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Daughter of Smoke and Bone

Daughter of Smoke and Bone

Titel: Daughter of Smoke and Bone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laini Taylor
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geworfen.
    ***
    Madrigal versteckte sich, doch wenn man ihr Vorhaltungen gemacht hätte, hätte sie es abgestritten. Sie lag auf dem Dach der nördlichen Kaserne, flach auf dem Rücken, als wäre sie soeben vom Himmel gefallen. Nein, nicht vom Himmel. Denn wenn sie vom Himmel gefallen wäre, dann wäre sie auf Eisenstangen gelandet. Sie befand sich innerhalb des Käfigs, auf einem Hausdach, die Flügel zu beiden Seiten weit ausgebreitet.
    Um sich herum spürte sie die manischen Rhythmen der Stadt, die heute besonders gut zu hören und auch zu riechen waren – überall herrschte Aufregung, die Vorbereitungen waren in vollem Gang: Fleisch wurde gebraten, Instrumente gestimmt, ein zur Probe abgeschossener Feuerwerkskörper zischte vorbei wie ein absurder Engel. Auch Madrigal hätte sich vorbereiten müssen. Aber stattdessen lag sie untätig auf dem Rücken in ihrem Versteck. Sie war nicht einmal festlich gekleidet, sondern trug ihre übliche lederne Soldatenkleidung – Hosen, die bis zum Knie wie eine zweite Haut saßen, und eine wegen der Flügel im Rücken gebundene Weste. Ihre sichelförmigen Messer – so geformt zur Huldigung der Schwestermonde – hingen an ihrer Seite. Zwar wirkte sie entspannt, sogar ein wenig träge, aber ihr Magen rumorte, und ihre Hände waren zu Fäusten geballt.
    Der Mond war keine Hilfe. Obgleich die Sonne schien – es war ein gleißend heller Nachmittag –, stand Nitid bereits am Himmel, als brauchte Madrigal ein Zeichen. Nitid war der helle Mond, die ältere Mondschwester, und unter den Kirin gab es den Glauben, dass Nitid früh aufging, wenn sie ungeduldig war, und dass dann etwas passierte. Nun, heute Abend würde ganz sicher etwas passieren, aber Madrigal wusste noch nicht, was.
    Es hing alles von ihr ab. In ihrem Innern fühlte sich die nicht getroffene Entscheidung an wie eine zu stark gespannte Bogensaite.
    Ein Schatten, ein von Flügeln aufgewirbelter Wind: Ihre Schwester Chiro schwebte herab und ließ sich neben ihr nieder. »Sieh mal einer an«, rief sie. »Hier hast du dich also versteckt!«
    »Ich hab mich nicht …«, wollte Madrigal protestieren, aber Chiro ließ sie nicht ausreden.
    »Steh auf.« Sie trat gegen Madrigals Füße. »Hoch mit dir, los. Ich nehme dich mit zu den Bädern.«
    »Bäder? Was willst du mir damit sagen?« Madrigal schnüffelte prüfend an sich herum. »Ich bin so gut wie sicher, dass ich nicht stinke.«
    »Vielleicht nicht, aber zwischen
strahlender Sauberkeit
und
nicht Stinken
besteht ein großer Unterschied.«
    Genau wie Madrigal hatte auch Chiro Fledermausflügel; im Gegensatz zu ihr war sie jedoch von Tiergestalt und hatte den Kopf eines Schakals. Die beiden waren keine Blutsschwestern. Als Madrigal bei dem Überfall auf ihren Stamm zur Waise geworden war, hatten die Überlebenden in Loramendi Zuflucht gesucht – eine Handvoll älterer Stammesangehöriger mit ein paar Babys, die sie in den Höhlen hatten verstecken können, und Madrigal. Sie war sieben Jahre alt gewesen und nur deshalb nicht entführt worden, weil sie nicht da gewesen war. Sie hatte auf dem Berggipfel die abgeworfenen Häute aus den Nestern der Luftwesen gesammelt und bei ihrer Rückkehr Tod und Zerstörung vorgefunden. Ihre Eltern waren unter den mitgenommenen Sklaven, nicht unter den Toten, und lange Zeit hatte Madrigal davon geträumt, sie wiederzufinden und zu befreien. Aber das Imperium war riesig und verschluckte seine Sklaven blitzschnell, so dass es für Madrigal, während sie heranwuchs, immer schwieriger wurde, diesen Traum aufrechtzuerhalten.
    In Loramendi war Chiros Familie, von der Rasse der Wüsten-Sab, vor allem deshalb zu ihrer Pflegefamilie erkoren worden, weil sie Flügel hatten und deshalb mit ihr Schritt halten konnten. So waren sie und Chiro zusammen aufgewachsen, als gute Schwestern in allem außer im Blut.
    Chiro hatte die Hüften einer Katze – eines Karakals, um genau zu sein –, und als sie nun geschmeidig neben Madrigal in die Hocke ging, ähnelte sie einer Sphinx. »Ich möchte doch sehr hoffen, dass du für den Ball die strahlende Sauberkeit anstrebst«, sagte sie.
    Madrigal seufzte. »Ach ja, der Ball.«
    »Tu nicht so, als hättest du ihn vergessen«, entgegnete Chiro. »Das brauchst du mir gar nicht erst vorzumachen.«
    Natürlich hatte sie recht. Madrigal hatte den Ball nicht vergessen. Wie hätte sie ihn vergessen können?
    »Hoch mit dir!« Chiro kickte wieder Madrigals Füße. »Los, los, los.«
    »Hör auf«, brummte Madrigal,

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