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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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gekommen. Die Erinnerung
an jene Jahre ist in ihnen verschlossen. Wie es scheint, sind
diese anderen Persönlichkeiten bis jetzt nicht zum Vorschein
gekommen. Nach allem, was ich bis jetzt verstanden habe,
kehrte Laurie, nachdem sie wieder zu Hause war, mit der Zeit -
abgesehen von immer wiederkehrenden Alpträumen - in ihr
altes Selbst zurück. Jetzt hat sie durch den Tod ihrer Eltern ein
weiteres schreckliches Trauma erlitten; Dr. Carpenter hat in
den letzten Sitzungen deutliche Persönlichkeitsveränderungen
an ihr wahrgenommen. Er hat sich deshalb so unverzüglich an
mich gewandt, weil er befürchtet, sie könnte zu Selbstmord
neigen.«
»Das hat er mir nicht gesagt.« Sarah spürte, wie ihr Mund
trocken wurde. »Laurie war natürlich deprimiert, aber… O
Gott, Sie halten das doch ganz sicher nicht für möglich?« Sie
biß sich auf die Unterlippe.
»Sarah, können Sie Laurie dazu überreden, mich
aufzusuchen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist schon schwierig genug, sie
dazu zu bringen, Dr. Carpenter aufzusuchen. Meine Eltern
waren wunderbare Menschen, aber von Psychiatrie hielten sie
nichts. Mutter hat da immer einen ihrer Lehrer vom College
zitiert. Nach seiner Meinung gibt es drei Arten von Menschen:
diejenigen, die zur Therapie gehen, wenn sie unter Streß
stehen; diejenigen, die ihre Probleme mit Freunden oder
Taxifahrern oder Barkeepern bereden; und diejenigen, die ihre
Probleme für sich behalten. Der Lehrer hatte behauptet, daß die
Gesundungsrate bei allen drei Typen genau gleich ist. Mit
dieser Vorstellung ist Laurie aufgewachsen.«
Justin Donnelly lächelte. »Ich glaube, diese Ansicht wird
von vielen Menschen geteilt.«
»Ich weiß, daß Laurie professionelle Hilfe braucht«, sagte
Sarah. »Das Problem ist nur, daß sie nicht bereit ist, sich Dr.
Carpenter zu öffnen. Es ist gerade, als hätte sie Angst vor dem,
was er möglicherweise über sie herausfinden könnte.«
»Dann bleibt uns für den Augenblick nichts anderes übrig,
als ohne sie weiterzuarbeiten. Sarah, achten Sie aufmerksam
auf alle Hinweise auf Selbstmord, ganz gleich wie beiläufig sie
Ihnen erscheinen mögen, und berichten Sie sie sofort Dr.
Carpenter und mir. Ich will ganz ehrlich sein: Ich würde mich
gern weiter mit Lauries Fall befassen. Ich konzentriere mich in
meiner Arbeit auf die Erforschung multipler Persönlichkeiten,
und es ergibt sich nicht oft, daß wir einen Patienten treffen, bei
dem alternative Persönlichkeiten gerade aufzutauchen
beginnen. Ich werde mit Dr. Carpenter wegen Laurie in
Verbindung bleiben und nach den nächsten Sitzungen mit ihm
über sie sprechen. Wenn es keine radikale Veränderung gibt,
habe ich das Gefühl, daß wir von Ihnen mehr Information als
von Laurie bekommen werden. Seien Sie sehr aufmerksam.«
Sarah zögerte kurz und fragte dann: »Doktor, ist es denn
nicht so, daß Laurie nie wieder ganz gesund wird, solange sie
nicht Zugang zu diesen verlorenen Jahren bekommt?«
»Sie sollten das so sehen, Sarah. Meine Mutter hat sich
einmal einen Fingernagel bis unter die Nagelhaut aufgerissen,
und es kam zu einer Infektion. Ein paar Tage später war der
ganze Finger angeschwollen und schmerzte. Sie hat ihn
weiterhin selbst verarztet, weil sie Angst hatte, ihn
aufschneiden zu lassen. Als sie schließlich in die Notaufnahme
kam, hatte sie einen roten Streifen am Unterarm und stand kurz
vor einer Blutvergiftung. Sie hatte die Warnzeichen ignoriert,
verstehen Sie, weil sie vor dem unmittelbaren Schmerz einer
Behandlung Angst hatte.«
»Und Laurie zeigt Warnzeichen einer psychischen
Infektion?«
»Ja.«
Sie gingen gemeinsam durch den langen Korridor bis zur
Tür. Der Wachmann ließ sie hinaus. Es ging zwar kein Wind,
aber die herrschende Kühle ließ keinen Zweifel daran, daß es
ein Oktoberabend war.
Donnelly begleitete sie zum Wagen. »Halten Sie mich auf
dem laufenden.«
Was für ein netter Mensch, dachte Sarah, als sie wegfuhr.
Sie versuchte ihre eigenen Gefühle zu analysieren. Ihre Sorge
um Laurie war jetzt noch größer als vor dem Gespräch mit Dr.
Donnelly, aber sie hatte jetzt wenigstens das Gefühl, daß ihr
kompetente Hilfe zur Verfügung stand.
Zehn Minuten später führte sie Lou, der Oberkellner von
Nicola’s, den sie schon viele Jahre kannte, an einen kleinen
Tisch. »Ist ja großartig, Sie mal wiederzusehen, Sarah«, sagte
er.
In dem Restaurant herrschte wie üblich eine lockere
Atmosphäre, und der köstliche Anblick von

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