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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wackerer Obersteuermann sagen würde, dahin zu gehen, wohin Gott uns führt! Ich vertraue auf ihn, lieber Fritz, wie auf alle unsere Gefährten…
    – Ach, liebste Frau, rief Fritz, Deine Worte haben meinen Muth wieder belebt, doch ich hatte das unabweisbare Bedürfniß, das Herz vor Dir auszuschütten. Ja ja, wir werden kämpfen, werden keiner Verzweiflung anheimfallen! Wir werden an die kostbaren Leben denken, die uns anvertraut sind, und werden sie retten, retten mit der Hilfe des Herrn…
    – Dessen Güte man nie vergeblich anruft! sagte Franz, der die letzten Worte seines Bruders gehört hatte. Habe nur Vertrauen zu ihm, der Allgütige verläßt seine Kinder nicht!«
    Jenny hatte ihrem Gatten mit so großer Zuversicht geantwortet, daß dieser all seine Energie wiedergewann. Durch Muth und Opferwilligkeit konnte sich ja noch alles zum Besten wenden. Daran fehlte es Fritz nicht, und auch die anderen waren gewiß bereit, selbst übermenschliche Anstrengungen auf sich zu nehmen.
    Gegen zehn Uhr konnte der Kapitän Gould, da das Wetter sehr schön war, am Ende des Vorberges in den belebenden Sonnenschein gebracht werden. Der Obersteuermann kehrte eben von seinem Ausgange zurück, den er um die Ausbuchtung bis zum Fuße des Hügels im Osten ausgedehnt hatte. Weiter hinaus war nicht zu gelangen. Selbst bei Tiefebbe hätte man vergeblich versucht, den Fuß der von den Strömungen umspülten Uferhöhe zu umgehen.
    John Block hatte James schon auf dem Strande getroffen, und beide brachten jetzt Schildkröten und Eier von solchen mit zurück. Die Chelidonier kamen an diesem Theile des Ufers zu Hunderten vor. In Voraussicht einer baldigen Weiterfahrt konnte man leicht große Vorräthe von deren schmackhaftem Fleische ansammeln, das die Ernährung der Passagiere sicherstellte.
    Nach dem Frühstück plauderte man von dem und jenem, während Jenny, Doll und Suzan sich mit der Reinigung der benützten Leibwäsche im Wasser des Baches beschäftigten. Bei der starken Luftwärme mußten die Wäschestücke, der Sonne ausgesetzt, sehr bald trocknen. Dann sollten die Kleider ausgebessert werden, damit jeder an dem Tage, wo die Weiterfahrt beschlossen würde, auch zur Abreise fertig wäre.
    Die Lage des Landes hier war noch immer unbekannt, und ohne Benützung von Instrumenten ließ sich höchstens dessen geographische Breite durch Beobachtung der Mittagshöhe der Sonne auf einige Grade genau bestimmen. Noch an demselben Tage ergab eine solche Beobachtung, daß das Land, wie der Kapitän Gould schon früher angenommen hatte, zwischen dem vierzigsten und dem dreißigsten Parallelkreise liegen mußte. Welcher Meridian aber es von Norden nach Süden durchschnitt, das nachzuweisen, fehlte es an jedem Mittel, höchstens wußte man, daß die »Flag« nach dem westlichen Theile des Pacifischen Oceans zu gesteuert worden war.
    Jetzt handelte es sich zunächst noch darum, das Hochplateau zu ersteigen, da es ja erwünscht schien, vor der völligen Wiederherstellung des Kapitäns Gould darüber klar zu sein, ob die Schaluppe ein Festland, eine Insel oder nur ein Eiland angelaufen habe. Vielleicht war von sieben-bis achthundert Fuß Höhe aus in nicht zu großer Entfernung noch ein anderes Land zu sehen. Fritz, Franz und der Obersteuermann beschlossen deshalb, eine Ersteigung des Steilufers zu versuchen.
    Mehrere Tage verstrichen ohne jede Aenderung der Sachlage. Alle empfanden die Nothwendigkeit, eine solche herbeizuführen, freilich mit der Besorgniß, ihre Lage vielleicht gar verschlimmert zu sehen. Das Wetter blieb immer schön. Trotz starker Wärme zeigte sich doch keine Gewitterneigung.
    Wiederholt hatten John Block, Fritz und Franz die Ausbuchtung im Westen vom Vorberge bis zu dem Hügel am anderen Ende durchstreift, doch vergebens nach einer Schlucht, einem Einschnitt oder einem sanfteren Abhang gesucht, von wo aus es möglich gewesen wäre, das Oberland zu erreichen. Die lothrechte Felsenwand erhob sich wie die Mauer einer Façade.
    Inzwischen nahte die Stunde der völligen Genesung des Kapitäns heran. Seine jetzt vernarbte Wunde war nur noch von einer leichten Binde bedeckt. Die Fieberanfälle hatten sich allmählich abgeschwächt und blieben jetzt gänzlich aus. Die Kräfte des Leidenden nahmen freilich nur sehr langsam zu; immerhin konnte sich Harry Gould bereits ohne fremde Unterstützung auf dem Strande ergehen. Da erörterte er nun mit Fritz und dem Obersteuermann die Aussichten, die eine Weiterfahrt in nördlicher Richtung

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