Dass du ewig denkst an mich
daß sie allein gelebt hatten. Es konnte wirklich
nichts passieren, sagte sie sich immer wieder.
An dem Tag, an dem Lee sich schuldig bekannte, rief Pierce
an, um einen Fototermin zu vereinbaren. Man hatte das
Predigerpaar für das Titelbild der Ausgabe vom 31. August
ausgewählt.
96
Nach dem, was Brendon Moody in Allan Grants Schlafzimmer
miterlebt hatte, drängte es ihn, sich ausführlich mit Dr.
Donnelly zu unterhalten. Deshalb nahm er bereitwillig Sarahs
Einladung zum Mittagessen in ihrer Wohnung an.
Als Sarah Donnelly bat, den Grill auf der Terrasse
anzuheizen, war das seine Chance, und er folgte dem
Psychiater. Draußen fragte er ihn leise: »Wäre es möglich, daß
Laurie bzw. die Spaltpersönlichkeiten die Wahrheit gesagt
haben, daß sie nämlich Allan Grant lebend verlassen hat und
ihn dann tot auffand, als sie zurückkehrte?«
»Ich fürchte, es deutet mehr darauf, daß eine weitere
Persönlichkeit in Lauries Körper, die wir bis jetzt noch nicht
kennengelernt haben, Grant umgebracht hat.«
»Könnten Sie sich nicht vorstellen, daß sie möglicherweise
völlig unschuldig ist?«
Donnelly legte die Holzkohlenbriketts sorgfältig auf dem
Grillrost zurecht und griff nach dem Brennspiritus. »Möglich?
Nun, möglich ist wahrscheinlich alles. Sie haben ja heute zwei
von Lauries zusätzlichen Persönlichkeiten beobachtet, Leona
und den Jungen. Es ist gut möglich, daß es noch ein Dutzend
weitere gibt, die bis jetzt noch nicht zum Vorschein gekommen
sind, und ich bin keineswegs sicher, daß sie das je tun werden.«
»Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los…« Brendon
verstummte, als Sarah aus der Küche auf die Terrasse trat.
Auch sein Unbehagen gegenüber Karen Grant wurde Brendon
Moody nicht los. Ende Juli schlenderte er an der Global Travel
Agency vorbei und stellte fest, daß Anne Webster sich jetzt
wohl endgültig in den Ruhestand begeben hatte. Wo früher
einmal ihr Schreibtisch gestanden hatte, stand jetzt ein
hübscher Tisch aus Kirschbaumholz, und auch sonst war die
Einrichtung des Reisebüros eleganter geworden. Moody
beschloß, daß die Zeit gekommen war, Karen Grants ehemalige
Partnerin aufzusuchen, diesmal in ihrem Haus in Bronxville.
Anne machte Brendon gegenüber kein Hehl daraus, daß
Karens Verhalten sie zutiefst verletzt hatte. »Sie hat mich die
ganze Zeit gedrängt, und die Tinte auf dem Vertrag war noch
nicht trocken, als sie mir auch schon erklärte, es sei nicht mehr
notwendig, daß ich überhaupt ins Büro komme, sie würde
schon allein klarkommen. Dann hat sie sofort meine Sachen
weggeschafft und neue Möbel für ihren Galan hingestellt.
Dabei habe ich sie immer verteidigt, wenn die Leute
Bemerkungen über sie machten.
Heute komme ich mir richtig blöd vor. Die trauernde Witwe
- daß ich nicht lache!«
»Mrs. Webster«, meinte Moody, »das ist jetzt sehr wichtig.
Es könnte durchaus sein, daß Laurie Kenyon den Mord an
Allan Grant gar nicht begangen hat. Trotzdem wird sie
nächsten Monat ins Gefängnis wandern, wenn wir nicht
beweisen können, daß jemand anders die Tat begangen hat.
Würden Sie bitte noch einmal ganz gründlich über jenen
Abend nachdenken, ich meine den, den Sie mit Karen Grant
auf dem Flughafen verbracht haben. Schildern Sie mir jede
Einzelheit, ganz gleich, wie unwichtig sie Ihnen auch
vorkommen mag. Beginnen Sie mit der Fahrt nach Newark.«
»Wir sind um acht Uhr weggefahren. Karen hatte gerade mit
ihrem Mann telefoniert und war ganz aufgeregt. Als ich sie
danach fragte, sagte sie, es gäbe da ein hysterisches junges
Mädchen, das ihn bedroht hätte, und den Ärger darüber würde
er jetzt an ihr auslassen.« »An ihr auslassen? Was hat sie damit
gemeint?« »Das weiß ich auch nicht. Ich mag Klatsch nicht
und mische mich auch nicht in anderer Leute Angelegenheiten
ein.«
»Mrs. Webster, bitte, was hat sie damit gemeint?« »Karen
hatte in den Monaten davor immer häufiger in ihrem
Apartment in New York übernachtet, und zwar seit sie Edwin
Rand kennengelernt hatte. Ich habe das Gefühl, daß Allan
Grant ihr klargemacht hat, daß er das nicht mehr hinnehmen
konnte. Auf der Fahrt zum Flughafen erwähnte sie so etwas
Ähnliches wie: ›Ich sollte das mit Allan geradebiegen, und
nicht den Chauffeur spielen.‹
Ich erinnerte sie daran, daß es sich immerhin um eine
unserer wichtigsten Kundinnen handelte und daß sie eine
Aversion gegenüber Taxis hatte.« »Und dann verspätete sich
das Flugzeug.«
Weitere Kostenlose Bücher