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Dass du ewig denkst an mich

Titel: Dass du ewig denkst an mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ihm falsche Namen angaben, wenn es darum
ging, auf Abwege geratenen Ehemännern oder -frauen
nachzuspüren, war Danny gewohnt. Ihn störte das nicht.
Solange sein Vorschuß und die weiteren Rechnungen prompt
bezahlt wurden, konnten seine Klienten sich nennen, wie sie
wollten.
    Trotzdem überraschte es ihn ein wenig, als ihn am
Dienstagmorgen eine Frau, die ihren Namen mit Jane Graves
angab, in seinem Büro anrief und ihm unter Hinweis auf
mögliche Versicherungsansprüche den Auftrag erteilte, die
Geschwister Kenyon zu beobachten. Sie wollte wissen, ob die
ältere Schwester ihrem Beruf nachging, ob die jüngere
Schwester wieder aufs College zurückgekehrt war und dort
wieder studierte, wie oft sie nach Hause kam und wie die
Schwestern auf den Tod ihrer Eltern reagierten. Außerdem
interessierte sie, ob es irgendwelche Hinweise auf einen
Nervenzusammenbruch gab, ganz besonders, ob eine der
beiden Frauen etwa in psychiatrischer Behandlung wäre.
    Danny spürte, daß hier etwas nicht ganz hasenrein war. Er
war Sarah Kenyon einige Male vor Gericht begegnet. Der
tödliche Unfall ihrer Eltern war von einem Reisebus mit
schadhaften Bremsen verursacht worden, der zu schnell
gefahren war. Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß ein
Verfahren gegen die Busgesellschaft anhängig war, aber
gewöhnlich setzten Versicherungsgesellschaften ihre eigenen
Ermittler ein. Trotzdem, Auftrag war Auftrag, und in
Anbetracht der herrschenden konjunkturellen Flaute war das
Scheidungsgeschäft ziemlich lausig. Sich zu trennen war dann
besonders hart, wenn das Geld knapp war.
    Danny beschloß, seinen üblichen Vorschuß zu verdoppeln,
worauf man ihm sagte, der Scheck würde sofort abgeschickt
werden. Er erhielt die Anweisung, seine Berichte und künftige
Rechnungen an ein privates Postfach in New York zu senden.
Danny legte mit breitem Lächeln den Hörer auf.
     
21
    Am Dienstag abend nach der Arbeit fuhr Sarah nach New
York. Sie kam pünktlich zu der Verabredung mit Dr. Justin
Donnelly, aber als sie sein Vorzimmer betrat, eilte dieser
gerade aus seinem Büro.
    Er entschuldigte sich bei ihr, erklärte, er müsse sich um
einen Notfall kümmern, und bat sie, zu warten. Sie hatte einen
flüchtigen Eindruck von Größe, Breite und dunklem Haar und
scharfblickenden blauen Augen - dann war er verschwunden.
    Die Empfangsdame war offensichtlich schon nach Hause
gegangen, und die Telefone blieben stumm. Nachdem sie sich
zehn Minuten damit beschäftigt hatte, eine Zeitschrift
durchzublättern, ohne dabei auch nur eine Zeile bewußt
aufzunehmen, legte Sarah sie weg und saß still und ganz in
Gedanken versunken da.
    Es wurde sieben Uhr, bis Dr. Donnelly zurückkehrte. »Es tut
mir außerordentlich leid«, sagte er nur und führte sie in sein
Büro.
    Sarah lächelte und gab sich Mühe, ihren aufkommenden
Hunger und deutliche Anzeichen einsetzender Kopfschmerzen
zu ignorieren. Sie hatte mittags ein Schinkensandwich und eine
Tasse Kaffee hinuntergewürgt und seitdem nichts mehr zu sich
genommen.
    Der Psychiater wies auf den Sessel, der seinem Schreibtisch
gegenüberstand. Sie setzte sich, spürte, daß er sie beobachtete,
und kam gleich zur Sache.
    »Dr. Donnelly, ich habe heute meine Sekretärin in die
Bibliothek geschickt und mir Material über
Persönlichkeitsspaltung besorgen lassen. Ich hatte da bisher nur
ganz vage Vorstellungen. Aber was ich heute gelesen habe,
macht mir angst.«
    Er sagte nichts und wartete.
»Wenn ich es richtig verstanden habe, entwickelt sich so
etwas vorzugsweise nach einem Kindheitstrauma, ganz
besonders nach sexuellem Mißbrauch über längere Zeit.
Stimmt das?«
»Ja.«
»Die Entführung stellte für Laurie sicherlich ein Trauma dar,
und die Ärzte, die sie untersuchten, nachdem sie ausgesetzt
worden war, glauben, daß sie mißbraucht worden ist.«
»Darf ich Sie Sarah nennen?« fragte er.
»Natürlich.«
»Also gut, Sarah. Wenn Laurie eine multiple Persönlichkeit
geworden ist, dann fing das wahrscheinlich zur Zeit ihrer
Entführung an. Wenn wir einmal davon ausgehen, daß sie
mißbraucht worden ist, muß ihr das solche Angst, solchen
Schrecken eingejagt haben, daß sie als kleines menschliches
Wesen unmöglich alles, was mit ihr geschah, verarbeiten
konnte. An dem Punkt ging etwas in Stücke. Psychologisch
gesehen, zog sich Laurie, das Kind, das Sie gekannt haben, vor
dem Schmerz und der Angst zurück, und andere
Persönlichkeiten sind ihr zu Hilfe

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