Das zweite Vaterland
die langen Kriege mit England waren zu Ende.
Fritz und Franz kamen nach der Schweiz, nach dem Lande, dessen sie sich, da sie es sehr jung verlassen hatten, kaum noch erinnerten, und sie begaben sich von Genf aus nach dem Canton Appenzell.
Von ihrer Familie fanden sie hier nur noch einzelne entfernte Verwandte, zu denen Herr und Frau Zermatt niemals in näherer Beziehung gestanden hatten. Das Erscheinen der beiden jungen Männer erregte in der Helvetischen Republik immerhin einiges Aufsehen. Die Geschichte der Schiffbrüchigen vom »Landlord« war jetzt allgemein bekannt und man wußte, welche Insel ihnen Zuflucht geboten hatte. Und obwohl die Schweizer wenig Neigung haben, ihr Land zu verlassen und das ungewisse Los eines Auswanderers auf sich zu nehmen, erklärten doch verschiedene ihre Absicht, sich in der Neuen Schweiz anzusiedeln, wo sie auf eine gute Aufnahme rechnen könnten.
Fritz und Franz verließen ihre ursprüngliche Heimat doch mit recht schwerem Herzen. Wenn sie vielleicht auch hoffen konnten, in Zukunft noch einmal dahin zurückzukehren, so konnte für ihre schon etwas bejahrten Eltern davon doch kaum die Rede sein.
Nach der Rückreise durch Frankreich kamen Fritz, Jenny und Franz wieder nach England.
Die Vorbereitungen zur Abfahrt der »Licorne« näherten sich ihrer Vollendung. und in den letzten Tagen des Juni sollte die Corvette zum Absegeln bereit sein.
Es versteht sich von selbst, daß Fritz und Franz von den Lords der Admiralität mit Auszeichnung empfangen wurden. England war Jean Zermatt dankbar dafür, dem Lieutenant Littlestone das Besitzrecht auf seine Insel aus freien Stücken angeboten zu haben.
Zur Zeit, wo die Corvette die Neue Schweiz verlassen hatte, war ein großer Theil von dieser noch unbekannt, denn eine Ausnahme hiervon machten nur das Gebiet des sogenannten Gelobten Landes, die Küste im Norden und ein Theil der östlichen Küste bis zur »Licorne«-Bucht. Der Kapitän Littlestone sollte deshalb die Aufnahme der Süd-und der Westküste ausführen und das Innere der Insel besichtigen. Hierzu sei noch bemerkt, daß nach einigen Monaten noch mehrere Schiffe mit Auswanderern dahin abgehen sollten, die auch weitere Gegenstände für die Colonisation und die Anlage von Vertheidigungswerken mitbringen sollten.
Von dem Zeitpunkte ihres Eintreffens an war dann auch eine regelmäßige Verbindung zwischen England und jenem Theile des Indischen Oceans in Aussicht genommen.
Am 27. Juni war die »Licorne« segelfertig und wartete nur noch auf Fritz, Jenny und Franz, und am 28. trafen diese in Portsmouth ein, wo das für Rechnung der Familie Zermatt erworbene Frachtgut bereits angelangt war.
Eine ungeheure Woge schäumte über die Reling herein. (S. 288.)
An Bord der Corvette fanden sie den freundlichsten Empfang vom Kapitän Littlestone, den sie auch einigemale in London getroffen hatten. Das sollte eine Freude werden, in Capetown James und Suzan Wolston wiederzusehen, und auch die hübsche, lustige Doll, die Franz inzwischen von allem und von den Erlebnissen in England regelmäßig unterrichtet hatte.
Am Morgen des 29. Juni verließ die Corvette bei günstigem Winde den Hafen von Portsmouth – an der Gaffel die flatternde britische Flage, die sie an der Küste der Neuen Schweiz als Zeichen der Besitzergreifung hissen sollte.
Neunzehntes Capitel.
Die zweite Fahrt der »Licorne«. – Aufenthalt am Cap. – Neue Passagiere und Officiere. – Der zweite Officier Borupt. – Widrige Seefahrt. – Meuterei an Bord. – Acht Tage im Frachtraume. – Mitten im Meere verlassen.
Wäre die »Licorne« nicht ein Kriegsschiff, sondern ein Handelsfahrzeug gewesen, das nach der Neuen Schweiz segelte, so hätte sie wohl eine ansehnliche Zahl von Auswanderern aufgenommen. Die Insel, die jetzt das lebhafteste Interesse der Allgemeinheit erregt hatte konnte gewiß nicht lange auf Ansiedler zu warten haben. Höchstwahrscheinlich stammten diese dann meist aus Irland, dessen Bewohner so vielfach von der Noth gezwungen werden, sich außerhalb ihres Vaterlandes eine Existenz zu suchen. Kräftigen und thatenlustigen Leuten konnte es da unten aber niemals an einträglicher Arbeit fehlen.
An Bord der »Licorne« hatten Fritz und Jenny eine hübsche Cabine erhalten, und Franz eine daneben. Ihre Mahlzeiten sollten alle drei an der Tafel des Kapitäns einnehmen.
Die Seefahrt verlief zunächst ohne besondere Zwischenfälle, höchstens wechselte, wie gewöhnlich, der Zustand des Meeres, der Wind
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