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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Mühe hatte, Haltung zu bewahren, und er schwelgte hingebungsvoll in den Köstlichkeiten, die man ihm vorsetzte. In den ganzen eineinhalb Jahren, die er in Helmsby verbracht hatte, hatte er kaum etwas Besseres zu essen bekommen, als die Schweine in ihrem Trog fanden. Um so mehr wußte er diesen Festschmaus zu schätzen. Hyld aß kaum etwas – sie sah keinen Sinn darin, heute viel zu essen, um morgen früh entsprechend viel wieder von sich geben zu müssen –, aber sie erfreute sich an Eriks unbekümmerter Völlerei und wärmte sich in der freundlichen Fürsorglichkeit seiner Verwandten. Wie anders hatte sie sich den Tag ihrer Hochzeit immer vorgestellt. Sie hätte nie geglaubt, daß er irgendwo anders als in Helmsby begangen werden könnte. Sie vermißte ihre Eltern und ihre Brüder schmerzlich bei diesem Fest, aber sie war, erkannte sie verblüfft, eine glückliche Braut. Und sie war stolz, eine verheiratete Frau zu sein. Die Vorstellung, die sie von sich selbst hatte, veränderte sich grundlegend durch diese einfache Tatsache.
    »Was denkst du, Hyld of Helmsby«, raunte ihr Bräutigam ihr ins Ohr. »Fragst du dich, welcher Dämon dich geritten hat, einen bettelarmen, dänischen Piraten zu heiraten?«
    Sie sah ihn an. Er war nicht mehr ganz nüchtern, ein kleines, dümmliches Lächeln lag auf seinen Lippen, aber sein Blick war ernst. Sie nahm seine Hand und drückte sie an ihr Gesicht. Die Hand roch immer noch nach Gras.
    »Nein. Es ist gut so, wie es ist.«
     
    Sein Onkel Olaf stattete Erik mit neuer Kleidung und einem beinah kostbaren Mantel aus und schenkte ihm ein gutes, norwegisches Schwert. Erik sträubte sich dagegen, die Geschenke anzunehmen, sie sahen zu sehr nach Almosen aus. Aber Olaf führte ihm vor Augen, daß er als Eriks einziger Verwandter in England nur seine Pflicht tat unddaß die neuen Sachen Eriks Reise und die Erfüllung seiner Mission soviel einfacher machen würden.
    Unterdessen marschierten Morcar, der neue Earl of Northumbria, und sein mächtiger Bruder, Edwin of Mercia, mit ihren Truppen südwärts, überfielen die Midlands und drangen bis nach Northampton vor. Sie plünderten die Stadt und die Umgebung, stahlen den Bauern das Vieh, verbrannten das Korn und töteten jeden, der Haus und Hof verteidigen wollte, bis Northamptonshire aussah, als seien die Wikinger eingefallen. Damit hatte niemand gerechnet. In heller Panik rief der schwerkranke König die Männer seines Landes zu den Waffen, doch sie versammelten sich nur zögerlich. Die Leute in Wessex, Kent und East Anglia hatten kein großes Interesse an den Querelen im Norden und waren nicht erpicht darauf, für Earl Tostig, den unbeliebtesten der Brüder Godwinson, ihre Haut zu Markte zu tragen. Harold Godwinson schloß sich mit seinen eigenen Truppen dem König und Tostig in Britford an, wo sie sich berieten. Schließlich sandte der König Earl Harold zu Verhandlungen mit den Rebellen nach Oxford.
     
    »Hyld, ich wünschte, du würdest hierbleiben.«
    »Nein.«
    »Aber hier bist du in Sicherheit, und ich …«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Herrgott noch mal, du bist schwanger. Denk wenigstens an die Sicherheit des Kindes, wenn schon nicht an deine.«
    »Tu’ ich. Und ich finde, ich habe ein berechtigtes Interesse, dafür zu sorgen, daß niemand seinem Vater einen Dolch in den Rücken stößt.« Ihr Streit wurde im Flüsterton ausgetragen. Sie saßen an einem rohen Holztisch in der schummrigen Gaststube eines Wirtshauses in Sarum, nur noch wenige Meilen von der königlichen Halle in Britford entfernt. Unweit von York hatte Erik auf einem großen Gehöft zwei Pferde gestohlen, die ihre Rückreise nach Süden schnell und vergleichsweise bequem gemacht hatten. Doch Hyld hatte Todesängste ausgestanden, während er diese Freveltat beging und sie im nahen Wald wartete, und sie hatte sich geschworen, ihn nicht mehr aus den Augen zu lassen, bis diese verfluchte Geschichte ausgestanden war.
    Erik seufzte. »Du hättest mir anstandshalber sagen können, daß englische Frauen nicht tun, was ihre Männer sagen, bevor ich dich geheiratet habe.«
    »Und du hättest mich anstandshalber heiraten können, bevor du mich geschwängert hast«, erwiderte sie spitz. »Sagen wir, wir sind quitt. Und jetzt laß uns aufbrechen.« Sie stand auf und verließ das Gasthaus, ohne sich nach ihm umzudrehen.
    Erik erhob sich eilig, fischte einen seiner letzten Pennies aus dem Beutel, brach ihn an der Sollbruchstelle in zwei Hälften, die eine Hälfte noch einmal

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