Das zweite Vaterland
Darauf drangen, Waffen und Jagdtaschen auf den Schultern und auf dem Rücken, Wolston, Ernst und Jack unter das Zweiggewölbe des Waldes ein.
Zwischen dessen geradstämmigen und etwas von einander abstehenden Tannen mit wenig unebenem Erdboden, der mit Gras oder vielmehr mit einer Art Moos gepolstert und nur stellenweise mit Brombeerbüschen und Gesträuch bewachsen war, ging der Marsch recht bequem vorwärts, jedenfalls besser als in anderen Wäldern, die vielfach von Schmarotzergewächsen und einem Netze von Lianen durchsetzt waren. Hier in dem umfänglichen Tannengehölze, wie überhaupt in solchen, konnte man ohne nennenswerthe Hindernisse vorwärts dringen. Einen Pfad gab es natürlich nicht, nicht einmal eine Fährte von Thieren, doch boten die Bäume wenigstens, einige Abweichungen von der geraden Richtung abgerechnet, einen freien Durchgang.
Sperrte nun kein unüberschreitbarer Wasserlauf – z. B. ein wilder Bergstrom – weiterhin den Weg, so hatte man sich hier wirklich nicht zu beklagen. Wolston, Ernst und Jack marschirten unter dem Schutze der dichtbewachsenen Baumgipfel hin, die trotz des hohen Standes der Sonne kein Strahl durchdrang, und das war gewiß eine Wohlthat für einfache Fußgänger, die übrigens noch der durchdringende Harzduft der Bäume erquickte.
Obwohl das Wild hier selten geworden war, sahen sich Wolston und Jack, ja sogar Ernst doch genöthigt, unterwegs wiederholt ihre Gewehre abzufeuern. Es handelte sich hier zwar nicht um so gefährliche Raubthiere, wie um Löwen, Tiger, Panther oder Quaggas, die früher schon in der Nähe des Gelobten Landes und in den Grenzgebieten der Perlenbai aufgetaucht waren, dafür aber um eine sehr zahlreiche, hinterlistige Rotte von Vierhändern.
»O, diese Spitzbuben! rief Jack. Sollte man nicht glauben, sie hätten sich alle in diesen Wald geflüchtet, seit wir sie aus den Gehölzen bei Waldegg und bei Zuckertop verjagt haben!«
Und nachdem ihn mehrere, von einem kräftigen Arme geschleuderte Tannenzapfen mitten auf die Brust getroffen hatten, beeilte er sich, die beiden Läufe seines Gewehres auf die frechen Burschen abzufeuern.
Diese Abwehr mußte, selbst auf die Gefahr einer Erschöpfung der Munition hin, eine volle Stunde lang fortgesetzt werden; dann lagen gegen zwanzig schwer oder tödtlich verwundete Vierhänder auf der Erde. Wenn sie von Zweig zu Zweig herunterpurzelten, stürzte sich Falb auf die, die nicht mehr zu fliehen im Stande waren, und machte ihnen mit den Zähnen vollends den Garaus.
»Wären es nur Cocosnüsse gewesen, meinte Jack, die jene Spitzbuben uns als Geschosse zugeworfen hätten, dann ließe man sich ein solches Bombardement eher gefallen.
– Sapperment, erwiderte Wolston, ich ziehe denn doch Tannenzapfen den Cocosnüssen vor. Jene sind weniger hart…
– Ja, sie liefern dafür aber kein Nahrungsmittel, entgegnete Jack. Von einer Cocosnuß kann man doch essen und trinken!
– Zugegeben, fiel jetzt Ernst ein, wir wollen aber froh sein, daß die Affen jetzt im Inselinnern und nicht in der Nähe unserer Meiereien hausen. Wir haben ja genug Mühe gehabt. ihre Verwüstungen zu verhindern und sie durch Fallen und andere Mittel zu vernichten. Mögen sie hier im Tannenwalde bleiben und niemals nach dem Gelobten Lande zurückkehren, das ist alles, was man von ihnen verlangt…
– Und recht höflich obendrein!« setzte Jack hinzu, der zum Beweise dieser Höflichkeit schnell noch einen letzten Schuß abgab.
Nach der Abwehr dieses Angriffes ging die Wanderung weiter. deren einzige Schwierigkeit darin bestand, die beste Richtung nach den Bergen hin einzuhalten.
Das dichte und von oben her undurchdringliche Tannengehölz nahm noch immer kein Ende und wies auch keine Lücke auf, auf der man die Stelle hätte sehen können, wo sich die im Sinken begriffene Sonne eben befand. Nirgends zeigte sich eine Waldblöße, nirgends ein umgestürzter Baum. Wolston konnte sich beglückwünschen, weder Wagen noch Gespann mitgenommen zu haben. Die Büffel oder der Wildesel Jacks hätten da und dort, wo die Bäume so dicht standen, daß sie sich fast berührten, gar nicht hindurch kommen können, und dann wäre ein Umkehren kaum zu vermeiden gewesen.
Gegen sieben Uhr abends erreichten Wolston, Ernst und Jack die südliche Grenze des Tannengehölzes. Der Boden war schon so stark angestiegen, daß der Wald noch die ersten Bergabsätze bedeckte und die Gipfel wurden erst in dem Augenblicke sichtbar, wo die Sonne hinter den letzten westlichen
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