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Das zweite Vaterland

Das zweite Vaterland

Titel: Das zweite Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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an. Noch drei Lieues, und der Fuß der Berge mußte erreicht sein. Vielleicht war, vorausgesetzt, daß sich dem Marsche keine unerwarteten Hindernisse entgegenstellten, diese zweite Wegstrecke im Laufe des Tages zu überwinden.
    War dann die Wand des Bergrückens an dessen nördlichem Abhange einigermaßen gangbar, so konnte am nächsten Morgen der Aufstieg nur noch wenige Stunden in Anspruch nehmen.
    Doch welchen Unterschied zeigte das Land hier gegenüber dem am südlichen Ausgange des Grünthales! Zur Rechten und zur Linken starrten hohe Stämme empor. Fast ausschließlich bestand der Wald aus den harzreichen Baumarten, die man gewöhnlich auf größeren Höhen antrifft und die hier von verschiedenen lärmenden und nach Osten abstürzenden Rios bewässert wurden. Ob Nebenarme und Zuflüsse des Montrose-Flusses, jedenfalls trockneten diese in der Sommerhitze so gut wie gänzlich aus, und auch jetzt kam man beim Durchschreiten derselben nur bis zum halben Unterschenkel ins Wasser.
    Im Laufe des Vormittags erachtete es Wolston für rathsamer, um einige dieser Holzbestände herumzugehen, zwischen denen sich da und dort kleinere freie Flächen befanden. Wurde der Weg dadurch auch etwas verlängert, so kam man auf diese Weise doch leichter vorwärts, als wenn man versucht hätte, durch das mit Lianen verflochtene Unterholz des Hochwaldes hindurchzudringen.
    In dieser Weise wurde die Wanderung bis elf Uhr fortgesetzt und dann Halt gemacht, um zu essen und um auszuruhen, denn der Weg war immerhin anstrengend genug gewesen. An Wild hatte es dabei niemals gefehlt. Ueberdies war es Jack gelungen, eine junge Antilope zu erlegen, von der er die leckersten Stücke mitbrachte, und davon blieb auch noch genug für das Abendessen übrig.
    Man konnte sich beglückwünschen, diesen Vorrath mitgenommen zu haben, denn am Nachmittage war wenigstens von Federwild nichts zu sehen. Da mag einer nun ein noch so treffsicherer Jäger sein, es nützt ihm ja nichts, wenn er keine Gelegenheit findet, ein paar wohlgezielte Schüsse abzugeben.
    Gegen Mittag machte man also Halt, und zwar im Schatten einer mächtigen Seekiefer, an deren Fuße Ernst ein Feuer aus abgestorbenem Holze anzündete. Während dann ein Antilopenviertel, von Jack sorgsam überwacht, röstete, entfernten sich Wolston und sein Bruder noch auf einige hundert Schritte, um die nächste Umgebung zu besichtigen.
    »Dehnt sich dieses waldige Gebiet bis zur Bergkette hin aus, sagte Ernst, so ist anzunehmen, daß es auch deren untere Abhänge bedeckt. Das glaubte ich schon heute Morgen zu bemerken, als wir von unserer Lagerstelle aufbrachen.
    – In diesem Falle, antwortete Wolston, werden wir wohl oder übel hindurchdringen müssen, denn es dürfte unmöglich sein, es rechts oder links zu umgehen, ohne den Weg sehr beträchtlich zu verlängern oder gar bis zur Küste im Osten geführt zu werden.
    – Und diese Küste, Herr Wolston, erklärte Ernst, dürfte, wenn meine Schätzung zutrifft, etwa zehn Lieues von hier entfernt sein. Ich meine dabei den Theil der Küste, nach dem wir mit der Pinasse an die Mündung des Montrose gekommen waren… ja, wenigstens zehn Lieues von hier.
    – Wenn es an dem ist, lieber Ernst, können wir gar nicht daran denken, die Berge von Osten her zu ersteigen. Wie es im Westen davon aussieht…
    – Davon wissen wir eigentlich gar nichts, Herr Wolston, höchstens daß die Bergkette, wenn man sie von den Anhöhen des Grünthales aus betrachtet, sich sehr weit nach Abend hin auszudehnen scheint.
    – Da uns also keine Wahl bleibt, erklärte Wolston, werden wir es unternehmen müssen, mitten durch den Wald zu ziehen und uns einen Weg bis zu dessen oberem Saume zu brechen. Erweist es sich als unmöglich, das in einem Tage durchzuführen, nun, so wenden wir eben zwei, wenn es sein muß, auch drei Tage daran, zum Ziele aber müssen wir auf jeden Fall gelangen.«
     

    Dann stürzten auch stets drei oder vier größere Blöcke mit hinab. (S. 216.)
     
    Die beiden Brüder theilten völlig die Ansichten des Herrn Wolston, da sie ja ebenso wie er entschlossen waren, den Ausflug bis zur Höhe der Bergkette auszudehnen. Ueber diesen Punkt wurde also gar nicht weiter verhandelt.
    Das über glühenden Kohlen vollends gar geröstete Antilopenfleisch, einige Maniokkuchen und ein halbes Dutzend Früchte von den nächsten Bäumen, von Bananen, Goyaven-und Zimmetapfelbäumen, lieferten die Einzelgerichte der Mahlzeit, die nur einen einstündigen Aufenthalt erforderte.

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