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Das zweite Leben

Das zweite Leben

Titel: Das zweite Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James White
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umzugehen – Bester zum Beispiel, oder Sturgeon –, und eine ganze Menge Leute, die daran kläglich scheiterten. Sie machten Fantasy aus dem Thema, Hexenkräfte und dunkle Magie anstelle von wissenschaftlichen Extrapolationen.
    Auch auf dem dritten Streifzug konnte Tully nichts Ungewöhnliches bemerken. Er las eine weitere Story, aß noch ein Butterbrot und trat gegen halb zwei den vierten Rundgang an. Wieder kontrollierte er die Fäden. Alle waren noch vorhanden. Niemand hatte die Treppen benutzt.
    Tully las die nächste Kurzgeschichte, als er etwas hörte – etwas, das nicht zu den normalen Geräuschen des nächtlichen Warenhauses paßte. Der Boden und die Neonbeleuchtung knisterten immer noch leise, doch nun …
    Es hörte sich an, als ob ein Riegel entfernt würde. Tully spitzte die Ohren. Kein Zweifel – irgendwo wurde eine Tür geöffnet und nach Sekunden leise wieder geschlossen. Dazu ein klatschendes, unidentifizierbares Geräusch. Die Laute schienen von unten zu kommen.
    Tully legte das Magazin zur Seite und stand vorsichtig auf. Er schielte nach dem Telephon, mit dem er nachts direkt nach außen telephonieren konnte, um eventuell die Polizei oder die Feuerwehr zu alarmieren. Dann schüttelte er den Kopf. Er brauchte keine Hilfe – noch nicht. Die Taschenlampe in der einen, die ausgezogenen Schuhe in der anderen Hand, schlich er sich leise an die beiden Eingänge des Untergeschosses heran, wobei er feststellte, daß der Faden über der Tür zur Spielwarenabteilung noch an Ort und Stelle war.
    Die Tür, hinter der die Rampe lag, war dagegen geöffnet worden. Der Faden hing von einem der beiden Kaugummis auf den Boden herab. Tully dachte einen Augenblick daran, dem Eindringling nachzugehen. Dann aber entschied er sich dafür, zunächst einmal festzustellen, von wo der Unbekannte überhaupt gekommen war. Er lief auf Socken die Personaltreppe hinauf bis zur Elektroabteilung. Bis hierhin waren die Fäden heruntergerissen worden. Auf der Treppe zur fünften Etage waren sie unberührt. Der geheimnisvolle Puppenschänder mußte sein Versteck also hier, im vierten Stock, haben, obwohl Tully jeden Winkel durchsucht hatte. Tully lief wieder hinunter und bemerkte dabei im Licht der Taschenlampe einen dunklen Fleck auf einer der Stufen. Er blieb stehen und beugte sich hinab. Eine Flüssigkeit, stellte er fest, so, als ob jemand auf die Treppe gespuckt hatte. Und es roch nach Pfefferminz …
    Jetzt wußte Tully, daß es einen Zusammenhang gab – nicht nur zwischen den verstümmelten Puppen und den fehlenden Elektrogeräten. Auch die von Steele monierte »Spucke« auf den Treppen kam ins Spiel. Tully war so aufgeregt wie den ganzen Abend und die ganze Nacht noch nicht. Er mußte aufpassen, daß die Phantasie nicht mit ihm durchging. Er rannte die Treppen hinunter, nur mit dem Gedanken beschäftigt, wer die Person sein mochte, die Puppen die Glieder ausriß, ein Auge ausstach und die Kleider vom Leib riß, Geräte aus versiegelten Kisten oder Kartons stahl, Pfefferminzbonbons kaute und auf Treppen spuckte. Tully kam fast um vor Neugier, und in wenigen Minuten würde er dem Unbekannten gegenüberstehen …
    Er öffnete die Tür zur Rampe und schlich hinunter zum Lagerraum. Der Lichtkegel der Taschenlampe wanderte langsam über die Regale und erhellte jede Ecke. Nichts. Der Raum war leer. Tully schüttelte den Kopf. Jetzt verstand er gar nichts mehr. Dann sah er einen schmalen, vertikalen Lichtstreifen im Korridor, wo sich die seit Jahren nicht mehr benutzte Tür befand. Jetzt waren die beiden Flügel von den Wänden gelöst. Sie stand in der Mitte nur einen Spaltbreit offen, durch den das Licht drang. Vorsichtig betrat Tully den Gang, wobei er sich dicht an einer Wand hielt, bis er hinter einem der Flügel stand. Bis hierhin war es noch völlig dunkel im Korridor gewesen. Tully hatte die Taschenlampe vorsichtshalber ausgeschaltet, um den Eindringling nicht zu früh zu warnen.
    Der Nachtwächter beugte sich vor und blickte durch den Spalt. Es waren genügend Lichter in der Spielwarenabteilung eingeschaltet, um ihn in allen Einzelheiten erkennen zu lassen, was dort vorging.
    Auf dem Boden neben einem Warentisch befand sich ein großes schwarzes Etwas, mindestens anderthalb Meter lang und in der Form an eine Riesenschnecke erinnernd, das gerade dabei war, einer schwarzen Puppe die Arme auszureißen …
    Tully rang nach Luft und taumelte zur Wand zurück – zu jenem Teil der Wand, vor dem sich bislang einer der Flügel

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