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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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gleichen Chancen, Las. Du könntest mich mit deinen
Händen erwürgen. Höre zu. Ich werde dir jetzt etwas erzählen.
Nachher wirst du vermutlich keine Lust mehr zu dieser Tätigkeit haben.«
    Im bronzenen Gesicht des Piraten verzog sich nicht ein Muskel. Er ließ
sich auf einen Stuhl nieder, nahm den schwarzen Mantel von den Schultern und
warf ihn achtlos über das Lager.
    »Ich höre«, sagte er. Der Hobsie auf seiner Schulter betrachtete
den Forscher mit großen Augen, aber Guy hatte nichts anderes in seinem
Gesicht als ein amüsiertes Lächeln. Er brachte es trotz der Schmerzen
fertig, die durch seinen Körper rasten.
    »Du, Las«, sagte Aidon langsam und mit Nachdruck, »bist vermutlich
alles andere als dumm, sonst würdest du nicht mehr leben. Dieses Tier bringt
den Tod. Die erste Berührung mit ihm hat ein Virus übertragen. Es
wird deine Zellen zwingen, das native Eiweiß umzuformen und sich dadurch
zu vermehren. Und wenn es sich genügend vermehrt hat, dann werden diese
verfallenden Stoffe dein Blut so lange vergiften, bis dein Herz nicht mehr mitmacht
und stehen bleibt. Das dauert etwa sechs Tage. Dann wirst du zehn Stunden lang
sterben. Das ist nicht schön; während dieser Zeit leidest du entsetzliche
Schmerzen. Mir zum Beispiel verbleiben noch etwa acht Stunden. Dann werde ich
vor deinen Augen sterben. Nur das Morphium aus der Bordapotheke hilft ein wenig.
Nach sieben Tagen bist du an der gleichen Stelle – leider.«
    »Du bist wahnsinnig, Aidon!«, flüsterte Las heiser.
    »Ich bin es nicht. Sollte es nicht jener Hobsie gewesen sein, der dich
infizierte, dann war es etwas anderes. Die Wände dieses Felsens sind mit
dem Virus behaftet, die Türgriffe und alles. Du bist am Ende deiner Fährte
angelangt. Die Jagd ist aus.«
    Las nahm das Tier, setzte es vorsichtig ab und schob es mit der Hand zur Tür
hinaus. Er bewahrte Haltung.
    »Du kannst nicht starten«, fragte Guy, »dein Schiff ist zerstört?«
    »Du sagst es«, murmelte Las. Er dachte sämtliche Möglichkeiten
durch, seinem Schicksal zu entkommen. Am Ende seiner Gedanken stand aber die
Einsicht, dass er keinen einzigen Ausweg hatte. Doch – einer blieb ihm
jedenfalls.
    »Das ist das Ende, wie?«, fragte er sinnend.
    Aidon nickte und stand auf. Er holte zwei Gläser und schenkte sie randvoll.
Der Schnaps war aus der SEARCHER, die jetzt irgendwo im Raum dem Imperium entgegentrieb.
Ein Glas wurde über den Tisch gereicht. Gleichzeitig mit dem bläulichen
Licht verschwand die gekrümmte Gestalt des Archäologen aus der Halle.
     
    Las Vetura sah die Verzierungen der Wände an. Das tat er eine Weile mit
der Geduld eines alten Mannes. Dann setzte er sich auf den Rand der Plattform
und stützte den Kopf in die Hände. Plötzlich stand er auf und
ging den Weg zurück, den er gekommen war. Das Funkgerät stand auf
dem Tisch in Aidons Zimmer. Er schaltete es ein, wartete, und begann dann, zu
reden. Er sprach zwei Stunden lang. Nichts unterbrach ihn. Dann schaltete er
ab, hängte das Mikrophon sorgfältig ein und hob anschließend
das schwere Gerät auf seine Arme. Er ging bedächtig zum Fenster, das
noch von den letzten Strahlen der Axarnea getroffen wurde, und ließ das
Gerät fallen. Der Kasten traf auf den Rand einer Galerie und zersprang
mit einem hässlichen Geräusch.
    Niemand würde mehr auf diesem Planeten zu reden brauchen. Reden nicht,
dachte Las, aber handeln. Dann machte er sich auf den Weg. Er wollte zum Schiff
zurück. Die Überzeugung, die Gewissheit, allein auf einem ganzen Planeten
zu sein, stürzte seine Gedanken in eine bodenlose Tiefe, aus der er sich
weder befreien konnte noch wollte. Nach zehn Minuten war er in der zerstörten
Schleuse seines Schiffes. Er bog nach rechts ab, wo die Laderäume zu finden
waren.
     
    Langsam tappte Guy den verschlungenen Weg entlang. Er fühlte sich besser,
aber die große Dosis Morphium, die in seinem Kreislauf zirkulierte, würde
nicht länger als ein paar Stunden ausreichen. Bis dahin, hoffte er nur,
würde er aber schon nicht mehr leben. Der Tempel kam in Sicht. Aidon schritt
weiter aus.
    Und jetzt begriff er plötzlich mit großer Klarheit: In den letzten
Jahren war er einsam geworden. Alle, die mit ihm jung gewesen waren und erfolgreich,
befanden sich, fast unsterblich geworden durch die Zellenbehandlung auf Khorsabad
Nova, in anderen Teilen des Riesenreiches. Sie waren verschwunden in der großen

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