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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von einander abweichende Charakterzüge. Fritz war unerschrocken und körperlich sehr gewandt, Ernst der lernbegierigste, dabei aber etwas egoistisch, Jack war ziemlich unüberlegt und recht muthwillig, und Franz jener Zeit ja noch ein Kind. Im übrigen hielt die Familie aber fest zusammen und war sicherlich fähig, sich in jeder Lage zu helfen, selbst unter den höchst traurigen Verhältnissen, in die ein unglückliches Geschick sie gestürzt hatte. Daneben hegten alle ein tiefes, religiöses Gefühl. Sie hatten den einfachen und aufrichtigen Glauben des Christen, der an den Lehren der Kirche nicht mäkelt und dessen Freudigkeit auch abweichende Anschauungen nicht zu trüben vermögen.
    Zermatt hatte nach Veräußerung des Besitzthums der Familie jener Zeit die Heimat verlassen, um sich in einer der überseeischen holländischen Colonien anzusiedeln, die gerade in verlockendster Blüthe standen und einem unternehmenden, fleißigen Manne die günstigsten Aussichten boten.
    Nach einer glücklichen Fahrt über den Atlantischen Ocean und einen großen Theil des Indischen Meeres sollte aber der »Landlord«, auf dem er sich mit seiner Familie eingeschifft hatte, zu Grunde gehen. Von der ganzen Besatzung und den Passagieren des Fahrzeuges blieben er selbst, seine Gattin und seine Kinder als die einzigen übrig, die sich aus dem Schiffbruche retten konnten.
     

    Zermatt gelangte zu einem ungeheuern Magnolienbaume. (S. 52.)
     
    Dazu war es aber nöthig gewesen, das zwischen den Rissen auf und ab schwankende Wrack so schnell wie möglich zu verlassen. Dessen Rumpf war schon geborsten, die Masten geknickt, der Kiel fast durchgebrochen, und es lag die Gefahr nahe, daß es bei seiner gegen den Wogenschlag ungeschützten Lage durch den nächsten heftigen Windstoß vollends zertrümmert und versenkt werden könnte.
    Durch die Vereinigung eines halben Dutzends leerer Tonnen mittelst tüchtiger Taue und starker Planken war es Zermatt mit Unterstützung seiner Söhne gelungen, noch vor Ablauf des Tages eine Art Boot oder Floß herzustellen, das alle die Seinen aufnehmen konnte. Das Meer hatte sich inzwischen so weit beruhigt, daß es nur noch eine mäßige Dünung zeigte, und die steigende Fluth trieb das Wasser dem Strande zu. Nachdem das Nothfahrzeug an einem ausgedehnten, an der Steuerbordseite liegenden Vorgebirge vorübergekommen war, stieß es bei einem kleinen Einschnitte, durch den ein Bach ausmündete, ans Land.
    Während noch die verschiedensten vom Schiffe mitgenommenen Gegenstände ans Ufer geschafft wurden, errichtete man schon ein Zelt an dieser Stelle, die später den Namen Zeltheim erhielt. Nach und nach wurde das Lager hier vollständiger ausgestattet mit vielen Frachtstücken, die Zermatt und seine Söhne an den nächsten Tagen noch aus dem Laderaume des »Landlord« bargen. Darunter befanden sich Geräthe und Werkzeuge aller Art, Leibwäsche, conservirtes Fleisch, Sämereien, Pflanzen, Gewehre, Fässer mit Wein und Liqueuren, Kistchen mit Bisquit, Käse und Schinken, Kleidungsstücke, Bettzeug – kurz alles, was ein Fahrzeug von vierhundert Tonnen an Bedürfnissen für eine neue Niederlassung mitzuführen pflegt.
    Außerdem erwies sich die Küste sehr reich an Haar-und Federwild. Gruppenweise zogen Agutis, eine Art Hafen mit Eberkopf, Ondatras, eine Art Moschusratten, Büffel, Enten, Flamingos, Trappen, Auerhähne, Wasserschweine und Antilopen vorüber. Im Gewässer einer Bai, die sich vor der Bucht ausbreitete, wimmelte es von Lachsen, Stören, Heringen und vielerlei anderen Fischen; von Mollusken gab es da Miesmuscheln und Austern, von Krustenthieren Hummern, Langusten (Heuschreckenkrebse) und Krabben. Das benachbarte Land erzeugte Cassava und Bataten und war von Baumwollstanden, Cacaobäumen, Magnolien, Palmen und anderen Gewächsen der Tropenzone bedeckt.
    Auf diesem Lande, von dessen Lage sie keine Ahnung hatten, schien das Leben der Schiffbrüchigen reichlich gesichert zu sein.
    Wir erwähnen nebenbei, daß auch einige Hausthiere nach und nach bei Zeltheim ans Ufer gesetzt werden konnten: Türk, eine englische Dogge, Bill, eine dänische Hündin, zwei Ziegen, sechs Schafe, eine tragende Zuchtsau, ein Esel, eine Kuh, eine Menge Federvieh, wie Hähne, Hühner, Kapaune, Gänse, Enten und Tauben, die sich voraussichtlich an den Wasserlachen, Sümpfen und auf den Wiesenstrecken in der Nähe der Küste halten und vermehren würden.
    Die letzten Fahrten nach dem Schiffe entleerten dieses vollständig von allem,

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