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Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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als er sich wieder nach unten begab. Der Faden war noch an Ort und Stelle. Tully hatte keine Angst mehr. So wie er jetzt mochten sich die großen Entdecker der Vergangenheit gefühlt haben. Nur das, was das schwarze Monstrum mit den Puppen anstellte, machte ihm Sorgen. Es paßte nicht in das Bild, das er sich gemacht hatte – noch nicht. War es vielleicht ein Kontaktversuch seitens des Fremden, der doch wissen mußte, daß es einen Nachtwächter im Gebäude gab?
    Noch einmal dachte er daran, vorsichtshalber doch jemand anzurufen. Aber wen? Polizei, Feuerwehr und Mr. Steele schieden von vorneherein aus. Einen Freund um drei Uhr in der Nacht? Er würde ihn für verrückt erklären.
    Tully legte, an der Tür im Korridor angekommen, die Taschenlampe auf den Boden, nachdem er die Tür am Ende der Rampe verriegelt und verschlossen hatte. Er wollte erst gar nicht den Eindruck erwecken, er sei bewaffnet. Er pfiff leise vor sich hin, um den Fremden früh genug auf sein Kommen vorzubereiten, bis ihm einfiel, daß die Töne für diesen unangenehm sein könnten. Er war also still und betrat mit klopfendem Herzen die Spielwarenabteilung.
    Er stand keine fünf Meter vor dem schwarzen Etwas. Jetzt erkannte er weitere Einzelheiten des Schneckenkörpers. Er machte den Eindruck, als bestünde er unter der schwarzen Haut nur aus Flüssigkeit. Eine Reihe von Ausbeulungen, die sich regelmäßig vergrößerten und dann wieder zusammenzogen, deutete darauf hin. Zu bewegen schien sich der Fremde, indem er seinen Körperschwerpunkt verlagerte, wie eine nach allen Seiten hin schwappende amorphe Masse, wobei schmatzende Geräusche entstanden. Dort, wo Tully den Kopf vermutete, befand sich ein grauer Auswuchs – ein Auge vielleicht, oder eine Art Rüssel, der bei Bedarf ausgefahren werden konnte. Dazu kamen fünf lange, dünne Tentakel, die dauernd in Bewegung waren. Offensichtlich hatte der Außerirdische Angst.
    Der Nachtwächter stopfte sich eine weitere Handvoll Pfefferminz in den Mund und folgte dem Eindringling, langsam, um ihn nicht noch mehr zu erschrecken. Es sah nicht so aus, als besäße er irgendwelche unbekannten Waffen. Tully zeigte seine leeren Hände und begann, auf das verängstigte Wesen einzureden wie eine Mutter auf ihr schreiendes Kind. Dann nahm er eine Tafel und ein Stück Kreide von einem Regal und fing an, die Sonne und ihre Planeten zu zeichnen. Daneben skizzierte er den Lehrsatz des Pythagoras. Doch das Wesen floh weiter vor ihm und versuchte offensichtlich, zum Schiff zu gelangen. Das aber konnte Tully nicht zulassen, denn dort gab es sicher Waffen, und mit diesen wollte er keine Bekanntschaft machen.
    Er versperrte ihm also den Weg und dachte angestrengt über eine bessere Möglichkeit der Verständigung nach, als er hinter sich etwas hörte, das ihm den kalten Schweiß aus den Poren trieb.
    Er war blind gewesen! Blind und einfältig! Die heruntergerissenen Fäden zwischen dem Eingang zum Untergeschoß und dem vierten Stock bewiesen nichts anderes, als daß jemand die Treppen benutzt hatte. Was sie nicht zeigten, war, in welcher Richtung. Nicht der Außerirdische vor ihm war von oben heruntergekommen, sondern sein Artgenosse nach oben gegangen. Das Schiff befand sich hier unten. Es gab zwei Fremde – und der zweite kam nun zurück. Tully hörte, wie er sich an der Tür am oberen Ende der Rampe zu schaffen machte.
    Tully konnte das Wesen vor ihm daran hindern, sich im Raumschiff eine Waffe zu besorgen, nicht aber das andere, falls dieses nicht ohnehin schon bewaffnet war. Er mußte verhindern, daß es in den Korridor gelangte. Die Tür an der Rampe war zwar wieder verschlossen und verriegelt, aber Tully wußte inzwischen, daß dies für die Fremden kein Hindernis darstellte. Sie verschafften sich durch Magnetismus Zutritt. Tully mußte sie verbarrikadieren, solange noch Zeit blieb. Doch kaum in der Mitte des Korridors angelangt, erkannte er, daß es bereits zu spät war. Er hörte das Quietschen der Angeln, dann das schmatzende Geräusch, als etwas die Rampe herunterrutschte. Er sah die Taschenlampe am Boden liegen und hob sie auf. Der Lichtkegel zeigte das zweite, schon aus dem Lagerraum kommende Monstrum – viel größer als das in der Spielzeugabteilung. Das männliche Gegenstück! durchfuhr es Tully. Das Ding schoß förmlich auf ihn zu, wobei der Körper sich wie ein mit Tinte gefüllter Sack nach allen Seiten hin ausbeulte. Tully schrie auf, sprang zurück und knallte die Flügeltür zu. Zu seinem Glück

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