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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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könnte.
    Das wäre ein beklagenswerther Zeitverlust gewesen, wenn sich den Passagieren der »Licorne« nicht Gelegenheit geboten hätte. ihren Aufenthalt in Capetown abzukürzen.
    Im Hafen lag nämlich zu gleicher Zeit ein Schiff, das binnen vierzehn Tagen absegeln sollte. Es war die »Flag«, ein englischer Dreimaster von fünfhundert Tonnen, Kapitän Harry Gould, der nach Batavia, in den Sondainseln, bestimmt war. Die Neue Schweiz anzulaufen, brachte ihn nur wenig aus seiner Route, und wenn er sie an Bord nehmen wollte, waren Fritz und seine Gattin, James und Suzan Wolston mit ihrem Kinde, sowie Franz und Doll erbötig, einen recht anständigen Fahrpreis zu entrichten.
    Der Kapitän Gould ging auf diesen Vorschlag ein, und die Passagiere der »Licorne« ließen ihr gesammtes Gepäck nach der »Flag« schaffen, wo ihnen Cabinen überwiesen wurden.
    Am Nachmittage des 29. September war der Dreimaster zum Absegeln fertig und am nämlichen Abend bezogen auch James Wolston, seine Frau und seine Schwester nebst dem kleinen Bob ihre Cabinen. Dann nahmen alle innerlich bewegt vom Kapitän Littlestone Abschied und versprachen ihm, die Ankunft der »Licorne« gegen Ende November am Ausgang der Rettungsbucht zu erwarten.
    Am nächsten Morgen stach die »Flag« bei recht günstigem Südwestwinde in See, und vor Ablauf des ersten Tages waren die hohen, gegen fünfzehn Lieues landeinwärts gelegenen Gipfel des Caps den Blicken entschwunden.
    Harry Gould war ein vortrefflicher Seemann, dessen Kaltblütigkeit seiner schnellen Entschlossenheit die Wage hielt. Jetzt im besten Mannesalter – er zählte zweiundvierzig Jahre – hatte er erst als Officier, dann als Kapitän wiederholte Proben seiner Tüchtigkeit abgelegt und seine Rheder konnten zu ihm das beste Vertrauen haben.
    Dieses Vertrauen hätte der zweite Officier, Borupt mit Namen, freilich nicht verdient. Im gleichen Alter mit Harry Gould, doch neidischen und gewaltthätigen Charakters und von heftigen Leidenschaften beherrscht, glaubte er sich niemals nach Verdienst belohnt, und getäuscht in der Erwartung, selbst den Befehl über die »Flag« zu übernehmen, barg er in der Seele gegen den Kapitän einen grimmigen Haß, den er zunächst gut zu verheimlichen wußte. Dennoch durchschaute ihn der Obersteuermann John Block, ein furchtloser, zuverlässiger Mann, der seinem Vorgesetzten mit Leib und Seele ergeben war. Im übrigen gehörte die Besatzung der »Flag«, gegen zwanzig Matrosen, nicht gerade zu den besten Leuten, was auch Harry Gould nicht unbekannt war. Der Obersteuermann bemerkte mit Mißvergnügen die Nachgiebigkeit Robert Borupt’s gegen verschiedene Matrosen, über die er sich dienstlich zu beklagen hatte. Alles das kam ihm verdächtig vor, und er behielt deshalb den zweiten Officier stets scharf im Auge, um Harry Gould im Nothfalle alles mittheilen zu können. Der Kapitän aber würde auf die Worte des erfahrenen, braven Mannes gewiß ebenso Gewicht legen, wie bisher.
    Vierzehn Tage lang erlitt die regelmäßige Seefahrt keinerlei Unterbrechung. Der Zustand des Meeres und die Richtung des Windes, der freilich nur als schwache Brise auftrat, hatten sie immer begünstigt. Hielt der Dreimaster wie bis jetzt eine mittlere Geschwindigkeit ein, so mußte die Neue Schweiz gegen Mitte October, d. h. zur vorher angenommenen Zeit, erreicht werden.
    Jetzt traten aber wiederholt Anzeichen von Unbotmäßigkeit der Mannschaft an den Tag und es schien sogar, als ob diese Erschlaffung der Disciplin von dem zweiten und dem dritten Officier unter Verletzung ihrer Dienstpflicht noch begünstigt würde. Von seiner eifersüchtigen, gemeinen Natur geleitet, bemühte sich Robert Borupt nicht im mindesten, die gestörte Ordnung wieder herzustellen. Im Gegentheil hetzte er die Leute mit nicht mißzuverstehenden Worten auf und verschloß die Augen gegen alles, was er sonst hätte strengstens rügen und bestrafen müssen. Kurz, es wurde allmählich deutlicher, daß auf dem Schiffe eine Meuterei drohte.
    Inzwischen steuerte die »Flag« nach Nordosten weiter. Am 9. September ergab das Besteck 20 Grad 17 Minuten der Breite und 80 Grad 45 Minuten der Länge von Greenwich; das Schiff befand sich also nahezu in der Mitte des Indischen Oceans und nahe dem Wendekreise des Steinbockes, den es unlängst überschritten hatte.
    In der letzten Nacht waren mehrere Vorzeichen schlechter Witterung eingetreten: ein starker Fall des Barometers und die Bildung gewitterhafter Wolken, was auf einen jener

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