Dass du ewig denkst an mich
sperrt immer alle Wagentüren ab und wird unmittelbar
vor der Klinik parken. Sie hat jetzt Telefon im Auto. Deshalb
fühlt sie sich sicher.«
»Vorsicht kann nie schaden«, sagte Brendon und legte
Dannys Akte auf ihren Schreibtisch. »Sehen Sie sich das an.«
Sie fing an zu lesen, und ihre Augen weiteten sich erstaunt.
»Mein Gott, das ist ja eine minutiöse Schilderung unseres
Lebens. Können Sie sich vorstellen, wer das über uns wissen
möchte? Gibt es irgend jemanden, der so etwas wissen will?«
Sie blickte zu Brendon auf.
»Das möchte ich herausfinden, und wenn ich die Archive
dieser Bank in Chicago sprengen muß«, sagte Brendon
grimmig.
»Brendon, wenn wir beweisen können, daß Laurie von
jemandem unter extremen Druck gesetzt wurde, der wußte, wie
man sie erschrecken konnte, dann bin ich sicher, daß das den
Richter beeinflussen wird.«
Brendon Moody wandte sich ab, als er die nackte Hoffnung
in Sarahs Gesicht sah. Er beschloß, ihr nicht zu sagen, daß er
aus purem Instinkt angefangen hatte, Karen Grant genauer
unter die Lupe zu nehmen. Da ist einiges faul, dachte er, und es
hat mit jener Dame zu tun. Was auch immer es war, er war fest
entschlossen, die Antwort herauszufinden.
93
Das private Postfach in New York war unter dem Namen J.
Graves gemietet und die Mietbeträge waren in bar entrichtet
worden. Der für die Postfächer verantwortliche Angestellte, ein
kleiner Mann mit pomadisiertem Haar und einem ungebügelten
Anzug, konnte sich absolut nicht erinnern, wer das Fach geleert
hatte. »Das Fach hat seit dem Februar dreimal den Besitzer
gewechselt«, erklärte er
Moody. »Ich kriege mein Geld dafür, daß ich Post sortiere,
und nicht, daß ich einen Freizeitclub führe.«
Brendon wußte, daß Postfächer dieser Art gewöhnlich von
Lieferanten von Pornoliteratur und zwielichtigen Existenzen
benutzt wurden, die nicht daran interessiert waren, eine
Papierspur zu hinterlassen. Sein nächster Anruf galt der
Citizen’s Bank in Chicago, und während er auf die Verbindung
wartete, drückte er sich selbst die Daumen. In manchen Banken
konnte man einfach an den Schalter gehen, Geld hinlegen und
Bankschecks kaufen, während andere Institute derartige
Schecks nur an ihre Kontobesitzer ausgaben.
Der Leiter der Bankfiliale erklärte Brendon, in seinem Hause
würden Bankschecks nur an Kontoinhaber ausgefertigt, die
dafür auf ihren Spar- oder Scheckkonten belastet wurden.
Geschafft, dachte Brendon. Aber dann erklärte ihm der Mann
am anderen Ende der Leitung, wie nicht anders zu erwarten
gewesen war, daß er ohne Gerichtsbeschluß keinerlei
Auskünfte über Kunden seiner Bank oder deren Konten geben
würde. »Den Gerichtsbeschluß werde ich besorgen, keine
Sorge«, erklärte Moody grimmig.
»Ich habe einen Freund von der Universität, der in Chicago
eine Kanzlei führt«, meinte Sarah. »Ich werde sehen, daß er
einen entsprechenden Gerichtsbeschluß beibringt. Das wird
zwar eine oder zwei Wochen dauern, aber wenigstens
unternehmen wir etwas.«
»Freuen Sie sich nur nicht zu früh«, warnte Moody. »Ich
habe da eine Theorie: Karen Grant verfügte sicherlich über die
Mittel, um Danny anzuheuern. Wir wissen, daß Laurie
Professor Grant gern mochte und ihm vertraute. Jetzt nehmen
Sie nur einmal an, daß sie ihm etwas über Dinge erzählt hat,
die ihr angst gemacht haben, und er dann mit seiner Frau
darüber gesprochen hat.«
»Sie meinen, Karen Grant könnte versucht haben, Laurie
abzuschrecken?«
»Das ist die einzige Erklärung, die mir in den Sinn kommt,
und damit könnte ich natürlich meilenweit danebenliegen. Aber
eines will ich Ihnen sagen, Sarah: Diese Frau ist eiskalt und
versteckt sich hinter einer falschen Fassade.«
94
Am 24. Juli bekannte sich Laurie an Sarahs Seite des
Totschlags an Professor Allan Grant schuldig.
In den Pressebänken des Gerichtssaals drängten sich die
Reporter. Karen Grant saß in einem enganliegenden schwarzen
Kleid und reichlich Goldschmuck hinter dem Vertreter der
Anklage. Von den Besucherbänken aus verfolgten Studenten
von Clinton und die üblichen Stammgäste das Verfahren und
sogen den Akteuren jedes Wort von den Lippen.
Justin Donnelly, Gregg Bennett und Brendon Moody saßen
in der ersten Reihe hinter Laurie und Sarah. Justin überkam ein
überwältigendes Gefühl der Hilflosigkeit, als der
Gerichtsdiener rief: »Bitte erheben Sie sich für das Gericht«
und der Richter den Saal betrat. Laurie trug ein
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