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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Zeit, wie sie brauchte, um einmal tief durchzuatmen, dann zog sie den Riegel zurück, stieß die Tür auf und trat ein.
    Tostig Godwinson stand mit einem Becher in der Hand am Fenster. Er wandte sich stirnrunzelnd um. »Was fällt dir ein? Was willst du?«
    Hyld vollführte ihren elegantesten Knicks, zum erstenmal in ihrem Leben dankbar, daß ihre Mutter immer so großen Wert auf feine Manieren gelegt hatte. »Mein Name ist Hyld of Helmsby, Mylord.«
    Tostig runzelte die Stirn. »Helmsby? Harolds neuer Wachhund in Norfolk, oder irre ich mich?«
    »Das mag sein, ich weiß es nicht. Bitte, hört mich an, Mylord. Euer Bruder hat Euch verraten. Schon vor drei Monaten hat er meinem Vater anvertraut, daß er Euren Sturz in Kauf nehmen werde, wenn er damit einen Bürgerkrieg vermeiden könne.«
    Tostigs Gesicht verfärbte sich, nahm einen bedenklich dunklen Rotton an. Er machte einen langen Schritt auf sie zu und krallte die Hand um ihren Arm. »Was redest du da? Woher willst du das wissen?«
    »Ich war dabei, als mein Vater es wiederholte.«
    Er ließ sie los, stieß sie beinah weg. »Wieso sollte ich dir glauben?« »Weil es die Wahrheit ist. Ich … ich gehöre nicht mehr zum Haus meines Vaters, weil ich einen Mann geheiratet habe, der im Dienst des Königs von Norwegen steht. Er ist hier mit einer Botschaft seines Königs an Euch, aber mein Bruder Dunstan hat ihn abgefangen und … und ist dabei, ihn umzubringen. Helft ihm, Mylord. Ich bitte Euch. Helft ihm und helft Euch selbst. Euer Bruder hat euch fallenlassen, aber König Harald Hårderåde bietet Euch Unterstützung.«
    Tostig antwortete nicht sofort. Er betrachtete sie eingehend, erkannteihren leicht gewölbten Bauch und wie jung sie noch war. »Weißt du, daß es Hochverrat ist, was du da redest?«
    »O ja, Mylord. Ich weiß. Aber wenn man selbst verraten und verkauft ist, kann man nicht zimperlich bei der Wahl seiner Mittel sein. Das gilt für mich ebenso wie für Euch.«
    Tostig lächelte freudlos. Das Lächeln verlieh seinem hageren Gesicht das Aussehen eines hungrigen Wolfs. Hyld war noch nie einem Mann begegnet, der ihr ein so starkes, intuitives Mißtrauen einflößte, und sie wußte, es konnte nichts Gutes dabei herauskommen, wenn sich ihr und Eriks Schicksal mit dem seinen verknüpfte. Aber es war wie sie gesagt hatte: Im Augenblick konnte sie nicht wählerisch sein.
    Tostig legte sein Schwert um und öffnete die Tür. »Dann wollen wir uns deinen Boten einmal anschauen. Ob ihr mir eine Falle stellt, werde ich wissen, wenn ich ihn sehe.«
    Hyld antwortete nicht. So schnell ihre Füße sie trugen führte sie ihn aus der Halle hinaus und über den dunklen Innenhof zur Schmiede. Vor der Tür verstellte ihnen eine schattenhafte Gestalt den Weg.
    »Wer da?«
    »Tritt beiseite«, knurrte Tostig.
    »Mylord!« rief Alfred erschrocken aus. »Wir haben diese Frau festgenommen, und sie ist mir entwischt. Sie …« Tostig verpaßte ihm einen wahren Hammerschlag an die Schläfe, und Alfred ging zum zweitenmal an diesem Abend zu Boden. Tostig trat achtlos über ihn hinweg und stieß die Tür der Schmiede auf, die blanke Klinge in der Rechten. »Niemand rührt sich!«
    Hyld schlüpfte hinter ihm über die Schwelle, und als sie die Szene im Raum im schwachen Licht des Feuers erkannte, zog sie scharf die Luft ein. »Erik!«
    Erik stand mit dem Schwert in der einen, einem Dolch in der anderen Hand in der Raummitte, den Kopf wegen der niedrigen Decke leicht eingezogen. Die drei Wachen lagen reglos am Boden, zwei schienen nur bewußtlos, der dritte hatte die Augen weit aufgerissen, und auf der Brust seines Gewandes hatte sich ein bräunlich roter Fleck gebildet. Dunstan stand mit leeren Händen und war bis zur Wand zurückgewichen. Er blutete über dem linken Auge, und seine Miene war so fassungslos, daß es beinah komisch wirkte.
    Tostig stellte sich zwischen die beiden Kontrahenten und fragte Dunstan: »Du hast eine Botschaft für mich, sagt deine Frau?«
    »Nein, das bin ich«, antwortete Erik hinter ihm. »Wenn Ihr Tostig Godwinson seid.«
    Tostig fuhr stirnrunzelnd zu ihm herum. »Tatsächlich? Aber sie sagte, ihr Bruder sei im Begriff, dich umzubringen.«
    »Ihr Bruder und ich haben die Rollen getauscht.«
    Tostig zeigte wieder sein Wolfslächeln und trat beiseite. »Dann bring zu Ende, wobei ich dich unterbrochen habe, damit ich meine Botschaft zu hören bekomme. Ich bin Tostig Godwinson.«
    Erik nickte Dunstan zu. »Also, wie ich sagte. Du hast Zeit für ein

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