Dass du ewig denkst an mich
ganze Energie in die
Verteidigung Ihrer Schwester gelegt haben.«
Der Anklagevertreter erhob sich. »Ich hatte eigentlich die
Absicht, vor der Urteilsverkündung mit Mrs. Grant über die
Aussage zu sprechen, die sie vor Gericht machen wollte. Jetzt
werde ich wohl eher mit ihr darüber reden müssen, wie ihr
Mann ums Leben gekommen ist.«
»Was soll das heißen, die Urteilsverkündung wird nicht am
Montag stattfinden?« fragte Karen indigniert. »Was für eine
Verzögerung? Mr. Levine, ich glaube, Sie sollten sich darüber
klar sein, daß all das für mich eine schreckliche Belastung ist.
Ich will diesem Mädchen nicht noch einmal gegenüberstehen.
Es ist schon Aufregung genug, die Aussage vorzubereiten, die
ich vor dem Richter machen werde.«
»Es gibt Probleme bürokratischer Art«, sagte Levine
besänftigend. »Kommen Sie doch morgen gegen zehn in mein
Büro, dann können wir alles besprechen.«
Am folgenden Morgen kleidete sich Karen sehr sorgfältig für
ihre Besprechung. Möglicherweise war es ein wenig zu dick
aufgetragen, heute Schwarz zu tragen, dachte sie und entschied
sich für dunkelblaues Leinen und dazu passende Pumps. Makeup legte sie nur ganz dezent auf.
Der Staatsanwalt ließ sie nicht warten. »Bitte, kommen Sie
herein, Karen. Ich freue mich, Sie zu sehen.«
Er war immer so freundlich zu ihr. Wirklich ein sehr
attraktiver Mann. Karen lächelte ihn an. »Ich habe meine
Aussage für den Richter vorbereitet. Ich denke, sie vermittelt
wirklich alles, was ich empfinde.«
»Ehe wir darauf kommen, möchte ich gern ein paar Dinge
mit Ihnen besprechen, die sich in den letzten Tagen ergeben
haben. Würden Sie bitte reinkommen?«
Es überraschte sie, daß sie nicht etwa in sein Zimmer gingen,
sondern in einen kleineren Raum. Einige Männer und eine
Stenografin warteten bereits. Zwei der Männer erkannte sie als
die Ermittlungsbeamten wieder, die an dem Morgen, nachdem
Allans Leiche aufgefunden worden war, in ihrem Haus mit ihr
gesprochen hatten.
Staatsanwalt Levine wirkte irgendwie verändert, und seine
Stimme klang geschäftsmäßig und distanziert, als er sagte:
»Karen, ich werde Ihnen jetzt Ihre verfassungsmäßigen Rechte
vorlesen.«
»Was?«
»Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern.«
Karen Grant spürte, wie alles Blut aus ihrem Gesicht wich.
»Sie haben das Recht auf einen Anwalt… Alles, was Sie
sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden…«
»Was, zum Teufel, geht hier vor? Ich bin doch die Witwe
des Opfers.«
Er fuhr fort, ihr ihre Rechte vorzulesen und sie zu fragen, ob
sie alles verstanden hätte. Schließlich fragte er: »Sind Sie
bereit, die Verzichterklärung zu lesen und zu unterschreiben
und mit uns zu sprechen?«
»Ja, aber ich glaube, Sie sind alle verrückt.« Karen Grants
Hand zitterte, während sie die Unterschrift leistete.
Und dann begannen die Fragen. Sie nahm die Videokamera
nicht mehr wahr und hörte das schwache Klappern der Tasten
kaum, als die Finger der Stenografin über die Tastatur flogen.
»Nein, natürlich habe ich den Flughafen in jener Nacht nicht
verlassen. Nein. Ich habe nicht an einer anderen Stelle geparkt.
Diese alte Schachtel Webster schläft ja immer halb. Die ganze
Zeit habe ich vor dem blöden Fernseher gesessen und mir einen
albernen Film angesehen, während sie neben mir schnarchte.«
Sie zeigten ihr die Benzinquittung.
»Das muß ein Fehler sein, das Datum stimmt nicht. Diese
Leute passen ja nie auf, was sie tun.«
Das Armband.
»Die verkaufen eine ganze Menge von diesen Armbändern.
Was glauben Sie eigentlich? Meinen Sie vielleicht, ich bin die
einzige Kundin dieses Geschäfts? Außerdem habe ich das
Armband im Büro verloren. Selbst Anne Webster hat gesagt,
daß ich es im Flughafen nicht anhatte.«
Karens Kopf fing an zu dröhnen. Der Staatsanwalt wies
darauf hin, daß die Schließe an dem Armband eine einmalige
Anfertigung war und daß Anne Webster unter Eid erklärt hatte,
sie habe das Armband am Flughafen an Karens Handgelenk
gesehen, und den Verlust gemeldet hatte.
Ihre Beziehung zu Allan? »Sie war perfekt. Wir waren
verrückt nacheinander. Er hat mich in jener Nacht keineswegs
am Telefon um die Scheidung gebeten.«
Edwin Rand? »Er ist bloß ein Freund.«
Das Armband? »Ich will nicht mehr über dieses Armband
sprechen. Nein, ich habe es nicht im Schlafzimmer verloren.«
Die Adern an Karen Grants Hals traten hervor und pochten.
Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie zerknüllte
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