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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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weißt du«, bemerkte Cædmon und biß in das weiche, noch heiße Gerstenbrot, das er bekommen hatte.
    Luciens Gesicht zeigte keine Regung. »Du sollst dich auf der Stelle zum Dienst melden.«
    Cædmon rührte sich nicht. »Mein Dienst beginnt am Sonntag.«
    »Er beginnt jetzt. Eine Abordnung englischer Schweinehirten ist hier, du wirst gebraucht.«
    »Ah ja? Und wer genau sind die Schweinehirten?«
    »Was weiß ich. Zwei Brüder namens Edwin und Morcar und irgendein Bischof.«
    »Der ja dann wohl eher ein Schafhirte wäre. Edwin und Morcar sind, nachdem keiner der Godwinsons mehr übrig ist, die vornehmsten englischen Adligen.«
    »Das ist mir gleich. Jedenfalls wünscht der Herzog, dich zu sehen. Jetzt gleich. Wenn du nicht freiwillig mitkommst, kann ich auch ein paar Männer der Wache abkommandieren …«
    Cædmon verspeiste sein letztes Stück Brot. »Das hättest du wohl gerne, was? Ich habe festgestellt, daß du nicht mehr in unserem Zelt wohnst, Lucien. Sollte es möglich sein, daß du zu höheren Weihen aufgestiegen bist?«
    »Ich befehlige die Leibwache des Herzogs.«
    »Oh. Meinen Glückwunsch.«
    Lucien zeigte nicht einmal den Anflug eines Lächelns. Ohne ein weiteres Wort führte er Cædmon durch den Schneematsch zu Williams Zelt und ruckte das Kinn Richtung Eingang.
    Cædmon nickte und trat ein.
    Der Herzog der Normandie saß auf einem thronartigen Sessel und ließ sich wieder einmal rasieren. Seine Miene zeigte die so typische Ungeduld. Als er Cædmon entdeckte, hellte sich sein Gesicht merklich auf. »Es ist also wahr, Ihr seid gekommen.«
    Cædmon trat näher und sank vor dem Herzog auf ein Knie nieder. »Ich bin verwundert, daß Ihr diesbezüglich Zweifel hattet, Monseigneur.« William zeigte sein Wolfsgrinsen. »Nun, sagen wir, ich war nicht ganz sicher. Ihr Angelsachsen seid nicht gerade dafür bekannt, daß ihr immer der Stimme der Vernunft folgt.«
    »Nein. Aber wie Ihr selbst sagtet, Monseigneur: Ich bin zur Hälfte Normanne.«
    »Und ich bin froh zu sehen, daß Ihr Euch darauf besonnen habt. Erhebt Euch, Cædmon. Vier Männer sind aus London hergekommen. Oder genauer gesagt, drei Männer und ein Kind. Aldred, Edwin, Morcar und Edgar Ætheling. Was wißt Ihr über sie?«
    »Ich habe keine Ahnung, wer Aldred ist.«
    »Er ist der Erzbischof von York, Ihr solltet ihn kennen.«
    »Vielleicht wurde er Erzbischof, nachdem ich nach Rouen kam. Und York ist sehr weit weg.«
    »Das ist wahr.« William nickte, und der Barbier zog das Messer nichtschnell genug zurück. Durch seine eigene Bewegung ritzte der Herzog sich die Wange ein. Mit einem unwilligen Knurren packte er den glücklosen Diener am Arm und schleuderte ihn von sich. »Besser, du gehst mir aus den Augen, du Tölpel, ehe ich auf die Idee verfalle, dir die verdammte Hand abhacken zu lassen!«
    Der Barbier stammelte eine Entschuldigung und floh.
    William wischte sich das Kinn mit einem weißen Leinentuch ab. »Weiter, Cædmon.«
    »Edwin ist der Earl of Mercia, sein Bruder Morcar Earl of Northumbria. Er hat letztes Jahr Tostig Godwinson gestürzt.«
    »Mit Harold Godwinsons tatkräftiger Unterstützung, heißt es.«
    »Ja. Deswegen hat Tostig auf Harald Hårderådes Seite gekämpft.«
    William zog verblüfft die Brauen hoch. »Was wißt Ihr darüber?«
    Cædmon zögerte einen Moment, dann berichtete er William alles, was Hyld und Erik ihm offenbart hatten. Es spielte schließlich keine Rolle mehr. Harald Hårderåde von Norwegen war ebenso mausetot wie Harold und Tostig Godwinson.
    William verzog angewidert den Mund. »Was für ein tollwütiges Pack diese Godwinsons doch waren. Mir scheint, der einzig Anständige von ihnen genießt meine Gastfreundschaft in Rouen.«
    »Ja. Und vielleicht könntet Ihr Euch entschließen, ihn aus Eurer Gastfreundschaft zu entlassen, jetzt da Ihr kein Druckmittel gegen England mehr braucht.«
    Der Herzog runzelte bedrohlich die Stirn. »Wenn ich Eure politischen Ratschläge wünsche, werde ich es Euch wissen lassen.«
    Cædmon verschränkte die Arme und sagte lieber nicht, was ihm auf der Zunge lag.
    Doch William schien seine Gedanken zu erraten. »Als ich sagte, Ihr solltet der Fürsprecher Eures Volkes werden, meinte ich nicht gerade diejenigen, die meinen Anspruch gefährden und zum Kopf einer Rebellion werden könnten.«
    »Es gäbe nichts, das Wulfnoth ferner liegen könnte. Er hat nicht das leiseste Interesse an Macht oder Einfluß. Aber …«
    »Er ist ein Godwinson!« fiel William ihm barsch ins Wort. »Und

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