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Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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diesen unmöglich, hineinzugelangen –, sondern von weggeworfenen Zigarettenstummeln und ähnlichem. Zwar gab es Sprinkleranlagen, die so einstellbar waren, daß sie auf die geringste Hitzeentwicklung reagierten, sogar auf ein eingeschaltetes Bügeleisen in der Elektroabteilung, aber auch diese Technik hatte ihre Tücken. Das ganze Gebäude war alt, und ein Teil der Einrichtung und Waren war mehr als leicht entzündbar. Ein Feuer im Warenhaus war der Alptraum aller Verantwortlichen.
    Dementsprechend war es die Hauptaufgabe eines Nachtwächters, auf mögliche Brandursachen zu achten. Mit Ausnahme der Waschräume herrschte überall im Gebäude strenges Rauchverbot. Doch trotz der scharfen Kontrollen durch die Abteilungsleiter und Detektive verzogen sich die Mitglieder des Personals bei jeder sich bietenden Gelegenheit in eine stille Ecke, um ihre geliebte Zigarette zu rauchen. Tully störte sich nicht daran. Gefährlich wurde es nur dann, wenn sie dabei überrascht wurden und das Beweismittel schnell irgendwo verschwinden lassen mußten, wo es manchmal stundenlang weiterglomm. Tully war dann derjenige, der es mit der Nase aufspüren und unschädlich machen mußte.
    Diese Nacht aber war die Suche nach Zigarettenstummeln nebensächlich. Tully beschloß, jede Ecke der Spielwarenabteilung zu durchleuchten und dann das ganze Kellergeschoß abzuriegeln. Er sah unter jeden Verkaufstisch, öffnete jeden Spind und blickte hinter jeden Vorhang, bis er sicher sein konnte, daß sich niemand in der Abteilung versteckte. Zehn Minuten lang spielte er mit einer Modelleisenbahn. Dann löschte er die Lichter und verließ die Spielwarenabteilung durch den schmalen Korridor, der zum zweiten Raum des Untergeschosses, halb so groß wie Dodds’ Reich, führte. Der Grundriß des Geschosses glich einer Hantel mit viereckigen Gewichten. In der Mitte des Korridors befand sich eine schwere Flügeltür, die schon so lange offenstand, beide Flügel mit Bolzen an den Wänden gehalten, daß kaum jemand im Warenhaus überhaupt noch wußte, daß es sie gab.
    Tully knipste die beiden Lichter im Korridor aus und sah sich im zweiten Raum, der als Lager und Abstellkammer für die Reinigungsgeräte diente, gründlich um. Da sich hierhin auch das Personal während der Pausen zurückzog, bildete er die größte Gefahrenquelle im ganzen Gebäude. Hier konnte am ehesten ein Feuer ausbrechen. Tully schnupperte und sah auch hier in jeden Winkel. Überall lagen schmutzige, ölgetränkte Lappen herum. Auf den Regalen standen Flaschen und Dosen mit Flüssigseife und allerlei Putzmitteln. Auch hier fand er nichts. Tully löschte das Licht und verließ den Lagerraum durch die dem Korridor gegenüberliegende Tür, hinter der eine Rampe für die schweren Staubsauger auf Rädern nach oben führte. Er verriegelte und verschloß die Tür am oberen Ende der Rampe von außen, wobei etwas Seltsames geschah. Einer seiner Schlüssel, derjenige zum Schrank mit den Lohnlisten, wurde so heftig vom Schloß angezogen, daß es Tully fast den ganzen Bund aus der Hand riß. Der Schlüssel klebte förmlich an der Tür. Tully stellte fest, daß das Schloß stark magnetisch war. Er schüttelte den Kopf und schloß auch den zweiten Eingang zum Kellergeschoß, den, durch den er in die Spielwarenabteilung gekommen war, von außen ab, nachdem er die Tür schon von innen verriegelt hatte. Es gab nur diese beiden Zugänge. Plötzlich hatte er einen Einfall. Er besorgte sich eine Rolle schwarzen Zwirn und einige Päckchen Kaugummi, nicht ohne einen Entnahmezettel zurückzulassen. Minuten später hatte er etwa fünfzehn Zentimeter über dem Boden jeweils einen Faden über die Tür zur Spielwarenabteilung und zur Rampe gespannt, an den Wänden mit dem weichen Kaugummi befestigt, so daß jemand, der den Zwirn herunterriß, nicht durch unnötige Geräusche gewarnt werden konnte. Das gleiche wollte Tully auf den Personaltreppen bis hinauf zum fünften Stock machen. Er war überzeugt davon, daß der Unbekannte diese und nicht die hellerleuchteten Haupttreppen, die um den ebenfalls erleuchteten Aufzug herumführten, benutzen würde.
    Mit dem Gefühl, alles Erdenkliche getan zu haben, machte Tully sich auf den ersten der sechs regulären Streifengänge – den wichtigsten von allen. Das Warenhaus lag im Dunkeln – eben außer dem Aufzug auf den Kundentreppen. Es war ruhig. Nur die Holzdielen des Bodens gaben die immer gleichen leise knackenden Geräusche von sich, wenn sie sich von der Tortur

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