinten im Hof gehabt, die einsatzbereit dasteht, heute aber nicht benutzt wird, er hätte sich sicherlich wie immer gern die Funktionsweise der Presse und
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