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Das zweite Gesicht

Titel: Das zweite Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Haushälterin auch für die Rosen verantwortlich w ar. Rechts befand sich eine T ü r. Sie war geschlossen.
    Chiara war übel vor Anspannung, als sie darauf zuging. Was sie er w artete? Sie wusste es nicht.
    Die Klinke ließ sich herabdrücken, die Tür schwang auf. Dahinter lag das Bad. Natürlic h . Sie hätte sich sel b st ausgelacht, wäre sie n i cht so aufgeregt gewese n . Der Kloß in ih r em Hals wollte s i c h auch j e t z t noch nic h t lösen, a l s hätte sich zwar ihr Verstand, nicht aber ihr Instinkt da m it abgefunden, dass sie nichts finden würde.
    Zwischen einer Badewanne m it vergoldeten Füßen und einem luxuriösen W aschbecken aus Mar m or befand sich eine Tür, eher eine Luke, die m it Tapete überklebt worden war.
    Schwarze Einschnitte im Mus t er v er r ieten ihren U m riss. Chiara würde sich bücken m üssen, um hindurchzuschlüpfen.
    Wollte s i e d as wirklic h ? W ar sie n i cht schon v i el zu weit gegangen?
    Sicher, und gerade deshalb m acht es jet z t au c h nichts m ehr aus, wenn du diese Sache zu Ende bringst. Strafbar ge m acht hast du dich so oder so.
    Die tap e zierte T ü r hatte kein e n Gri ff . Nur ein Schlüsselloch auf Höhe ihrer Oberschenkel. Es war sehr groß, und nur ein Schlüssel am Bund kam d a für infrage.
    Bevor sie i h n hineinsc h ob, wollte sie sich vergewisser n , dass Mas k en in der Zwischenzeit ni cht z u rück g ekehrt war. Sie eilte aus dem Bad, hinüber zum Fenster des Schlafzimmers. Vorsichtig schob sie den Vorhang einen Spalt beiseite und bemerkte, dass sie von hier aus den Vorplatz und die Einfahrt nicht sehen konnte. Sie würde  aus einem der anderen Z i m m er hinausschauen müssen.
    Hin- und hergerissen zwisc h en ihrer Neugier und dem Drang, sich abzusichern, blieb sie einen Augenblick unschlüs s ig stehen. Um zur Vorderseite des Hauses zu gelangen, m usste sie hinaus auf den langen Flur, der an allen Z i mmern vorbeiführte. Bis nach vorne waren es sechzig, siebzig Meter. Auf e i ne perfide, selbstquälerische Weise widerstrebte es ihr, dem Schlafzimmer und der Tür im Bad den Rücken zu kehren.
    Aber die Vernunft siegte über ihre N eugier und trieb sie den Korridor hinunter. Sie b l ieb nicht stehen, um noch ein m al ins Haus hinab zu lau s chen, sondern verharrte erst im K a m i nzimmer, a m mittleren der drei hohen Fenster.
    Der Vorplatz war le e r, Gott sei Da n k. Sie at m ete au f .
    Sie wollte sich ge r ade abwenden, als ihr d i e beiden Lichter auffielen, die d urch das s chwarze Ö dland d e r Abstellgleise näher ka m en. Sie konnte das Auto m obil nicht erkennen, nur die beiden Glutaugen in der Nacht. Nie m and a ußer Masken verirrte sich um di e se Uhrzeit hierher.
    Ein letztes scharfes Durchat m en, dann rannte sie zurück ins Schlafzimmer. Sie musste alle Türen schließen, sich irgendwo verstecken und später versuchen, unbe m erkt das Haus zu verlassen.
    Ihr Blick fiel erneut auf die ta p ezierte Tür. Das Muster war verschlungen, stilisierte Äste aus Bronze- und Gold f arbe, daran trop f en f ör m ige Blätt e r m it schar f en Spitzen, fast wie Fangzähne. Die Spiralen und verdrehten Verläufe übten einen hypn o tischen Sog aus, eine Aufforderung, länger hinzuse h en, stehen zu bleiben, abzuwarten.
    Sie riss sich davon los, wunderte sich über sich selbst, wollte d i e Badtür en d gültig schließen – und verh a rrte
    aber m als.
    Wenn sie nun keine zweite Chance bekä m e, hinter die  Tür zu schauen?
    Sie hö r te d en Mot o r d es Auto m obils. E r v e rstum m te. Eine W agentür schlug. Wenn sie Glück hatte, würde er erst zum Gittertor ge h en und abschließen. Ja, das würde er bestim m t .
    Sie hatte Zeit. Drei, vier Minuten.
    Hastig lief sie zur Schla f zimmertür und drückte sie von innen zu. Ging ins Bad und sch l oss auch hier die Tür. Dann erst wandte sie sich der Luke in der W and zu. W enn Masken jetzt heraufkam und als Erstes die Toilette benutzen w ollte, war sie geliefert. Hier drinnen gab es kein Versteck.
    Außer hinter der Luke.
    Sie m usste sie öffnen, so oder so.
    Mit bebenden Fingern schob sie den Schlüssel hinein. Das Schloss klickte, als sie ihn drehte, und sie musste ihn stecken l a s s en, um m it i h m die T ür aufzuziehen. Das sch m ale Rechteck in der W and öffnete sich in ihre Richtung und schob dabei e i ne weiche Bade m atte zusam m en, von denen m ehrere den Boden bedeckten.
    Auf einer e n tdeckte Chiara Sch m utz.
    Stam m t e d e r von ihr? Ihre Schuhsohlen hatten kein Pro f

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