Das zweite Leben
Konservenbüchse vor seinem Gesicht explodierte, verlor Ross seine Selbstbeherrschung und schrie die Schwester an, sie solle sofort die Nahrungsvorräte durchgehen und prüfen lassen, wie viele Dosen mit verdorbenem Inhalt sich darunter befanden. »Solche einfachen Dinge müßten dir selbst einfallen! Vernichtet alle schlechten!«
»Dazu müßten wir jede einzelne Büchse öffnen, Sir«, wandte 5B ein. »Dann würde auch die gute Nahrung innerhalb kurzer Zeit verderben. Deshalb ist es unmöglich …«
»Unsinn!« brüllte Ross. Mit beißendem Sarkasmus fragt er: »Sollte es einer solchen Mammutintelligenz wie dir nicht möglich sein, eine Lösung zu finden? Friert den unverdorbenen Brei ein. Alle Tiefschlafkammern des Hospitals stehen euch zur Verfügung. Oder brauchst du ein Kochbuch, um die Konzentrate wieder aufzutauen und aufzuwärmen, wenn ich sie brauche?« Er lachte rauh. »Du kannst es dir noch einfacher machen. Schüttele die Büchsen nur. Wenn du ein glucksendes Geräusch hörst, ist der Inhalt schlecht. Hörst du nichts, sind sie in Ordnung.«
Diese Methode funktionierte zwar nicht immer, aber was machten einige Dosen mehr oder weniger schon aus?
5B hörte wie immer geduldig zu und filterte die reinen Instruktionen aus der Polemik und den in der Erregung gesprochenen Worten heraus. Eine Gruppe von Reinigungsrobotern sei bereits auf dem Weg, erklärte sie. Dann schlug sie vor, daß Ross einen Blick auf den Bildschirm werfen sollte, auf dem die Kameraaufnahmen wiedergegeben wurden. Es schien sich etwas zu tun.
Ross vergaß seinen Ärger. Der Trupp befand sich jetzt vierhundert Meilen entfernt nordwestlich des Hospitals. Es hatte dort zu regnen begonnen, und die Sicht reichte fast eine Meile weit. Ross sah ein Tal, dessen Boden aus Asche und Steinen unterschiedlicher Größe bestand, die einmal Teil einer Straße gewesen sein konnten. Am Ende des Tales lag ein exakt kreisförmiger See. Das Ufer bestand aus geschmolzenem Gestein. Ein Bombenkrater, vermutete Ross. Doch das interessierte ihn nur am Rande, denn unter dem Bildschirm leuchtete eine Reihe von Lichtern auf, die anzeigten, daß die Detektoren des Bergmanns auf Metallvorkommen ansprachen – riesige Mengen von Metall.
Der Fund überraschte Ross vollkommen, denn ein erstes positives Ergebnis der Expedition hatte er erst nach weiteren achtzig Kilometern erwartet, wo sich vor dem Krieg eine Großstadt befunden hatte. Wahrscheinlich eine unterirdische militärische Anlage, die nach meiner Einfrierung geschaffen worden ist, dachte Ross. Wichtig war nur, daß man Metall gefunden hatte.
»Bohre einen Schacht mindestens einen halben Kilometer tief«, befahl er dem Robotriesen. Daten wurden eingeblendet. Das Metall mußte sich direkt unter dem See befinden. Ross gab entsprechende Anweisungen für die Bohrung. Vor allem mußte eine Überflutung des Schachtes vermieden werden.
Nach fünf Stunden wußte Ross, wie es unter der Oberfläche aussah. Die Anlage war eine Raketenabschußbasis gewesen, und selbst in der Tiefe von fast einem Kilometer hatte die Bombe verheerend gewirkt. Überlebende gab es nicht, konnte es nicht geben, weil die Anlage vollautomatisiert gewesen war.
»Ich habe mir etwas überlegt«, sagte Ross, während der Bohrer an die Oberfläche zurückgeholt wurde. »Es wäre unnötiger Zeitaufwand, das Metall hierher zu transportieren. Deshalb wird es an Ort und Stelle gefördert. Ich schicke so viele Reparaturroboter, wie ich entbehren kann. Inzwischen sollen die beiden vorhandenen sich gegenseitig umbauen, daß sie als Bulldozer arbeiten können. Wie ich aus den übermittelten Daten entnehmen kann, befinden sich auch an der Oberfläche in einem Umkreis von fünfzig Metern große Metallvorkommen. Ihr habt sie freizulegen und …«
»Mr. Ross«, unterbrach 5B seinen Redefluß. »Sie müssen ins Bett.«
Obwohl Ross lautstark protestierte, stellte die neuerliche Verbannung ins Krankenbett diesmal längst nicht den gleichen Schrecken dar wie beim letztenmal. Ross hatte gesehen, wozu seine Konstruktionen fähig waren. Es würde noch sehr lange dauern, bis jeder Quadratmeter der Erdoberfläche untersucht war, aber ein Anfang war gemacht worden. Mit dem gefundenen Metall würden die Reparaturroboter bis zum Ende der Woche einen zweiten Bergmann gebaut haben, und noch eine Woche später würde er schon Dutzende der Supermaschinen zur Verfügung haben. Ross war zuversichtlicher als jemals zuvor nach seinem Erwachen in der Tiefschlafkammer. Die
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