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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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hatte jetzt ein Apartment im
Hotel, blieb gewöhnlich fast die ganze Woche dort und kam
nur an den Wochenenden nach Hause.
    Grant stapfte durchs Zimmer und öffnete das Fenster einen
Spalt weiter. Die Vorhänge bauschten sich, und sofort wehte
ein höchst angenehmer kühler Lufthauch ins Zimmer. Er eilte
zum Bett zurück, zögerte dann aber und blickte zum Flur. Es
hatte keinen Sinn, er war einfach nicht müde genug. Heute war
wieder so ein seltsamer Brief gekommen. Wer, zum Teufel,
war Leona? Er kannte keine Studentin, die so hieß, hatte nie
eine Leona in einer seiner Vorlesungen gehabt.
    Er kratzte sich am Kopf und zog die Pyjamahose hoch. Dann
ging er den Flur entlang in sein Arbeitszimmer. Er schaltete die
Deckenbeleuchtung ein und schloß die oberste
Schreibtischschublade auf, holte die Briefe heraus und begann
sie erneut zu lesen.
    Der erste war vor zwei Wochen gekommen: »Liebster Allan,
ich durchlebe noch einmal die herrlichen Stunden, die wir
letzte Nacht miteinander verbracht haben. Ich kann kaum
glauben, daß wir nicht immer so wahnsinnig ineinander
verliebt waren, aber vielleicht liegt das daran, daß für uns die
Zeit, die wir nicht zusammen verbringen, überhaupt nicht zählt.
Weißt Du, welche Zurückhaltung es mich kostet, es nicht über
alle Dächer hinauszuschreien, daß ich verrückt nach Dir bin?
Ich weiß, Du empfindest es ganz genauso. Wir müssen
verstecken, was wir einander bedeuten. Das verstehe ich. Aber
ich flehe Dich an, liebe und begehre mich weiterhin so wie
jetzt. Leona.«
    Alle Briefe waren im gleichen Stil gehalten. Jeden zweiten
Tag kam einer und schilderte wilde Liebesszenen mit ihm in
seinem Büro oder in diesem Haus.
    Er hatte hier oft genug unkonventionelle Seminare und
Workshops abgehalten, so daß eine ganze Anzahl seiner
Studenten das Haus kannten. Einige der Briefe erwähnten den
schäbigen braunen Ledersessel in seinem Arbeitszimmer. Aber
er hatte kein einziges Mal eine Studentin allein im Haus
gehabt. So verrückt war er nicht.
    Grant studierte die Briefe sorgfältig. Offensichtlich waren sie
auf einer alten Schreibmaschine getippt worden. Das D und das
W waren beschädigt. Er hatte sich die Akten seiner
Studentinnen angesehen, aber da gab es keine, die eine solche
Maschine benutzte. Auch die hingekritzelte Unterschrift
erkannte er nicht.
    Sobald er herausgefunden hatte, wer ihm die Briefe schickte,
würde er den Dekan einschalten. Das Unangenehme war, daß
er nicht den geringsten Hinweis hatte. Und wenn jemand
glaubte, daß an den Briefen auch nur ein Jota Wahrheit war,
dann wäre es um seine Zukunft am College schlecht bestellt.
    Er las die Briefe erneut, suchte nach Eigenheiten in der
Diktion, die vielleicht auf eine seiner Studentinnen hinwiesen.
Doch nichts dergleichen. Schließlich legte er die Briefe wieder
in die Schublade, schloß sie ab, streckte sich und erkannte, daß
er todmüde war. Außerdem fror er. Es war eine Sache, in eine
warme Decke gehüllt in einem kalten Zimmer zu schlafen, eine
ganz andere, nur mit einem Baumwollpyjama bekleidet im
Luftzug zu sitzen. Wo, zum Teufel, kam dieser Luftzug
eigentlich her?
    Karen zog immer die Vorhänge zu, wenn sie zu Hause war,
aber er scherte sich nie darum. Jetzt bemerkte er, daß die
Glasschiebetür zur Terrasse ein paar Zentimeter weit
offenstand. Die Tür war schwer und ließ sich nur mit Mühe in
ihren Schienen bewegen. Wahrscheinlich hatte er sie, als er das
letztemal draußen war, nicht ganz zugezogen, und das Schloß
taugte auch nicht viel. Die Hälfte der Zeit schnappte es nicht
ein. Er ging zur Tür, schob sie zu und ließ das Schloß
einschnappen. Dann schaltete er das Licht aus und ging wieder
ins Bett.
    Er kuschelte sich in dem jetzt angenehm kühlen
Schlafzimmer unter die Decke, schloß die Augen und schlief
sofort ein. Selbst in seinen wildesten Träumen hätte er sich nie
vorstellen können, daß nur eine halbe Stunde zuvor eine
schlanke Gestalt mit langem blondem Haar in seinem braunen
Ledersessel gesessen hatte und erst davongeeilt war, als sich
seine Schritte näherten.
20
    In New Jersey war der achtundfünfzigjährige Privatdetektiv
Daniel O’Toole als Danny der Schlafzimmerspezialist bekannt.
Unter seinem robusten Äußeren, dem man ansah, daß er einem
guten Tropfen nicht abgeneigt war, verbarg sich ein erstaunlich
gründlicher Arbeiter, der sich darauf verstand, mit höchster
Diskretion Informationen zu sammeln.
    Daß Kunden

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