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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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nehmen.
Patienten, die in ihrer Kindheit ein Trauma erlitten haben,
stellen für sich selbst die größte Gefahr dar.«
18
    Als Sarah an jenem Abend von der Arbeit nach Hause kam, lag
die Post in einem ordentlichen Stapel auf dem Tischchen im
Flur. Ihre langjährige Haushälterin Sophie hatte ihr nach dem
Begräbnis vorgeschlagen, nur noch an zwei Tagen in der
Woche zu kommen. »Öfter brauchst du mich jetzt nicht mehr,
Sarah. Ich werde schließlich auch nicht jünger.«
    Montag war einer der Tage, an denen sie kam. Deshalb war
die Post sortiert, ein schwacher Geruch von Möbelpolitur lag in
der Luft, die Vorhänge waren zugezogen, und das weiche Licht
der Stehlampen und Wandleuchten hüllte die Räume im
Erdgeschoß in angenehmes Licht.
    Der Brief, der ganz obenauf lag, kam aus England. Sie riß
den Umschlag auf und wußte bereits, daß er von Gregg Bennett
war. Sie überflog ihn hastig, und las ihn dann ein zweites Mal
langsamer. Gregg hatte gerade von dem Unfall erfahren und
drückte sein Mitgefühl in höchst bewegender Weise aus. Er
schrieb von der Zuneigung, die er für John und Marie Kenyon
empfunden hatte, wie schön es für ihn immer gewesen sei, sie
zu besuchen, und wie hart es jetzt für sie und Laurie sein
mußte.
    Der letzte Abschnitt beunruhigte sie: »Sarah, ich habe Laurie
angerufen. Sie wirkte so niedergeschlagen. Und dann schrie sie
plötzlich: ›Nein, das mache ich nicht!‹ und legte einfach auf.
Ich mache mir schreckliche Sorgen um sie. Sie ist so
zerbrechlich. Ich weiß, daß du dich sehr um sie bemühst, aber
du mußt sehr vorsichtig sein. Ich komme im Januar zurück und
würde dich dann gern sehen. Alles Liebe, und gib diesem
Mädchen von mir einen Kuß. Gregg.«
    Mit zitternden Händen trug Sarah die Post in die Bibliothek.
Morgen würde sie Dr. Carpenter anrufen und ihm den Brief
vorlesen. Sie wußte, daß er Laurie Antidepressiva verschrieben
hatte, aber nahm sie sie auch ein? Das Lämpchen am
Anrufbeantworter blinkte. Dr. Carpenter hatte angerufen und
seine Privatnummer hinterlassen.
    Als sie ihn erreichte, berichtete sie ihm von Greggs Brief
und hörte sich dann erschrocken und beunruhigt seinen Bericht
über das Gespräch mit Dr. Justin Donnelly in New York an und
wie wichtig es sei, daß Sarah ihn so bald wie möglich
aufsuche. Er gab ihr die Nummer von Donnellys
Auftragsdienst. Als sie dort anrief, war sie so aufgeregt, daß sie
ihre Telefonnummer zweimal wiederholen mußte, bis die
Telefonistin sie verstand.
    Sophie hatte ein Hühnchen gebraten und ihr einen Salat
bereitgestellt. Sarah stocherte in dem Essen herum und brachte
kaum etwas hinunter. Sie hatte sich gerade Kaffee gemacht, als
Dr. Donnelly zurückrief. Er war den ganzen Tag über
beschäftigt, würde sie aber morgen abend um sechs empfangen
können. Sie legte auf, las Greggs Brief ein drittes Mal und
wählte dann mit dem Gefühl, keine Minute länger warten zu
dürfen, Lauries Nummer. Niemand meldete sich. Sie versuchte
es jede halbe Stunde, bis sie schließlich um elf Uhr hörte, wie
der Hörer abgenommen wurde. Lauries »Hallo« klang ganz
vergnügt. Sie plauderten ein paar Minuten, und dann sagte
Laurie: »Was sagst du dazu: Nach dem Abendessen habe ich es
mir im Bett bequem gemacht, um mich auf diese verdammte
Klausur vorzubereiten, und dabei bin ich eingeschlafen! Jetzt
muß ich die Nacht durcharbeiten.«
19
    Es war Montag nacht elf Uhr, als Professor Grant sich ins Bett
legte und die Nachttischlampe anknipste. Das
Schlafzimmerfenster war halb geöffnet, aber ihm war immer
noch zu warm. Karen, seine Frau, zog ihn oft damit auf, daß er
wohl in einem früheren Leben einmal ein Eisbär gewesen sein
mußte. Karen konnte es nicht leiden, wenn es im Schlafzimmer
kalt war. Nicht daß sie besonders häufig da wäre, um sich
darüber lustig zu machen, dachte er, während er die Decke
zurückschlug und sich noch einmal aus dem Bett schwang.
    Die letzten drei Jahre hatte Karen in einem Reisebüro in
Manhattan gearbeitet. Anfangs hatte sie nur gelegentlich in
New York übernachtet, aber dann hatte sie immer häufiger am
Nachmittag angerufen: »Liebster, wir haben so viel zu tun, und
es gibt noch eine Menge Post zu erledigen. Kommst du allein
zurecht?«
    Er war vierunddreißig Jahre allein zurechtgekommen, ehe er
sie vor sechs Jahren auf einer Rundreise durch Italien
kennengelernt hatte. Also war es gar nicht so schwierig, sich
wieder daran zu gewöhnen. Karen

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