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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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lächelnd zu den beiden jungen Frauen, einen Becher in der Hand. »Ist das nicht ein ganz wunderbarer Met, Seaxburh?«
    Sie nickte. »Das ist es.«
    Athelstan kniff der jungen Eadgyth liebevoll in die Wange. »Und wer springt heute abend für dich übers Feuer, he?«
    Das Mädchen errötete heftig und senkte den Blick. »Oswin der Müllerssohn, will ich hoffen.«
    »Ah. Ein wackerer Bursche. Gott, ich gäbe allen Met der Welt darum, noch einmal so jung zu sein wie ihr …«
    Sie lachten, und Seaxburh mutmaßte: »Das sagt Ihr nur, weil Ihr sicher seid, daß Ihr nicht beim Wort genommen werdet.«
    Athelstan grinste breit.
    Eadgyth nickte verstohlen in Richtung der Brautleute und fragte: »Und werdet Ihr uns verraten, wie Hyld das angestellt hat? Ich hätte jede Wette gehalten, daß der Thane niemals zustimmt.«
    Athelstan hob mahnend einen Zeigefinger. »Da siehst du, welch gefährliches Laster das Glücksspiel ist. Weitaus gefährlicher als der Trunk. Nein, es war nicht Hyld, die dieses beachtliche Wunder gewirkt hat, sondern die zauberhafte Lady Aliesa.«
    Die beiden Frauen starrten ihn ungläubig an. »Die Normannin?«
    Er nickte nachdrücklich. »Die Perle ihres Volkes.«
    »Aber … wie?« wollte Seaxburh wissen.
    »Wie soll ich das wissen, Kind? Bin ich vielleicht eine Maus, die im Stroh unter ihrem Bett wohnt? Abends hat er noch nein gesagt und mit Hyld gestritten, daß die Fetzen flogen, und am nächsten Morgen war er zahm wie ein Lämmchen und gab seine Erlaubnis.« Er hob vielsagend die breiten Schultern. »Ein liebestoller Narr stellt dem anderen kein Bein, schätze ich.«
    Seaxburh und Eadgyth folgten seinem Blick. Der Thane stand mit seiner normannischen Gemahlin am Rand der Dorfwiese im Schatten der Kastanie, die dort wuchs, hatte einen Arm um ihre Schultern gelegt, steckte ihr mit der anderen Hand irgendeine Leckerei in den lachendenMund und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie die Unterlippe zwischen ihre herrlichen weißen Zähne nahm und ihm tief in die Augen sah.
    »Ja«, stimmte Seaxburh trocken zu, »ich verstehe, was Ihr meint.« Doch sie irrten sich. Nicht mit Liebeskünsten, sondern mit praktischen Vorschlägen hatte Aliesa Cædmon überzeugt. Laß sie heiraten und gib ihnen ein Stück Land, hatte sie gesagt. Mach sie zu Pächtern, und den geschuldeten Frondienst leistet Ine dir nicht auf deinen Feldern, sondern bei den Pferden, denn darauf versteht er sich. Er, seine Frau und seine Familie werden nicht mehr an deinem Tisch essen, sondern an ihrem eigenen, und so sparst du Geld. Gib ihnen Land, Saatgut, zwei Ochsen, ein Haus und ein paar Möbel, und als Gegenleistung müssen sie sich einverstanden erklären, daß sie und ihre Nachkommen auf alle Rechte verzichten, die sich eventuell aus Gunnilds Stand ableiten lassen. Und damit diese Vereinbarung nicht in Vergessenheit geraten kann, werden wir sie in einer Urkunde schriftlich festhalten, die auch in hundert Jahren noch vor jedem Gericht Bestand haben wird.
    Auf diese einfache Lösung wäre Cædmon von selbst nie gekommen, denn auch wenn er Lesen gelernt hatte, war das geschriebene Wort in seiner Vorstellung doch immer noch etwas Fremdartiges, etwas, das in die Klöster und Kirchen gehörte und in seinem Alltag nichts verloren hatte. Aber er mußte zugeben, daß es in diesem Fall die Antwort auf das Problem war. Noch vor dem Frühstück am nächsten Morgen hatte er mit Hyld und mit Alfred gesprochen, der sich sofort bereiterklärte, Ine alles beizubringen, was er über das Pflügen, Eggen, Säen und Ernten vielleicht noch nicht wußte. Als Alfred dann nach dem Essen mit Ine gesprochen und Cædmon gesehen hatte, wie das finstere, bleiche Gesicht sich allmählich aufhellte und dann erstrahlte, erst da war Cædmon der Gedanke gekommen, daß er und Ine tatsächlich etwas gemeinsam hatten, das alle Grenzen von Stand, Stellung und Geburt überwand, so als teilten sie ein Geheimnis. Und als der junge Stallknecht mit leuchtenden Augen zu ihm herübergeschaut hatte, hatte Cædmon gelächelt, nicht herablassend, nicht gönnerhaft, sondern aus purer Freude.
     
    »Und was geschieht nun?« fragte Aliesa und wies auf den gewaltigen Scheiterhaufen, der in der Mitte der Dorfwiese aufgetürmt worden war. »Natürlich feiern die Leute in Herefordshire auch Mittsommer, aber ich war nie dabei.«
    »Tja … Irgendein Junge wird gleich auf diesen Baum hier klettern. Es ist immer einer der vorwitzigsten, also wird es vermutlich mein Sohn Ælfric sein. Er muß

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