Dass du ewig denkst an mich
ein
Taschentuch.
Der Staatsanwalt und die Ermittlungsbeamten spürten, wie in
ihr die Erkenntnis reifte, daß sie keine Chance mehr hatte, sich
herauszureden.
Der ältere Beamte, Frank Reeves, versuchte es auf die
mitfühlende Art, sie zu einem Geständnis zu bringen. »Ich
kann mir gut vorstellen, wie es passiert ist. Sie fuhren nach
Hause, um sich mit Ihrem Mann zu versöhnen. Er schlief. Sie
sahen eine fremde Tasche auf dem Boden neben dem Bett
stehen. Vielleicht dachten Sie, Allan hätte Sie belogen und
doch eine Beziehung zu dieser Laurie gehabt. Und da ist in
Ihnen etwas zerbrochen. Das Messer war da. Eine Sekunde
später wurde Ihnen klar, was Sie getan hatten. Es muß ein
Schock für Sie gewesen sein, als ich Ihnen sagte, daß wir das
Messer in Lauries Zimmer gefunden hatten.«
Karen senkte den Kopf, und ihr ganzer Körper sackte in sich
zusammen. Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie sagte
bitter: »Er hatte mir am Telefon gesagt, daß er sich von mir
scheiden lassen wolle und daß es jemand anders gebe. Als Sie
mir sagten, daß Laurie das Messer hatte, konnte ich es nicht
glauben. Ich konnte auch nicht glauben, daß Allan wirklich tot
war. Ich hatte ihn nie töten wollen.«
Sie blickte flehentlich in die Gesichter des Staatsanwalts und
der Ermittlungsbeamten. »Ich habe ihn wirklich geliebt, wissen
Sie«, sagte sie. »Er war so großzügig.«
104
»Das war vielleicht ein Wochenende«, sagte Justin zu Laurie,
als sie sich auf der Couch zurechtlegte.
»Es will mir immer noch nicht ganz in den Kopf«, erwiderte
Laurie. »Ist Ihnen eigentlich klar, daß ich genau um diese
Stunde jetzt hätte vor Gericht stehen sollen, um mein Urteil
entgegenzunehmen?«
»Wie ist Ihnen zumute, wenn Sie an Karen Grant denken?«
»Das weiß ich ehrlich nicht. Ich kann es immer noch nicht
recht glauben, daß ich mit dem Tod ihres Mannes nichts zu tun
hatte.«
»Glauben Sie’s, Laurie«, sagte Justin mit sanfter Stimme. Er
beobachtete sie aufmerksam. Ihre Euphorie hatte sich gelegt;
sie würde noch eine ganze Weile unter den Nachwirkungen all
der Belastungen zu leiden haben. »Ich finde, es ist eine
großartige Idee, daß Sie und Sarah ein paar Wochen verreisen
und Ferien machen wollen.
Laurie, ich möchte gern dem kleinen Jungen danken, der
sich so um Sie gekümmert hat. Außer ihm wußte keiner, daß
Sie unschuldig waren. Kann ich ihn sprechen?«
»Wenn Sie wollen.«
Sie schloß die Augen, setzte sich auf und öffnete sie wieder.
Ihre Lippen wurden schmal und ihre Gesichtszüge weicher.
Ihre Haltung änderte sich. Eine höfliche Knabenstimme sagte:
»So, Doktor, jetzt bin ich da.«
»Ich wollte dir nur sagen, daß du großartig warst«, sagte
Justin.
»Nein, so großartig nun auch nicht. Wenn ich dieses
Armband nicht mitgenommen hätte, hätte man nicht Laurie die
Schuld gegeben.«
»Das brauchst du dir nicht vorzuwerfen. Du hast getan, was
du konntest, und schließlich bist du ja erst neun Jahre alt.
Laurie ist zweiundzwanzig, und sie fängt an, ihr Leben zu
meistern. Ich denke, du und Kate und Leona und Debbie
sollten bald daran denken, euch ihr vollständig anzuschließen.
Debbie habe ich jetzt schon seit Wochen nicht mehr gesehen
und Kate und Leona auch nicht oft. Meinst du nicht, daß es
langsam Zeit ist, Laurie in all die Geheimnisse einzuweihen
und ihr beim Gesundwerden zu helfen?«
Laurie seufzte. »Du liebe Güte, habe ich heute
Kopfschmerzen«, sagte sie und legte sich auf die Couch
zurück. »Irgend etwas ist heute anders, Doktor. Ich glaube, die
anderen wollen, daß ich das Reden übernehme.«
Justin wußte, daß dies ein wichtiger Augenblick war, den er
unter keinen Umständen ungenutzt verstreichen lassen durfte.
»Sie wollen ein Stück von Ihnen werden, Laurie«, sagte er
vorsichtig. »Wissen Sie, eigentlich waren sie immer ein Stück
von Ihnen. Kate ist nichts anderes als Ihr natürliches Bestreben,
für sich selbst zu sorgen. Sie ist die Selbsterhaltung. Leona ist
die Frau in Ihnen. Sie haben Ihre normalen weiblichen
Reaktionen so lange verdrängt, daß sie auf einem anderen Weg
herauskommen mußten.«
»Als Sexbombe«, meinte Laurie und lächelte verlegen.
»Leona ist tatsächlich ziemlich sexy oder war das
wenigstens«, pflichtete Justin ihr bei. »Debbie ist das verlorene
kleine Mädchen, das Kind, das nach Hause wollte. Jetzt sind
Sie zu Hause, Laurie. Sie sind in Sicherheit.«
»Bin ich das wirklich?«
»Das werden Sie sein, wenn Sie
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