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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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des Prospect-Hill, den Meiereien von Waldegg und Zuckertop und nach der Einsiedelei Eberfurt geleiten.
    Der Lieutenant Littlestone und seine Officiere bewunderten rückhaltlos das fröhliche Gedeihen dieses Gelobten Landes, das es der Thatkraft, der Einsicht und der herzlichen Einigkeit einer Familie von Schiffbrüchigen verdankte, die nun schon fast elf Jahre auf dieser menschenleeren Insel weilte. Bei Beendigung des bescheidenen Gastmahles, das ihnen im größten Zimmer von Felsenheim dargeboten worden war, unterließen es die Gäste auch nicht, zu Ehren der Colonisten der Neuen Schweiz zu trinken.
    Im Laufe des Tages hatten Wolston, seine Frau und seine Töchter Gelegenheit, mit Herrn und Frau Zermatt näher bekannt zu werden. So erscheint es nicht auffallend, daß gegen Abend vor der Abfahrt Wolston, der seiner Gesundheit wegen recht gut einen mehrwöchigen Aufenthalt auf dem Lande brauchen konnte, sich noch einmal an den älteren Zermatt wendete.
    »Herr Zermatt, begann er, darf ich mit vollem Vertrauen und ganz aufrichtig zu Ihnen reden?
    – O, natürlich!
    – Das Leben, das Sie hier auf der Insel führen, könnte mir ausnehmend gefallen, fuhr Wolston fort. Mir kommt es vor, als befände ich mich in dieser herrlichen Natur gleich besser, und ich würde mich glücklich schätzen, irgendwo in Ihrem Gelobten Lande eine Zeit lang verweilen zu dürfen… selbstverständlich, wenn Sie dagegen nichts einzuwenden haben.
    – Nicht das geringste, Herr Wolston, beeilte sich Zermatt zu antworten. Meine Frau and ich werden hoch erfreut sein, Sie in unsere kleine Colonie aufzunehmen, und vielleicht etwas zu Ihrem Besten beitragen zu können. Was übrigens uns beide betrifft, haben wir beschlossen, unsere Tage in der Neuen Schweiz zu beschließen… sie ist uns ja zum zweiten Vaterlande geworden, darum wollen wir sie auch nie mehr verlassen.
    – Ein Hurrah der Neuen Schweiz!« riefen die Tischgäste in freudiger Begeisterung.
    Dabei leerten sie ihre Gläser mit dem köstlichen Canarienwein, den Frau Zermatt an Stelle des hiesigen Gewächses bei besonderen Gelegenheiten vorzusetzen pflegte.
    »Und ein Hoch auch auf die, die auf jeden Fall hier bleiben wollen!« riefen Jack und Ernst dazu.
    Fritz hatte kein Wort geäußert und Jenny senkte schweigend den Kopf.
    Als die Gäste darauf weggefahren waren, um auf die »Licorne« zurückzukehren, und Fritz sich mit seiner Mutter allein sah, umarmte er diese, doch ohne eine Silbe zu sprechen. Als er sie aber so betrübt sah bei dem Gedanken, daß ihr ältester Sohn sie verlassen könne, rief er, vor ihr niedersinkend:
    »Nein, Mutterherz! Eher als sie niemals… Nein, eher gehe ich nicht fort!«
     

    Nach einer vortrefflichen Mahlzeit, die an Bord… (S. 38)
     
    Auch Jenny, die inzwischen herangetreten war, schluchzte, während sie sich Frau Zermatt in die Arme warf:
    »Verzeihung! Verzeihung, wenn ich Ihnen Kummer bereite, ich, die Sie wie die eigene Mutter liebt und verehrt! Fern von hier weilt aber mein armer Vater… darf ich da zaudern?«
    Frau Zermatt und Jenny blieben noch beisammen und nachdem sie sich gründlich ausgesprochen hatten, schien sich Betsie mit dem Gedanken an eine Trennung vertraut gemacht zu haben.
    Da trat der ältere Zermatt mit Fritz herein, und Jenny wandte sich an den ersteren:
    »Mein liebster Vater – es war das erstemal, daß sie ihm diesen Namen gab – segnen auch Sie mich, wie meine zweite Mutter mich gesegnet hat! Lassen Sie uns gehen… Lassen Sie uns nach Europa reisen… Ihre Kinder kehren bestimmt hierher zurück, und fürchten Sie nicht, daß irgend etwas sie jemals von Ihnen scheiden könnte! Der Oberst Montrose ist ein Mann, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, er wird für alles, was seine Tochter Ihnen schuldet, aufkommen!… Fritz muß ihn in England mit aufsuchen! Vertrauen Sie uns einen dem anderen an!… Ihr Sohn wird für mich einstehen, wie ich für ihn!«
    Mit Zustimmung des Befehlshabers der »Licorne« kam es nun zu folgender Abmachung: Durch die Ausschiffung der Familie Wolston wurden auf der Corvette mehrere Plätze frei. Fritz, Franz und Jenny sollten diese einnehmen, und auch Doll, die jüngste Tochter Wolston’s, die sich zu ihrem Bruder nach Capstadt begeben und mit ihm, seiner Gattin und seinem Kinde, nach der Neuen Schweiz zurückkehren sollte. Ernst und Jack gedachten dagegen bei den Eltern zu bleiben.
    Was den Lieutenant Littlestone betraf, war die ihm übertragene Aufgabe ja erledigt, erstens, weil er Jenny

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