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Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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der Tür befunden hatte. Er suchte einen Halt, weil die Beine ihm den Dienst versagten. Doch die Wand war nicht mehr da.
    Tully wollte schreien und brachte statt dessen nur ein Ächzen zustande, als er hintenüber fiel und mit dem Rücken so hart aufschlug, daß es ihm die Luft aus den Lungen preßte. Er rollte mindestens fünf Meter den steil abfallenden Boden hinunter, bis er in ein unregelmäßig geformtes Objekt stürzte. Als er wieder halbwegs bei Sinnen war, schaltete er die Taschenlampe ein.
    Er lag auf dem Boden eines Hohlraums von etwa acht Metern Durchmesser, mitten im Fundament des Warenhauses. Der Beton und sogar Teile von stählernen Verstrebungen waren rund um ein sphärisches Objekt herum wie weggesprengt. Die einzige Öffnung nach oben war das Loch, durch das Tully gestürzt war.
    Um das Objekt herum lagen haufenweise metallene Objekte, die Tully sofort als jene identifizierte, die aus Tysons Beständen gestohlen worden waren. Sie alle waren jedoch irgendwie verändert worden, auf eine Weise, die ihrem Designer Alpträume verursacht hätte. Tully richtete sich auf und begann, sich vorsichtig umzusehen.
    Er wußte sofort, daß er ein Raumschiff vor sich hatte. Der Lichtkegel der Taschenlampe bewegte sich zitternd über die glatte Hülle, weil Tullys Hände zitterten, weil er am ganzen Körper zitterte …
    Ein Raumschiff, wahrscheinlich notgelandet und reparaturbedürftig, auf phantastische Weise versteckt! Die Elektrogeräte schienen der Beweis zu sein. Offensichtlich brauchte der Fremde sie nur, um damit andere, besser geeignete Instrumente und Werkzeuge herzustellen.
    Wie oft hatte Tully sich mit den wenigen Freunden darüber unterhalten, wie sie reagieren würden, falls plötzlich ein Außerirdischer vor ihnen stünde. Wegrennen? Die Polizei oder das Militär auf den Plan rufen? Versuchen, sich mit den Fremden zu verständigen?
    Wenn diese nun aber keine freundlichen Absichten hatten …?
    Sie alle waren dann immer der Ansicht gewesen, daß die letzte Alternative, einen friedlichen Kontakt herbeizuführen, die beste war. Tully selbst war davon überzeugt, daß Wesen, die es zur interstellaren Raumfahrt gebracht hatte, doch auf einer solch hohen Entwicklungsstufe befinden mußten, daß sie Kinderkrankheiten wie Kriege, Neid oder Haß auf Andersartige längst hinter sich gelassen hatten. Sollte es zu Feindseligkeiten kommen, dann nur infolge von Mißverständnissen.
    Das mußte Tully verhindern.
    Der Strahl der Taschenlampe wanderte wieder zu der Öffnung, durch die er gefallen war. Viel zu viele Fragen schossen ihm zugleich durch den Kopf. Wie war der Extraterrestrier in der Lage gewesen, mit seinem Schiff mitten im soliden Fundament zu materialisieren? Woher hatte er gewußt, wo er das Benötigte finden konnte? Gab es an Bord des Schiffes entsprechende Detektoren? War das Schiff nicht aus dem Raum, sondern aus der Zeit gekommen?
    Antwort konnte nur der Fremde geben.
    Tully zwang sich zur Ruhe. Er konnte nur eines tun. Er band die Schuhe mit den Schnürsenkeln zusammen und hängte sie sich um den Hals. Mit dem Griff der Taschenlampe zwischen den Zähnen, sprang er in die Höhe, bis er den Rand der Bodenöffnung mit den Händen erreichte. Er zog sich hoch. Es gab keine Leiter, und der Nachtwächter schwitzte, als er nach kurzer Zeit wieder im Korridor stand. Auf leisen Sohlen schlich er sich in den Lagerraum und von dort über die Rampe nach oben. Er spannte den Faden wieder, um zu wissen, ob der Fremde das Untergeschoß verlassen hatte, während er oben seine Vorbereitungen traf.
    Das meiste von dem, was er brauchte, befand sich in der Spielwarenabteilung selbst – eine Schiefertafel für Kinder und Kreide. Und Tully wußte, wie der andere aussah, während dieser mit Sicherheit über das Aussehen der Menschen Bescheid wußte. Insofern war ein erster Schritt zum angestrebten Kontakt bereits gemacht. Nun kam es darauf an, irgend etwas dem Extraterrestrier Vertrautes zu bieten. Tully grinste, als er an seine Methode dachte, einem Wesen aus dem Weltraum gegenüberzutreten. Er stopfte sich in der Süßwarenabteilung die Taschen mit extra starken Pfefferminzbonbons voll und kaute so viele von ihnen, wie in seinen Mund paßten. Der vertraute Geruch würde das Eis vielleicht brechen, falls Tully sich nicht gerade stümperhaft anstellte. Er mußte alles vermeiden, was als Feindseligkeit eingestuft werden könnte.
    Die Zunge des Nachtwächters brannte wie Feuer, und die Pfefferminzfahne erfüllte die Gänge,

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