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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Schiff? Ich sehe es ja gar nicht mehr.
    – Das ist… ist zum Fischfang ausgefahren, erklärte Jenny. Es wird schon bald wiederkommen und schöne, zappelnde Fische mitbringen. Du hast ja übrigens Dein Schiffchen, das vom Onkel Block…
    – Ja, ich werde ihm aber doch sagen, daß er mir noch ein anderes baut, eines, worin ich fahren kann, auch mit Papa und Mama… mit Tante Doll und Jenny und mit allen anderen!«
    Der arme Kleine! Er sprach in seiner Unschuld aus, was jetzt am meisten noth that: der Ersatz der Schaluppe; doch wie war dieser möglich?
    »Geh, spiele nur weiter, mein Schatz, sagte Jenny, lauf’ aber nicht zu weit davon!
    – Nein, ganz hier in der Nähe, Tante Jenny!« versprach der Kleine.
    Dann umarmte er seine Mutter und lief in kindlicher Fröhlichkeit hinweg.
    »Meine liebe Suzan, meine beste Doll, nahm Jenny wieder das Wort, Gott kann es nicht wollen, daß dieses herzige Kind nicht gerettet werde. Nein, das kann er nicht wollen… und seine Rettung ist doch auch die unsere!… Ich bitte Euch: keine Schwäche, keine Thränen! Vertraut auf die gütige Vorsehung, wie ich es immer gethan habe.«
    Die Worte der muthigen Jenny kamen ihr wirklich aus dem Herzen, als eine Eingebung ihrer unerschrockenen Seele, die sie niemals verzweifeln ließ. Kam die rauhe Jahreszeit heran, ohne daß sie diese Küste hatten verlassen können – und daran war, ohne daß sie zufällig von einem Schiffe aufgenommen würden, gar nicht zu denken – so mußten sie sich eben auf eine Ueberwinterung einrichten. Die Grotte würde gegen schlechtes Wetter Schutz bieten; die Masse dürrer Seepflanzen lieferte genug Heizmaterial, wenn es zu kalt wurde, Fischfang und Jagd versprachen, die Ernährung aller zu sichern… unter diesen Umständen war doch einige Hoffnung zu bewahren.
    Zunächst war es wichtig zu wissen, ob die Befürchtungen John Block’s wegen der Chelidonier gerechtfertigt wären. Nein… zum Glück nicht. Nach einer Stunde kehrten der Obersteuermann und Franz zurück und brachten die gewohnte Menge von Schildkröten, die während des Unwetters unter dem Seegras Schutz gefunden hatten, leider aber kein einziges Ei mit heim.
    »Sie werden schon wieder Eier legen, die braven Thiere, meinte John Block, und werden sich des Vertrauens würdig zeigen, das wir in sie setzen!«
    Alle mußten bei den Scherzworten des Obersteuermanns unwillkürlich lächeln.
    Bei ihrem Gange bis zum anderen Vorberge hatten der Kapitän Gould, Fritz und James sich überzeugt, daß es unmöglich war, anders als zu Wasser um diesen herum zu kommen. Dort gieng, einmal in dieser und dann in entgegengesetzter Richtung, eine sehr starke Strömung. Selbst bei stillem Wetter hätte die heftige Brandung jedem Boote eine Annäherung verhindert, und der beste Schwimmer wäre weit ins Meer hinaus getrieben worden oder schon zwischen den Uferblöcken verunglückt.
    Die Nothwendigkeit, das Oberland des Steilufers auf andere Weise zu erreichen, machte sich jetzt also mehr als je geltend.
    »Was nun? sagte da eines Tages Fritz, der voller Ungeduld an der unersteigbaren Wand emporblickte.
    – Aus einem Gefängniß mit tausend Fuß hohen Mauern gibt es kein Entweichen, antwortete James.
    – Wenigstens, wenn man nicht die Mauer durchbricht, meinte Fritz.
    – Durchbrechen… diese Granitmasse, die vielleicht noch dicker ist als hoch? bemerkte James.
    – Wir können aber doch nicht für immer in diesem Gefängniß bleiben! rief Fritz in ohnmächtiger Wuth, die er nicht zu bemeistern vermochte.
    – Sei geduldig und habe Vertrauen, ermahnte ihn Franz, der seinen Bruder zu beruhigen sachte.
    – Geduld… die kann ich wohl haben, erwiderte Fritz, doch Vertrauen…«
    Worauf hätte sich dieses Vertrauen auch gründen, diese Zuversicht stützen sollen? Rettung konnte ihnen nur winken, wenn zufällig ein Schiff in der Nähe vorbeikam. Doch selbst wenn das der Fall war, blieb es unsicher, ob es die Signale bemerken würde, die ihm der Obersteuermann durch das Entzünden eines Feuers auf dem Strande oder der Spitze des östlichen Vorberges zu geben gedachte.
    Vierzehn Tage waren schon verstrichen, seit die Schaluppe hier gelandet war, und mehrere Wochen vergingen weiter ohne jede Aenderung der Sachlage. Bezüglich der Nahrung sahen sich der Kapitän Gould und seine Leidensgefährten auf Schildkröten und deren Eier, sowie auf Krustenthiere, wie Krabben und Hummern, beschränkt. Von den letzteren hatte John Block einige fangen können. Gewöhnlich beschäftigte

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