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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Abwesenden – die Verschollenen – – zu beweinen. Keine von ihnen hatte noch Muth zu irgend etwas.
    »Was nützt es – so war ihr Gedankengang – für das weitere Gedeihen unserer Insel zu arbeiten? Warum sollen wir noch weitere Farmen anlegen, noch andere Felder besäen, warum ein Gebiet noch weiter verbessern, das für uns schon zu groß, für unsere Bedürfnisse zu ergiebig ist? Unsere Kinder, unsere Brüder und Schwestern werden ja doch nicht wieder zurückkehren nach diesem zweiten Vaterlande, wo ihnen die Zukunft so verlockend winkte, wo sie so glücklich waren und wir es so lange Zeit noch hätten sein können!«
    Nach einem so überaus langen Ausbleiben setzten sie keinen Zweifel mehr darein, daß die »Licorne« Schiffbruch gelitten habe, daß sie mit allem, was sie trug, untergegangen sei, und daß man von ihr weder in England noch im Gelobten Lande je wieder etwas hören werde.
    Hatte die Corvette nämlich ihre Fahrt nach Europa ohne Unfall vollendet, so mußte sie nach einem Aufenthalte von wenigen Tagen am Cap der Guten Hoffnung binnen drei Monaten in Portsmouth, ihrem Heimatschafen, eingetroffen sein. Von dort wäre sie einige Monate später mit der Bestimmung nach der Neuen Schweiz wieder abgesegelt und bald wären ihr dann mehrere Auswandererschiffe nach der neuen englischen Colonie gefolgt. Da nun aber kein Schiff diesen Theil des Indischen Oceans besucht hatte, mußte die »Licorne« jedenfalls in den gefährlichen Meeren zwischen Australien und Afrika verunglückt sein, ohne nur ihre erste Landungsstelle in Capetown erreicht zu haben. Dann wußte aber noch niemand von dem Vorhandensein der Insel und diese blieb auch in Zukunft unbekannt, wenn nicht der Zufall ein Fahrzeug in diese fernen Gewässer verschlug, durch die jener Zeit noch keine Schiffahrtsstraße führte.
    Diese Verkettung der Thatsachen war nur zu richtig, und nur zu logisch die Folgerungen, die sich daraus ergaben, und deren letzte darauf hinauskam, daß die Neue Schweiz bis jetzt noch nicht dem Colonialreiche Großbritanniens einverleibt sei.
    In der ersten Hälfte der besseren Jahreszeit hatten der ältere Zermatt und Herr Wolston nicht daran gedacht, Felsenheim zu verlassen. Sonst verlebten sie gewöhnlich die schönste Zeit des Sommers in Falkenhorst und widmeten je eine Woche den Meiereien von Waldegg. Zuckertop, des Prospect-Hill und der Einsiedelei Eberfurt. Diesmal beschränkten sie sich auf ganz kurze Besuche, soweit die Sorge für die Thiere daselbst solche nothwendig machte. Die übrigen Theile der Insel, außerhalb des Gebietes des Gelobten Landes, ließen sie jetzt ganz unbeachtet. Weder die Pinasse, noch die Schaluppe glitten um das Cap im Osten oder um das der Getäuschten Hoffnung, um weitere Untersuchungen vorzunehmen, weder die Nautilusbai, noch die Perlenbucht wurde bis zu ihrem Ende besichtigt.
     

    Der ältere Zermatt entdeckte eine Flotille. (S. 436.)
     
    Kaum unternahm Jack mit dem Kajak einige Fahrten über die Rettungsbucht, er begnügte sich vielmehr mit der Jagd in der Nähe von Felsenheim und ließ Brausewind, Sturm und Brummer gemächlich ausruhen. Manche von Wolston geplante Arbeiten, zu denen sein Instinct als Ingenieur ihn antrieb, wurden jetzt nicht unternommen. Wozu auch… ja, wozu denn? Mit diesen drei Worten kam die traurige Entmuthigung der beiden, hart geprüften Familien zum Ausdruck.
    Auch am 25. December, als sie sich zum Weihnachtsabend versammelten, zu dem Feste, das in den früheren Jahren stets mit heller Freude gefeiert worden war, entströmten nur Thränen ihren Augen und beteten sie für die, die jetzt nicht hier waren.
    So begann das Jahr 18!7. Noch niemals hatte in dem herrlichen Sommer desselben die Natur ein so reiches Füllhorn ihrer Gaben über sie ausgeschüttet. Ihre Freigebigkeit ging aber über die Bedürfnisse dieses häuslichen Herdes hinaus, um den sich jetzt nur sieben Personen scharten. Die große Wohnung erschien fast leer und todt gegenüber der schönen Zeit, wo hier ein so reges Leben geherrscht hatte.
    Wie mußten jetzt das Zermatt’sche und das Wolston’sche Ehepaar es bereuen, daß sie der Abreise ihrer Kinder zugestimmt, ja diese dazu fast noch ermuthigt hatten, wo sich doch schon alle eines so andauernden, ungetrübten Glückes erfreuten. War es denn klug und weise von ihnen, das noch vermehren zu wollen? Zeigten sie sich nicht vielmehr undankbar gegen den Himmel, der die Ueberlebenden vom »Landlord« schon viele Jahre so sichtlich gesegnet hatte?
    Und

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