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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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war … ein sehr treuer Gefolgsmann«, murmelte der König.
    »Ja, Sire. Das war er gewiß.«
    »Ich entsinne mich noch genau, wie er mich bei Nacht und Nebel aus Rouen fortbrachte, nachdem mein Onkel versucht hatte, mich zu vergiften. Ich war … ich weiß nicht mehr. Acht oder neun. Zu Tode verängstigt. Sie waren hinter uns her, die ganze Zeit. Aber Jehan schüttelte sie ab und brachte mich nach Falaise zu meiner Mutter.« Er hob plötzlich den Kopf und sah Cædmon an. »Und zu Eurer. Es wird sie hart treffen, wenn sie hört, daß er tot ist.«
    Cædmon nickte. »Sire … ich bedaure, diesen Abschied zu stören, aber Toki Wigotson wartet unten in der Halle mit wichtigen Neuigkeiten.«William blickte noch einen Moment auf seinen einstigen Beschützer hinab, nahm die runzligen Hände des Toten und legte sie über der eingefallenen Brust zusammen. Dann stand er auf und wandte sich entschlossen ab. »Toki, sagt Ihr? Ich komme sofort. Seid so gut und benachrichtigt meinen Kaplan von Jehans Hinscheiden. Er soll alles Nötige veranlassen.«
    »Natürlich, Sire.«
    Cædmon hielt ihm die Tür auf und bat einen jungen Mönch, der ihnen im Korridor entgegenkam, nach dem Kaplan zu schicken, ehe er dem König in die Halle hinunter folgte, wo der junge, englische Bote mit seinem Becher in der Hand wartete und ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat. Als er den König eintreten sah, stellte er den Zinnbecher auf dem Tisch ab, machte zwei Schritt auf William zu und sank vor ihm auf die Knie. »Mein König.«
    Die Halle war fast menschenleer um diese Stunde am frühen Nachmittag. Die warme Sommersonne hatte die meisten ins Freie gelockt; eine große Jagdgesellschaft war vorhin in die Wälder außerhalb der Stadt aufgebrochen. William ließ sich in seinen Thronsessel sinken und erlaubte dem Boten mit einer Geste, sich zu erheben. »Was habt Ihr mir aus dem Vexin zu berichten, Toki?«
    »Nichts Gutes, fürchte ich, Sire.«
    William drückte das Kinn auf die Brust. »Ich höre.«
    Toki Wigotson fuhr sich kurz mit der Zunge über die Lippen. »Der junge Comte Simon de Vexin stand treu zu seinem Wort, Sire. Seit er die Nachfolge seines Vaters angetreten hat, hat der französische König vergeblich an seine Tür geklopft. Simon gab nichts auf seine Versprechungen und hielt unsere Südostgrenze unerschütterlich gegen Philip. Dann … dann vermählte der junge Simon sich mit Judith, der Tochter des Grafen der Auvergne.« Er brach ab.
    William verschränkte die Arme in einer Geste mühsam unterdrückter Ungeduld. »All das ist mir nicht neu, ich selbst habe diese Ehe vermittelt.«
    Der Bote räusperte sich. »Ich weiß, Sire. Die Hochzeit fand vor einer Woche statt. Ich war dort. Es war … ein ausgelassenes Fest mit glücklichen Brautleuten, so schien es. Doch am nächsten Morgen … am nächsten Morgen verkündete Simon, er und seine Braut hätten über Nacht beschlossen, der Welt zu entsagen und …«
    »Was?«
    »Er begab sich umgehend nach Saint-Claude ins Kloster, Sire«, fuhr Toki fort und schluckte nervös.
    Der König hatte die Hände so fest um die Armlehnen seines Sessels gekrallt, daß die großen Knöchel schneeweiß wurden. »Weiter.«
    »Das Vexin war plötzlich über Nacht ohne Führung. Und der König von Frankreich hatte Dutzende von Spionen auf der Hochzeit und erfuhr sogleich von dieser unerwarteten Wendung. Simon … Der Staub nach seiner Abreise ins Kloster hatte sich kaum gelegt, als die ersten französischen Truppen im Vexin einmarschierten, mein König. Ich bin mit Mühe und Not noch über die Grenze gekommen. Philip von Frankreich hält das Vexin bis zum Epte.«
    William schoß aus seinem Sessel in die Höhe, schlug den Unglücksboten rechts und links ins Gesicht und stieß ihn roh zurück. »Und das erfahre ich jetzt ? Wo seid Ihr gewesen, Mann?!«
    Die beinah noch bartlosen Wangen brannten. Toki sank wieder vor dem König auf die Knie und senkte zerknirscht den Kopf. »Ich bin gekommen, so schnell ich konnte, Sire, ich schwör’s. Aber die Franzosen hatten die Straßen abgesperrt und …« Er verstummte, als er sah, daß William nach ihm treten würde.
    Doch Cædmon stellte sich schützend vor den knienden Boten. »Es ist nicht seine Schuld, Sire.«
    »Geht mir aus dem Weg«, knurrte der König drohend. »Besser, Ihr vergeßt nicht, daß Euer eigener Kopf immer noch wackelt.«
    »Und was sollte mich das wohl noch kümmern?« erwiderte Cædmon ebenso leise. »Wie kommt es nur, Sire, daß Ihr Ergebenheit

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