Das Zweite Imperium
längliches Feld für den Daumenabdruck – das war alles. Aber was für ein Geschenk! Jeder dieser Abschnitte war ein Vermögen wert! Welchen Betrag sie auch einsetzte – der Zettel war bares Geld. Sie konnte sich praktisch alles kaufen – von einem Paar Strümpfe für einen halben Kredit bis zu einem überschweren Raumschiff ... Bei dem Gedanken daran verging ihr die Lust zum Einkaufen. »Kim – ich kann es einfach nicht!« klagte sie über ihre Lens. »Warum hat man mir nicht mein eigenes Geld gegeben?«
»Weil dir jeder Betrag zusteht, den du brauchst, Mac!«
»Ich weiß – aber ich hätte lieber mein eigenes Geld ausgegeben. Ich habe nicht um diese Sachen gebeten.«
»Als Lens-Trägerin kannst du dich solchen Dingen nicht entziehen, Mac. Außerdem brauchst du keine Skrupel zu haben. Selbst wenn du dein ganzes Leben damit verbrächtest, sinnlos Geld auszugeben, wäre dir die Patrouille immer noch einen großen Betrag schuldig. Du darfst nicht vergessen, was du auf Lyrane geleistet hast. Wo möchtest du jetzt anfangen?«
»Bei Brenleer!« sagte sie nach kurzem Zögern. »Ich habe mir sagen lassen, daß man dort gut bedient wird.«
In dem Modesalon wurde Clarissa sofort erkannt.
»Ich möchte mich einkleiden«, sagte sie. »Es kommt praktisch alles in Frage – nur keine weißen Uniformen.« Der Geschäftsführer verbeugte sich und geleitete sie in einen Vorführraum, in dem sie die nächsten zwei Tage verbrachte. Als sie ihre Auswahl getroffen hatte und die langwierigen Anproben vorüber waren, trat Kimball Kinnison eine verwandelte Clarissa gegenüber.
»Du hast mich bisher nur einmal in Kleidern gesehen – und damals hast du mich kaum angeschaut«, sagte sie. »Jetzt schau mich an!« Und kokett drehte sie sich im Kreise.
Kinnison starrte sie sprachlos an. Schon in verwaschenen Hosen und einem fleckigen Hemd war sie ein bildschönes Mädchen – von ihrer Schwesterntracht ganz zu schweigen. Doch jetzt fehlten ihm die Worte. Einen solchen Lens-Träger hatte es noch nicht gegeben.
Wortlos nahm er sie in die Arme.
Einen Tag später waren sie in der
Dauntless
unterwegs nach Klovia. Noch ehe sie ihr Ziel erreichten, erhielten sie einen Vorgeschmack von dem, was sie erwartete. Das Schiff wurde von einer Heerschar von Raumern aller Größen und Klassen begrüßt, die ihm in wildem Durcheinander das Ehrengeleit gaben. Die Menschenmenge am Raumhafen ließ sich kaum bändigen, als Kinnison und Clarissa das Schiff verließen und in einem geschmückten Wagen durch die Straßen fuhren.
Die nächsten Tage waren sehr hektisch. Offizielle und private Parties und Bälle lösten einander ab, und täglich standen mindestens zwölf Telenews-Interviews auf dem Programm – ganz zu schweigen von den zahlreichen Empfängen, auf denen sich die Würdenträger von tausend Welten die Ehre gaben.
Von überall aus der Galaxis kamen Lens-Träger angereist, um mit dem Galaktischen Koordinator Bekanntschaft zu schließen und die Lens-Trägerin in ihren Reihen willkommen zu heißen. Die Erde entsandte natürlich die größte Abordnung, doch auch die anderen Planeten waren zahlreich vertreten – Manarka, Velantia, Chickladoria, Alsakan, Vandemar, Wega und Antares – sie alle schickten ihre Repräsentanten, die allen denkbaren Rassen und Gattungen angehörten. Sie alle kamen mit der Absicht, dem Brautpaar zu gratulieren und ihm das Glück des Universums zu wünschen.
Kinnison war überrascht von der Sympathie, die ihm und seiner Braut von allen Seiten entgegenschlug, und er freute sich über die Selbstverständlichkeit, mit der die Lens-Trägerin in den Reihen der Lens-Träger willkommen geheißen wurde. Er hatte befürchtet, daß man ihm seine Entscheidung, sie zu einer Lens-Trägerin zu machen, als Anmaßung und Eigenmächtigkeit auslegen würde und daß der verletzte männliche Stolz der Lens-Träger, die bisher unter sich gewesen waren, Clarissas Lage unerträglich machen würde. Doch seine Befürchtungen erwiesen sich als grundlos.
Clarissa konnte sich der Lens-Träger kaum erwehren. Keine Party durfte ohne sie stattfinden, wenn sie gelingen sollte. Sie war ständig von etwa zehn Begleitern umgeben, die sich um sie kümmerten, sie zum Essen ausführten, mit ihr tanzten und ihr keine ruhige Minute gönnten – doch sie genoß jeden Augenblick.
Clarissa hatte sich eine große Hochzeit gewünscht, doch wie es sich herausstellte, sollten ihre Hoffnungen noch bei weitem übertroffen werden. Die Absicht, die Zeremonie in einer
Weitere Kostenlose Bücher